Rettungskreuzer Ikarus Band 009 - Seer'Tak City-Blues
hellbraune
Flecken auf ihren Blättern bekommen. Das leise Surren der Klimaanlage und
das gelegentliche Knarren des Plastikpolsters auf dem Sessel hinter dem Schreibtisch
schienen die einzigen Geräusche zu sein. Dies war ein Ort, der durch seine
Kälte und Monotonie lebte – oder vielmehr existierte –, denn
Leben strahlte hier nichts aus.
Sally McLennane störte das alles nicht.
Sie hatte sich nach ihrer Rückkehr in das Direktorium des Freien Raumcorps
dieses Büro ganz bewusst ausgesucht. Vor ihrer Rückkehr in dieses
Amt hatte es ein Mann belegt, der ihr erst nach seinem Tode dem Namen nach bekannt
geworden war. Thermion Markant war Corpsdirektor wie sie gewesen und er hatte
an ihrer Vernichtung gearbeitet – mit legalen und mit illegalen Mitteln.
Doch am Ende hatte Sally triumphiert und den letzten Angriff, den Putsch gegen
die Corpsführung, mit Hilfe der Crew des Rettungskreuzers Ikarus abgewehrt. Sie war aufgestiegen; Markant war im Zuge der Aktionen verstorben
. Das war schon über zwei Monate her, aber die Ereignisse standen ihr immer
noch deutlich vor Augen. Vor allem die Frage, warum Markant all dies getan hatte,
stellte sich ihr immer wieder. Etwa nur, weil er mit ihren Vorstellungen über
die Zukunft des Raumcorps nicht einverstanden gewesen war?
Sie hatte Markants Büro ausgewählt, um all ihren Gegnern innerhalb
des Corps – und davon gab es immer noch mehr als genug – eine Nachricht
zu senden. Zum einen war es ein beständiger Hinweis auf ihren Triumph.
Ferner war es eine Warnung. Sie hatte nichts an der Atmosphäre des Raums
verändert. Jeder ihrer Feinde, der ihr Büro betrat oder sich von ihren
Aktionen berichten ließ, musste die Nachricht verstehen: Sally McLennane
konnte ebenfalls rabiat werden, wenn es an die Durchsetzung dessen ging, was
sie sich vorgenommen hatte.
Die Arbeit als Direktorin war anstrengender als ihr vorheriger Posten, aber
der Einfluss war auch größer. Sallys Ansehen war gewachsen, ihr Wort
hatte an Gewicht gewonnen. Nach dem gescheiterten Putsch waren ihr viele zu
Dank verpflichtet, ein Pfund, mit dem sie gezielt, aber vorsichtig zu wuchern
verstand.
Hin und wieder dachte sie etwas wehmütig an ihre Zeit auf Vortex Outpost
zurück, als Leiterin der Rettungsabteilung – eine Aufgabe, die sie
Roderick Sentenza übertragen hatte. Doch Vortex Outpost lag noch immer
in ihrem Zuständigkeitsbereich, wenn auch nur als eine Aufgabe unter vielen
im Direktorat für das Grenzland. Ihre Aufmerksamkeit ruhte mit Wohlgefallen
auf Sentenzas Arbeit und seiner Crew. Die Aktivitäten der Ikarus -Mannschaft
in der Affäre mit dem Unsterblichkeitsserum waren vorbildlich gewesen.
Sentenza mochte Sally nicht, aber trotz aller Schärfe in ihrer Beziehung
zueinander brachte Sally ihm großen Respekt entgegen. Das zeigte sie ihm
nicht und das durchaus bewusst. Gefühle zu zeigen gehörte nicht zu
ihren Stärken. Sie hatte eine Mission, die sie sich selbst im Lauf der
Jahre, vor allem angesichts der Zustände nach dem Verschwinden von Sudeka
Provost, geschaffen hatte, und auch Sentenza war im Endeffekt nichts anderes
als ein Instrument zum Erreichen ihrer Ziele. Ein gutes, ein effektives Instrument.
Aber doch nicht mehr.
Und heute war ein Tag, an dem die Distanz zwischen beiden noch größer
werden würde.
Sie hatte ihn herbestellt, um ein wichtiges Gespräch zu führen. Sentenza
hatte geflucht, den weiten Weg zum Hauptquartier des Corps antreten zu müssen.
Er hatte an Sonja DiMersi das Kommando über die Ikarus abgetreten
– bemerkenswerterweise ohne sich auch darüber aufzuregen – und
war mit dem nächsten Linienflug aufgebrochen. Sobald dieses Gespräch
vorbei war, würde er Sally noch mehr verdammen als vorher. Vielleicht würde
er sogar beginnen, Hass für sie zu empfinden.
Sally seufzte. Das war der Preis, den sie eventuell zu zahlen hatte. Doch auch
Hass konnte aus jemandem ein effektives Werkzeug machen; vielleicht würde
er den Nutzen Sentenzas noch erhöhen, wenn sie es schaffte, seine Abneigung
in die richtigen Bahnen zu lenken.
Sally drückte eine Taste auf ihrem Schreibtischterminal.
»Sie können Captain Sentenza jetzt einlassen«, sagte sie mit
sonorer, volltönender Stimme in das unsichtbare Mikrophon. Dann lehnte
sie sich zurück, schlug die Beine übereinander und lächelte.
»Lasst die Spiele beginnen ...«
Roderick Sentenza hatte lange vor dem Büro
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