Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott
Beziehung?«, warf er dann
unvermittelt ein und wurde dafür von der Vorsitzenden gemaßregelt.
»Bleiben Sie bei Fragen, die sich auf das Thema der Verhandlung beziehen«,
wies sie ihn zurecht, doch die Art und Weise, wie die Zeugin errötete und
für einen Moment den Blick senkte, war für den Anwalt, für die
Zuschauer – und auch für Anande Antwort genug. Von Bussev ließ
die Reaktion im Raum stehen und schwenkte auf ein neues Thema um.
»Wie war sein Lebensstil jenseits der Arbeit?«
»Es war das gleiche Prinzip. Wenn Jovian ... wenn Doktor Anande etwas in
seiner Freizeit unternahm, musste es so vollkommen wie möglich sein. Er
ging nur in die besten Restaurants, die besten Konzerte oder, wenngleich sehr
selten, in die exklusivsten Hotels auf ausgesuchten Urlaubswelten. Er konnte
über ein schlechtes Essen oder unzureichenden Service regelrecht erbost
sein. Was er von sich selbst verlangte, wollte er auch von anderen ... man könnte
es Hingabe an die selbst gewählte Aufgabe nennen. Dafür war er auch
bereit, beträchtliche Summen auszugeben.«
»Er lebte also aufwendig, sogar luxuriös?«
»Ja, so kann man es sagen. Auch wenn sein Stil äußerlich nicht
pompös wirkte, so war doch alles sehr kostbar.«
»Konnte er sich solch einen Lebensstil denn überhaupt leisten? Immerhin
gehörte er nicht der Führungselite des Konzerns an, sondern war gewissermaßen
nur ein Forscher.«
»Aus eigenem Willen. Er hätte Leiter der Abteilung werden können,
aber dann hätte er weniger Zeit für seine Forschungen gehabt und das
wollte er nicht. Und ja, auch in seiner damaligen Position war das Gehalt ausreichend
für seine Bedürfnisse, zumal er keine weiteren Verpflichtungen hatte.«
»Halten Sie es für möglich, dass er mit dem Experiment an dem
Kant'Takki Embryo, das ja einen immensen Gewinn für das Unternehmen bedeutet
hätte, eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte? Ein finanzielles Polster
für den Ruhestand beispielsweise, um den Luxus auch später weiter
genießen zu können?«
»Vielleicht. Es ist möglich. Wir haben nie über Geld gesprochen.«
»Oder war es eher der Wunsch nach Ruhm, vielleicht Geltungssucht?«
»Ruhm?« Professor Sorren wirkte für einen Moment verunsichert.
»Unter anderen Umständen würde ich das bestätigen, aber
das Experiment war ja verboten, und die Ergebnisse hätten niemals an die
Öffentlichkeit kommen dürfen.«
von Bussev überging den Einwand und kam zu seiner abschließenden
Frage.
»Denken Sie, dass Jovian Anande in der Lage war, allen moralischen und
ethischen Verboten zum Trotz und sich der Verstöße und Gefahren durchaus
bewusst, ein solches Experiment an einem hilflosen Organismus aus Gründen
wie Profitgier oder der reinen, ungebremsten wissenschaftlichen Neugierde heraus
durchzuführen?«
Die Zeugin zögerte, was von Bussev sehr gefiel, da es die Dramatik des
Momentes steigerte und die nachfolgende Antwort, derer er sich sicher war, umso
eindringlicher erscheinen lassen würde.
»Ja«, sagte Anna Sorren schließlich und vermied es, zur Anklagebank
hinüber zu sehen. »Ja, ich denke, das wäre er gewesen.«
»Vielen Dank«, schloss von Bussev zufrieden seine Befragung ab und
setzte sich.
»Möchten Sie der Zeugin jetzt noch einige Fragen stellen?«, wandte
sich Arna Botha an den Vertreter der Verteidigung.
Hwang Thang stand auf und schüttelte den Kopf. »Nein, Euer Ehren.
Wir haben hier ein in sich stimmiges Bild des damaligen Doktor Anande erhalten.
Was die Motivation für sein Experiment angeht, so bleiben wir im Reich
der Spekulationen und werden das auch nicht verlassen können, bis wir beispielsweise
Unterlagen von ihm selber finden, in denen er die Absicht erklärt, den
Abertausenden an der Denir-Seuche leidenden und durch sie sterbenden Menschen
mit dem Medikament Denirin zu helfen. So lange uns solche Beweise fehlen, bleibt
uns nur die Tatsache, dass das Experiment stattgefunden hat.«
»Dann ist die Zeugin entlassen. Die Verhandlung wird auf morgen zehn Uhr
vertagt.«
Der Klang des Gongs war noch nicht ganz verhallt, als die ersten Journalisten
bereits aus dem Saal stürmten. Der Prozess war in vollem Gange, und die
Zuschauer auf Hunderten von Welten im ganzen Raumcorpsgebiet würden ihn
nun mit Spannung verfolgen.
»Das war doch ein ziemlich guter Anfang«, bemerkte Noel Botero zufrieden
und schob seine Brille zurück auf die Nasenwurzel. Die
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