Rettungskreuzer Ikarus Band 009 - Seer'Tak City-Blues
vom Anblick des
Synthoessers zu lösen, der eine Menge hässlicher Erinnerungen in ihm
weckte. Doch als er sich abwenden wollte, klammerte sich eine beschmierte Hand
urplötzlich um seinen Arm. Ehe Jason diese abschütteln konnte, sah
er am Ringfinger des Typen das vereinbarte Zeichen: einen Ring mit einem schwarzen,
wahrscheinlich aus Plastik bestehenden Edelstein. Knight beherrschte sein Verlangen,
diese aufgedunsenen, glibberigen Finger von seinem zuvor tadellos reinen Ärmel
zu pflücken. Er wusste nicht, was den Mann zu diesem Wrack gemacht hatte
und er maßte sich nicht das Recht an, über ihn zu urteilen. Hatten
sich die so genannten anständigen Leute seinerzeit nicht auch vor Jason
geekelt, ohne zu ahnen oder sich dafür zu interessieren, dass dies ohne
sein eigenes Verschulden geschehen war? Wie hatte er unter ihrer Verachtung
gelitten!
Langsam drehte er sich zu dem Individuum um, ein erzwungenes Grinsen auf den
Lippen.
Sobald Jason den Deal absolviert hatte, würde er nicht nur ziemlich viel
Geld besitzen, sondern einen Teil davon in ein sündhaft teures Badehaus
in der Grünen Stadt bringen, ehe er auf die Celestine und unter
Shillas feine Nase zurückkehrte. Seer'Tak City war definitiv nicht sein
Fall, und er wollte schnell wieder von hier verschwinden, doch Geschäft
war Geschäft und heißes Vollbad war heißes Vollbad.
Eine lückenhafte und durchweg faulige Zahnreihe entblätterte sich
im faltigen Gesicht des Fremden. Der strenge Geruch, der Jason entgegen schlug,
steigerte die Attraktivität seines Gegenübers nicht wirklich. Doch
Knight hatte schon weit Schlimmeres erlebt, und das nicht nur in dieser Asteroidenstadt.
»Ich habe etwas für Sie!«, brachte er heiser hervor.
Sein Geschäftspartner lächelte noch breiter. »Es ist unbeschädigt?«,
fragte er mit der kurzatmigen Stimme eines Lungenkranken. »Ich kann es
nur gebrauchen, wenn es unbeschädigt ist!«
»Sicher, alles in Ordnung. Ich habe es gehütet wie meinen Augapfel«,
meinte Knight mit sarkastischem Unterton.
»Es wird sich zeigen, was hier in Ordnung ist«, keuchte der Kranke,
den ein heftiger Hustenanfall schüttelte.
Instinktiv hielt Jason die Luft an und drehte das Gesicht zur Seite, um dem
feinen Speichelregen zu entgehen.
Nachdem sich der Fremde mit dem Handrücken das schleimige Glitzern von
Mund und Kinn gewischt hatte, zog er eine neutrale, übertragbare Credkarte
aus seinem verdreckten Ärmel. Die – weitgehend – fälschungssichere
Anzeige lautete auf 25000; das war die vereinbarte Summe.
So weit, so gut, dachte Knight bei sich und sah sich bereits von Masseusen des
edelsten Badeclubs auf Seer'Tak so richtig ... massiert natürlich. Was
sonst? Die Häschen in dem Bad, das er kannte, waren alle richtige Hingucker,
und einige konnten sogar recht gut Trisolum spielen. Die Zeiten, als er noch
ganz selbstverständlich die delikateren Angebote des Etablissements in
Anspruch genommen hatte, waren bedauerlicherweise schon lange Vergangenheit.
Er erlaubte sich innerlich einen betrübten Seufzer: Der gemeine Virus hätte
ihn noch weit mehr kosten können als den Verzicht auf gewisse Freuden;
immerhin war er noch am Leben und alle Körperteile original. Der Abend
mochte daher zurückhaltender, aber trotzdem sehr unterhaltsam verlaufen
... Doch erst die Arbeit, dann das Vergnügen, ermahnte er sich.
»Ich will die Ware sehen«, erklärte das schmutzige Individuum
und zog die Karte blitzschnell zurück, als Jason bereits danach greifen
wollte.
Knight zuckte mit den Achseln. Er hatte es nicht anders erwartet. Mit einer
fließenden Bewegung holte er das kleine Behältnis aus seiner Jacke,
entfernte vorsichtig das Packpapier und reichte dem Anderen eine schwarze, ovale
Schachtel aus schwerem Plastik.
Mit gierigen Händen griff dieser nach dem Etui und klappte ihn auf. Ein
begeistertes Grinsen überzog das Gesicht des Mannes. Er schloss das Kästchen
wieder und reichte Jason die Credkarte. »Damit dürften wir quitt sein!«
Knight nickte und fand seine übliche Eloquenz wieder. »Absolut. Es
war mir eine große Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen, mein Bester.«
Doch das hatte sein Geschäftspartner wahrscheinlich schon nicht mehr gehört.
Er starrte Jason verwundert an, dann richtete sich sein Blick auf seine eigene
Brust, aus der die flimmernde Klinge eines Energiemessers ragte und Blut in
langsamen Schüben auf den Boden
Weitere Kostenlose Bücher