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Rettungskreuzer Ikarus Band 022 - Die letzten Movatoren

Rettungskreuzer Ikarus Band 022 - Die letzten Movatoren

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 022 - Die letzten Movatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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er antwortete.
    »Er hat es nicht nötig. Er ist bereits hier.«

    Thorpa hatte das, was er »Frustwache« nannte.
    Er saß alleine in der Zentrale der Ikarus und starrte zunehmend
blicklos auf den Hauptmonitor. Unter normalen Umständen fand er das unerfreulich
genug. Es gab zahlreiche interessantere Dinge, als ein paar blinkende Lichter
und das stille Summen der Elektronik zu bewachen, während der Rest der Ikarus im tiefen Schlaf lag. Sicher, in der ersten Zeit hatte ihn das
Panorama der stechend hellen Sterne auf dem dunklen Untergrund des Alls fasziniert
und mit ehrfürchtigen Schauern erfüllt. Er hatte, wie unzählige
Wesen vor ihm, sinniert über die Winzigkeit des Lebens, das Rätsel
des Ursprungs aller Dinge, die grausame Macht Schwarzer Löcher und so lange
versucht, sich die schiere Menge an Nichts dort draußen vorzustellen,
dass er mit einer Laufwurzel am Rande des Wahnsinns taumelte.
    Seitdem hatte er nicht nur einiges mehr über den »Ursprung der Dinge«
erfahren als er je zu träumen gewagt hatte. Die Faszination von hellen
Lichtflecken weit entfernter Sterne hatte sich zudem schlichtweg abgeschabt
wie ein zu oft getragenes Kleidungsstück. Natürlich war der Weltraum
nicht weniger erschreckend und wunderbar als vorher, er hatte sich nicht verändert.
Nur der Geist des Pentakka hatte sich auf diese sonderbare Weise daran gewöhnt,
die es einem erlaubte, auch unvorstellbare Dinge irgendwann als alltäglich
hinzunehmen. Wenn Thorpa wollte, konnte er all die wissenschaftliche und philosophische
Betroffenheit wieder herstellen, indem er genau hinsah, wirklich nachdachte,
seine Phantasie antrieb wie einen lahm gewordenen Gaul. Aber, und das war eine
neue Fertigkeit, die sich mit den Monaten eingestellt hatte, er konnte auch
einfach nach draußen starren und denken: »Winzige helle Punkte auf
viel dunklem Grund. Hübsch.«
    Damit hatten die Wachen ihren gruseligen Charme verloren. Meistens verbrachte
Thorpa sie jetzt damit, in die Tiefen eines Buches zu schauen statt in die des
Weltalls und fand darin genug Wissen und Unterhaltung. Heute aber konnte ihn
das nicht locken. Heute starrte er auf den Bildschirm. Heute waren da nicht
nur kleine Sterne, sondern ein einziges, großes, achteckiges Objekt, das
da friedlich im Nichts trieb, seit etwa einer Stunde auch noch im vollen Schein
zahlreicher Positionsleuchten. Ein Schiff, groß, beeindruckend, fremd
– auf dem er so unglaublich gerne gewesen wäre!
    Wenn Pentakka Zähne gehabt hätten, hätte Thorpa jetzt aus lauter
Frustration mit ihnen geknirscht. Seit zwei Stunden haderte er mit Roderick
Sentenza und dessen Entscheidung, ihn nicht mitzunehmen. War nicht er ,
Thorpa, der Xenopsychologe der Ikarus ? War es nicht seine Aufgabe,
beim Erstkontakt mit fremden Rassen zu vermitteln? Er hatte seinen Platz da
drüben in der Delegation verdient, und stattdessen saß er hier in
der Zentrale und hielt seinen Sattel warm.
    Warum der Captain ihn zurückgelassen hatte, wusste Thorpa nicht genau,
aber er ging die ganze Zeit alle Möglichkeiten in Gedanken durch. Wollte
er ihn schützen, falls es gefährlich wurde? Aber Thorpa hatte schon
ganz andere Dinge durchgestanden, er war immerhin so etwas wie ein Ritter und
hatte im Lanzengang gegen einen gestandenen Krieger gewonnen. Nun ja, zugegeben
mit ein bisschen technischer Unterstützung. Sicherlich machte ihn das nicht
unverwundbar, aber erstens war es da drüben recht friedlich, und zweitens
gab es keinen Ruhm ohne Risiko. Hatte nicht seine Studienkollegin Nikti sich
auf das Scheiterhaufenfest der Brak-nech begeben, um deren Sitten aus
erster Hand zu erleben? Es hatte sie einige Zweige gekostet, aber sie war zurückgekommen
und hatte einen gefeierten Bericht geschrieben.
    Oder meinte der Captain, Thorpa wäre nicht fähig genug und würde
die Sache vermasseln? Gekränkt rauschte Thorpa in der Stille der Zentrale
mit seinen Zweigen. Nun gut, er hatte das Protokoll für den Erstkontakt
eben noch mal nachlesen müssen, ja, aber sicherlich wusste Captain Sentenza
nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gab. Er machte anscheinend immer
alles aus dem Bauch heraus. Dabei hätte Thorpa nicht einmal versucht, den
Wortführer zu machen; selbst wenn seine Phantasie da andere Wege ging und
er sich in dem bizarren Inneren des Raumers sah, die Greifzweige in einer universellen
Geste der friedlichen Verständigung ausgestreckt,

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