Rettungskreuzer Ikarus Band 014 - Phönix
des Rettungskreuzers gewesen war.
Nicole van der Lindern konnte sich noch immer keinen Reim auf die Anwesenheit
der Corps-Ambulanz in diesem Sektor machen. Solange die Reparatur am Hyperantrieb
voranschritt, hatte sie sich die Aufzeichnungen der Außenkameras während
des Kampfes noch einmal angesehen. Die Signatur des Rettungskreuzers lautete
auf den Namen Phönix – damit konnte es sich nicht um das Schiff
handeln, das bei Vortex Outpost stationiert war und mit dem Kronprinz Joran
schon einmal schmerzlichen Kontakt gehabt hatte. Nicole glaubte auch nicht,
dass das Corps etwas von der Aktion erfahren haben könnte, dazu war sie
zu säuberlich abgeschirmt worden.
Es sei denn ..., dachte sie und nippte an der Tasse Tee, während
sie gedankenverloren durch eines der Bugsichtfenster auf der Brücke ihres
Schlachtkreuzers starrte, ... unsere Zielperson hat einen Notruf abgesetzt.
Nicole befand es für müßig, darüber nachzudenken. Sie hatte
gerade erst mit mehr Glück als Verstand die Polizeischiffe von Garillon
abschütteln können, ohne es auf einen Kampf ankommen zu lassen. Ihre
Aufmerksamkeit musste jetzt dem Missionsziel gelten. Wenn sie in dieser Sache
versagte, war sie endgültig bei Joran unten durch und würde eine Karriere
als Matrose an Bord seines Flaggschiffs beginnen können. Es war nicht die
Vorstellung, ihr Kapitänspatent abgeben zu müssen, die sie beunruhigte,
sondern eher jene, sich dann ständig in Jorans Nähe befinden zu müssen.
»Captain, noch eine Minute bis zum Ausfallpunkt«, meldete der Navigator.
Gleich darauf wurde sie vom Kommunikationsoffizier angerufen: »Ma'am, der
Maschinenraum meldet, dass nach dem Wiedereintritt in den Normalraum der Hyperantrieb
erneut gewartet und repariert werden muss.«
Nicole ließ die Schultern hängen, übergab ihre Tasse Tee einer
herbeigewinkten Ordonanz und kehrte zu ihrem Kommandostand zurück. Die
Antriebsaggregate waren übersensibel und äußerst anfällig
für Störungen. Mit ein Grund, warum der Hyperantrieb nur auf größeren
Schiffen installiert wurde und man weitgehend auf ihn verzichtete, wenn Sprungtore
in der Nähe waren.
»Captain?«, fragte Sandro D'Angelo neben ihr.
Nicole presste die Lippen aufeinander und blickte auf die schrumpfende Entfernung
auf dem Navdisplay. Dann nickte sie und sagte: »Volle Kampfbereitschaft,
Eins. Ich will nicht wieder eine Schlappe einstecken müssen.«
»Aye, Ma'am«, sagte der Erste Offizier und hob dann seine Stimme,
um die Befehle an die Brückenbesatzung weiterzugeben: »Gefechtsalarm.
Alle Kampfstationen besetzen. Rundumschildschutz aktivieren. Alle Batterien
und Werfer feuerbereit. Jägerkommandos startbereit halten. Maximale Sensorleistung!«
»Austritt jetzt!«, rief der Steuermann.
Das Schlierenmuster auf dem Hauptschirm und vor den Sichtfenstern machte augenblicklich
dem sternenreichen Bild des Weltraums Platz. Die Brückenoffiziere führten
emsig und dienstbeflissen ihre Aufgaben durch, gaben ihre Meldungen an den Ersten
Offizier weiter oder projizierten ihre Ergebnisse direkt auf die Displays des
Leitstands.
»Jäger ausschleusen!«, befahl Captain van der Lindern.
D'Angelo gab dem Zweiten Offizier ein Handzeichen, dieser wiederum nickte kurz
und stellte die Verbindung zum Staffelführer her. Nur wenige Momente darauf
erfolgte die akustische Bestätigung, dass die zwölf Abfangjäger
die Startbucht verlassen hatten.
»Irgendwelche Anzeichen?«, fragte Nicole nach einigen Minuten, als
sie sah, dass die Displays nur astronomische Daten lieferten.
»Negativ«, gab die Sensorenkontrolle zurück. »Schwache Restspuren
von Triebwerksemissionen, aber nichts Verwertbares.«
»Ich hoffe nicht, wir sind zu spät gekommen«, kommentierte D'Angelo
leise neben ihr.
»Für den Fall können wir uns gleich dem Raumcorps stellen«,
brummte Nicole. »Ihre Majestät wird uns in Stücke reißen,
wenn wir diese Fracht verlieren.«
»Captain, wir werden gerufen!«, ertönte die Stimme des Komm-Offiziers.
»Audiovideosignal von der Oberfläche des fünften Planeten.«
Nicole nickte. Kurz darauf flackerte eines der Displays am Kommandostand, und
der Captain und ihr Erster Offizier sahen das bleiche Gesicht eines Mannes,
der entweder voll mit Drogen gepumpt war oder der die letzte Nacht damit zugebracht
hatte, sich das Blut aus den Venen saugen zu lassen.
»Captain van der Lindern?«, fragte der Dunkelhaarige mit
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