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Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem

Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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– ich habe keine Ahnung, was er vorhat!«

    Captain Roderick Sentenza hatte den schweren isolierten Schweißbrenner
geschultert, sobald er erkannt hatte, dass seine Crew den feindlichen Ansturm
zwar für eine gewisse Zeit, aber sicher nicht für immer würde
abwehren können. Irgendwann waren die Magazine erschöpft, und dieser
Dschungelplanet bot einen gigantischen Nachschub an Tieren, so dass über
kurz oder lang ihr Schicksal besiegelt war, wenn nicht ... wenn er nicht die
Wurzel des Übels ausrotten konnte.
    Und genau das hatte er vor.
    Sentenza erreichte den Raum, in dem er gelitten hatte, und stellte mit einem
Blick fest, dass sich nicht viel verändert hatte. Seiner Vermutung folgend,
dass der größere, pulsierende ›Fleck‹ das wieder erwachte
Steuerhirn des Wracks repräsentierte, verlor er keine Zeit.
    Er hob den mächtigen Brenner, aktivierte ihn und stellte befriedigt fest,
dass es so gut wie keinen Energieverlust gab. Wenn die Substanz des ›Flecks‹
die schneidende Kraft des Gerätes nun direkt, ohne Umweg über ein
anderes Gerät, würde verarbeiten können, dann war ihr Schicksal
besiegelt, und Sentenza würde es nur noch unnötig ›füttern‹.
Doch es gab keine echte Alternative, und so justierte der Captain den Brenner
und drückte den Auslöser.
    Der glühend helle, eng gebündelte Laserstrahl schoss heraus und fräste
sich in die Wand. Sentenza triumphierte: Ein Loch bildete sich, und Energiefunken
stoben heraus. Offenbar konnte das, was immer es war, damit nicht umgehen. Der
Strahl fuhr über die ganze Fläche und fraß sich mit wachsender
Intensität in den ›Fleck‹ hinein, der verzweifelt zu pulsieren
schien, jedoch immer schwächer wurde. Nach einigen weiteren Sekunden war
er erloschen.
    Sentenza horchte nach draußen. Das Geschrei der wütenden Tiere war
wie ein ständiger Geräuschvorhang gewesen, jetzt schien es sich zu
verlieren. Hörte er da einen Jubelruf von Thorpa? Es schien gelungen zu
sein.
    Captain Roderick Sentenzas Blick fiel auf die kleinere, statisch wirkende Fläche
an der Wand, die übrig geblieben und vom Tode ihres »großen
Bruders« offenbar unbeeindruckt war. Ein Beweis mehr dafür, dass keine
Verbindung zwischen beiden bestanden hatte. Sentenza hob den Schweißer,
dann überlegte er kurz und in seine Augen trat ein entschlossener Ausdruck.
    Er senkte das Gerät und justierte es neu.
     
    Die letzten Sekunden seiner Existenz spürte das Kollektiv in schmerzhafter
Klarheit. Es versuchte verzweifelt, die Ordnung zu noch stärkeren Anstrengungen
anzutreiben, doch die Abwehr der Ushu-Träger blieb standhaft. Der beißende
Schmerz der unwandelbaren Energie, die sich trotz des aktiven Zapfers in seine
Eingeweide fraß, überschattete schnell alle anderen Gedanken, und
je mehr seines Ichs der glühende Laserstrahl aus der morschen Bordwand
schnitt, desto mehr verblasste die Erkenntnis der eigenen Individualität.
Die Kontrolle über die Ordnung entglitt einmal mehr, und diesmal würde
es für immer sein. Nach all den Hunderten von Jahren der mal ruhenden,
mal erneuerten direkten Kontrolle würde die Ordnung wieder Unordnung werden
und sich eigene Wege suchen, auch, wenn dies sehr, sehr lange dauern würde.
Es war ein schwaches Bedauern darüber, das als eines der letzten Gefühle
das Bewusstsein des Bordgehirns durchzog, und die Erkenntnis, dass der abgeschnittene
Teil seiner Selbst auch von diesem Todeskampf nichts mitbekam und stattdessen
in uninspirierter Einförmigkeit vor sich hin pulsierte und sicher auch
dem Angriff der Ushu-Träger zum Opfer fallen würde. Die Scham über
das eigene Versagen war mindestens genauso schlimm wie das Bedauern über
das Ende der Existenz. Dann gab es nicht mehr genug aktive Teile für das
Kollektive Ich, und die Gedanken zerfaserten, bis sie im Nichts verschwanden.

    »Das ist doch völliger Blödsinn, Shilla!« Jason Knight blickte
seiner Partnerin nicht ins Gesicht, sondern spielte stattdessen mit dem Drink
in seiner Hand, den er genau fixierte, als wolle er dessen Bestandteile analysieren.
»Das kann sie doch nicht ernst meinen!«
    »Sie hat es offenbar sehr ernst gemeint«, erwiderte die blauhäutige
Telepathin lakonisch in seinen Gedanken.
    Belustigt beobachtete Shilla einen Drupi, der das seltsame Paar offen anstarrte
– sie, offenbar schweigend, und er, beständig redend, als würde
er eine Konversation mit der Luft

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