Rettungskreuzer Ikarus Band 014 - Phönix
Täubchen!«
Für den Bruchteil einer Sekunde spielte Sonja mit dem Gedanken, einfach
herumzufahren und ziellos abzudrücken, aber ihr Verstand bewahrte sie vor
einer Dummheit. Sie spürte förmlich die Mündung des auf sie gerichteten
Energiekarabiners, hob langsam ihre Hände und drehte sich um.
»Ich bin nicht dein Täubchen!« Sonja verdrehte die Augen.
»Weg von der Plattform«, sagte Kiki Dubois und machte eine fuchtelnde
Bewegung mit ihrer Waffe.
Sonja blieb stehen und fragte: »Was ist das für eine Anlage?«
»Das geht dich nichts an«, gab Kiki zurück. »Lass endlich
den Blaster fallen!«
Sonja reagierte noch immer nicht. »Das ist eine Art Transmitter, habe ich
Recht?«
»Ich weiß es nicht ... und wenn schon, ja ist ein Transmitter und
jetzt weg da!«
Sonja machte einen Schritt vor und einen zur Seite, die Hände immer noch
erhoben, den Blaster noch immer in der Rechten haltend. Sie beobachtete Kiki
scharf, registrierte ihre Nervosität. Anscheinend war es ihr unangenehm,
in diesem Raum zu verweilen. Womöglich hatte Wadda ihr verboten, dieses
Stockwerk zu betreten.
»Hast du über meine Worte nachgedacht?«
»Hast du ein Hörproblem?«, kreischte Kiki plötzlich auf.
»Ich sagte, weg mit dem Blaster!«
Sonja ließ sich fallen. Ein Schuss fauchte auf. Sie rollte über den
Boden, spürte den Einschlag hinter sich und streckte den Blaster vor. Sie
feuerte und verfolgte, wie der Laserstoß haarscharf an Kiki vorbei jagte.
Die Hitze musste unerträglich sein. Kiki schrie auf, sprang zur Seite und
zog im Fallen den Abzug des Karabiners. Zwei gleißende Lichtbahnen zogen
direkt über Sonja hinweg und bohrten sich hinter ihr in die Wand.
Kiki fiel hart auf die Schulter, ließ das Karabinergewehr reflexartig
los und krümmte sich vor Schmerz. Ehe sie sich fangen konnte, war Sonja
bereits aufgesprungen und über ihr. Sie vermied es, der anderen Frau noch
zusätzliche Pein zu bereiten und drückte ihr einfach den Lauf des
Blasters gegen die Stirn.
»Du bist verdammt schnell«, sagte Sonja keuchend. »Aber du wirst
zu leicht wütend, Schätzchen.«
»Ich bin nicht ...«, wollte Kiki auffahren, schluckte die restlichen
Worte jedoch hinunter. Sie verzog das Gesicht und zog sich am Boden bis an die
Wand heran. Sonja folgte ihr mit der Blastermündung und ließ sie
nicht aus den Augen.
»Erschieß mich doch«, brummte die Kopfgeldjägerin, während
sie sich die schmerzende Schulter hielt. Ihre linke Wange war vom Beinahe-Treffer
aus Sonjas Blaster stark gerötet und stand damit im krassen Widerspruch
zu ihrem blassen Teint.
»Das habe ich nicht vor, falls Du kooperierst.«
Eine steile Falte entstand zwischen Kikis Brauen. »Du ... du willst mich
nicht töten?«
»Es sei denn, du willst sterben, dann überlege ich mir das noch mal«,
gab Sonja zurück. »Nein, verdammt, ich will dich nicht töten,
ich will nur wissen, was hier gespielt wird und wohin Wadda und sein Speichellecker
verschwunden sind.«
Die letzten Worte hatte sie förmlich geschrien.
Kiki seufzte. Sie schien kurz nachzudenken, ehe sie sagte: »Na schön.
Aber ich weiß nicht viel, ehrlich nicht. Wir arbeiten mit einem Typen
zusammen, der sich Lonny Starf nennt. Ich hab ihn noch nicht gesehen, Wadda
spricht zu ihm. Lonny hat uns deinen Steckbrief gegeben und uns nach Ceelus
geschickt.«
»Ceelus«, unterbrach Sonja. »Was ist Ceelus?«
»Na ... deine Heimatwelt, oder?«
Nun war Sonja überrascht. Sie kramte in ihren Erinnerungen, aber da gab
es nichts, was auf den Namen dieses Planeten hindeutete. Zumindest momentan
nicht.
Kiki schien Sonjas Unsicherheit zu bemerken, denn sie wirkte jetzt auch verwirrt,
als hätte sie etwas Selbstverständliches gesagt und könne Sonjas
Reaktion darauf nicht begreifen.
»Aber ... du bist doch eine Ceeli, oder?«, fragte Kiki.
»Eine was ?«
»Eine Ceeli ... na, eine Grey!«
Sonja prallte bei der Bezeichnung zurück. Sie spürte, wie ihre Beine
weich wurden. Ihr schwindelte und der Schweiß brach ihr aus allen Poren
hervor.
Eine Grey ...
Sie merkte nicht, wie sie den Blaster fallen ließ. Sie spürte nicht
einmal, wie sie auf dem Boden aufschlug, als ihre Knie nachgaben, ihr Gewicht
nicht länger tragen konnten. Und sie registrierte nicht, dass Kiki Dubois
ihre Chance nutzte, aufsprang, nach dem Karabiner griff und ihn auf Sonja anlegte.
Warum hast du Angst vor mir?
Erschrocken fuhr Templeton Ash
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