Rettungskreuzer Ikarus Band 018 - Präludium
oder wir
werden die Automatik starten.«
Nicole fasste einen Entschluss. Zumindest für den Moment garantierte das
Shuttle ein Überleben. Der Pilot würde starten, ob mit oder
ohne sie.
»In Ordnung, wir gehen an Bord«, sagte sie zu Sentenza, drehte sich
um und ging zum zweiten Schott zurück, um das Interkom zu aktivieren. »Zwei
Sekunden noch, Lieutenant, wir kommen an Bord.«
Sie machte einen Schritt über die Schwelle des Schotts und spürte
gleichzeitig die Stunnermündung in ihrem Nacken.
»Seien Sie bitte kooperativ, Ma'am«, sagte D'Angelo. »Ich habe
keine Lust, meinen Captain niederzuschießen.«
»Ihr Captain? Bin ich das denn noch?«
»Natürlich sind Sie das. Ich erkläre Ihnen alles an Bord.«
Sentenza und DiMersi folgten ins Innere. Sie hievten den schlaffen Körper
Tanna Remirs in die Fähre und verriegelten die Schleusentore. Nur den Bruchteil
einer Sekunde darauf änderte das Wummern der Prallfelder seine Tonlage
und ging in aggressives Brüllen über, als der Hauptantrieb gezündet
wurde. Mit einem Ruck jagte die Fähre in den Himmel hinauf.
Im selben Moment hörte Nicole einen entsetzlichen, lang gezogenen
Klagelaut in ihrem Kopf. Ein gequältes Aufschreien, begleitet von Schmerz
und einer Todespanik, wie sie Nicole noch nie zuvor am eigenen Leib gespürt
hatte. Vor ihrem geistigen Auge sah sie einen Schemen, eine entfernt menschliche
Gestalt, die nicht wirklich zu erkennen war. Sie glich einem dahinhuschenden
Schatten, gerade so als hätte jemand versucht, sie zu fotografieren, aber
die Belichtungszeit falsch gewählt.
Dann verblassten das Bild und auch die Schreie in ihrem Kopf. Nicole taumelte
gegen die Bordwand und rutschte daran herunter. Gleichzeitig schlug Tanna Remir
die Augen auf und blickte sie an.
»Du hast ihn auch gespürt, nicht wahr?«
Verständnislos sah Nicole zu der Fremden, aber ehe sie eine Frage stellen
konnte, jagte ein Betäubungsblitz aus Sonjas Stunner und schickte den Herrlicken
Lakai zurück ins Reich der Träume.
4.
Sentenza grub seine Finger massierend in Sonjas Schulter und hauchte ihr einen
Kuss auf die Wange. Dann verließ er das Cockpit und kehrte in den Passagierraum
zurück, wo Lieutenant-Commander D'Angelo ihn bereits erwartete.
Im hinteren Bereich saßen die beiden Piloten und die Fremde mit den roten
Haaren. Sie waren noch von den Entladungen der Stunner bewusstlos. Zusätzlich
hatte D'Angelo sie gefesselt, um ganz sicher zu gehen, dass sie nicht eine böse
Überraschung erlebten.
Nicole van der Lindern hockte zusammengesunken in einem der Sitze und starrte
vor sich auf den Boden. Ihr Erster Offizier hatte die Waffe noch immer gegen
sie gerichtet, auch wenn es nicht so aussah, als würde Nicole Widerstand
leisten. Sentenza gesellte sich zu ihnen und hockte sich der ehemaligen Kommandantin
der Seezunge gegenüber.
»Was denken Sie jetzt, Nicole?«, fragte er und beobachtete ihre Mimik
Er musste wissen, auf welcher Seite sie stand, ob er ihr soweit trauen konnte,
dass sie ihm an Bord der Praetorianer nicht in den Rücken fiel.
Er konnte es sich nicht leisten, noch zusätzlich auf sie aufzupassen. Notfalls
würde er sie wie die anderen betäuben müssen.
Van der Lindern blickte zu ihm auf. In ihren Augen lag ein leichtes Flackern
der Unsicherheit. Vermutlich überlegte sie, ob sie ihre Loyalität
dem Multimperium gegenüber aufs Spiel setzen und ihnen helfen sollte, oder
ob sie lieber nichts riskierte. Sentenza konnte es ihr nicht verübeln.
Er würde an ihrer Stelle nicht anders denken.
»Was soll ich sagen, Roderick?«, fragte sie lahm zurück. »Wir
kennen uns von der Akademie, ich weiß, dass Sie unehrenhaft aus der Flotte
entlassen wurden, Sie erzählen mir, dass das von Joran eingefädelt
wurde ... und über allem steht die Invasion durch die Fremden ... ich weiß
nicht, was ich denken soll.«
Sentenza beugte sich vor. »Letzteres ... die Invasion ... das ist das,
worauf wir uns konzentrieren müssen. Wollen Sie verantworten, eine fremde
Macht in unsere Galaxis einzuladen, um hier ihren Eroberungsfeldzug zu starten?
Das Multimperium liegt weder mit dem Freien Raumcorps noch einem anderen Sternenbund
dieses Quadranten im Krieg. Kaiser Thrax hat die Expansionspolitik seines Reiches
bereits vor Jahren eingedämmt. Er war auf Handelsbeziehungen aus. Erst
seit sein Sohn die Führung über Flotte und Geheimdienst übernommen
hat, haben
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