Rettungskreuzer Ikarus Band 012 - Verschollen im Nexoversum
höchst sonderbar.
Offensichtlich war es der Crew des Schiffes egal, ob man von ihrer Anwesenheit
über Reputus wusste oder nicht und ob man sich wunderte, welche Pläne
sie haben mochten. Ihre Denkweise und ihr Handeln waren für niemanden nachvollziehbar.
»Sie warten«, bemerkte Charkh.
»Auf was?«, fragte Sessha.
Der Arachnoid rieb nun doch, ohne sich dessen bewusst zu sein, seine Beine aneinander.
Er kannte die Antwort ebenso wenig.
Es war dunkel, feucht, kühl, und es stank noch schlimmer als das Laken,
das Shilla zurück gelassen hatte.
Niemand hatte sie beobachtet, als Jason den schweren Kanaldeckel aufgestemmt
hatte und sie beide in den engen Schacht geklettert waren, den er anschließend
wieder verschlossen hatte. Hier unten, im Labyrinth der Kanalisation, würde
man sie hoffentlich nicht gleich aufspüren.
Jason reichte Shilla eine kleine Lampe und schaltete die zweite an, die immer
noch über seiner Brust hing.
Der Schacht führte hinab in das verzweigte Netz der Abwasseranlage. Es
roch nach Exkrementen, Fäulnis und Schimmel. An den Wänden klebten
seltsame Pflanzen, einige fluoreszierend, andere empfindlich mit zitternden
Blättchen auf das unerwartete Licht reagierend.
Jason und Shilla balancierten, dicht ans Mauerwerk gepresst, auf einem schmalen,
glitschigen Sims entlang. Unmittelbar daneben verlief die tiefe Rinne, in der
eine träge, schmutzigbraune Flüssigkeit blubberte, in der undefinierbare
Gegenstände trieben. Die röhrenförmigen Korridore wurden in regelmäßigen
Abständen von Einmündungen unterbrochen. Kleine Stege führten
über die trüben Fluten. Den Bedürfnissen etwaiger Wartungstrupps
angepasst, waren die gewölbten Gänge hoch genug, dass auch ein größerer
Mann als Jason bequem aufrecht stehen konnte. Tatsächlich sah es unter
dem Citykomplex aus wie in der Kanalisation jedes beliebigen Planeten. Warum
sollte es hier auch anders oder gar sauberer sein als bei Völkern mit einer
höher entwickelten Technik? Niemand schien sich gern mit den Abfallprodukten
seiner Zivilisation auseinander zu setzen.
»Hast du noch ein Paar Atemfilter?«, erkundigte sich Shilla mit leidender
Miene.
»Leider nicht«, erwiderte Jason und tröstete: »Du wirst
dich nach einer Weile daran gewöhnen.«
»Du scheinst Erfahrung zu haben ...«
Jason antwortete nicht und ließ den Lichtkegel über das stellenweise
brodelnde Schmutzwasser gleiten. »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen.«
Er zuckte mit den Schultern. »War wohl Einbildung.«
»Nein, war es nicht.« Shilla leuchtete zum gegenüber liegenden
Absatz, auf dem ein kleines, schuppiges Tier so schnell davon huschte, dass
Jason nur einen flüchtigen Blick erhaschen konnte. »Vermutlich ein
Aasfresser.«
»Hm«, machte Jason. Er war jedoch überzeugt, dass die Bewegung
im Wasser gewesen war. Das diffuse Licht und die finsteren Schatten konnten
jedoch die Sinne täuschen.
»Nun, zumindest die Soldaten mit ihren braunen Uniformen würden in
dieser Umgebung perfekt getarnt sein und von uns erst entdeckt werden, wenn
wir unmittelbar in die glimmenden Mündungen ihrer Strahler blickten«,
stellte Shilla sarkastisch fest. »Keine Sorge, es ist uns niemand gefolgt,
und ich spüre auch keine Präsenz in der näheren Umgebung. Wahrscheinlich
suchen sie uns noch in der Umgebung des Ladens.«
Eine Weile wanderten sie schweigend durch die Kanalisation. Shilla hatte Crii-Logans
Muster wieder gefunden und ließ sich von ihm leiten. Jasons Augen schweiften
umher. Ab und zu rauschte ein Wasserschwall aus einer der kleinen Öffnungen
weiter oben im Mauerwerk, die er zunächst nicht bemerkt hatte, und einige
Male entgingen sie beide nur ganz knapp einer widerwärtigen Dusche.
Die Oberfläche der stinkenden Brühe kräuselte sich unruhig. Schabende
Geräusche ertönten manchmal, als wenn etwas Schweres über den
Grund schliff. Dann herrschte wieder Stille, nur unterbrochen von einem leisen
Tröpfeln und Brausen.
Jason spürte, wie sich seine Nackenhärchen aufstellten, als er sich
fragte, was hier noch hausen mochte. Tatsächlich befand er sich nicht zum
ersten Mal auf der Flucht durch die unterirdischen, abgeschiedenen Regionen
einer Metropole. Von daher wusste er, dass es hier immer unbekanntes Leben gab,
pflanzlich, tierisch, menschlich, ausgestoßen von der lichten Welt ...,
meist gefährlich und sehr hungrig.
Als geschah, wovor sein Instinkt ihn
Weitere Kostenlose Bücher