Rettungskreuzer Ikarus Band 023 - Flucht von Borsai
einzudrücken, auf der sein Daumen geruht
hatte, statt einer bewussten Tat.
Sein Kopf tat höllisch weh, die Augen tränten, Blut war ihm aus Nase
und Ohren getropft, aber wenigstens war er nicht tot.
Warum war er überhaupt noch am Leben? Wieso hatte Shilla ihn nicht umgebracht?
Sie hätte ihn bestimmt töten können, blitzschnell und mühelos,
noch bevor er die Tür geöffnet hatte. War vielleicht doch noch etwas
von der alten Shilla übrig, das verzweifelt gegen die Beeinflussung durch
die Exekutoren ankämpfte und ihn hatte retten wollen?
Dieses kaum merkliche Zögern, als sie einander gegenüber gestanden
und sich angestarrt hatten.
Hoffnung keimte in ihm: Es gab also noch eine Chance. Shilla war nicht gänzlich
an die Exekutoren verloren gegangen. Seine Partnerin zurückzubekommen war
alle Strapazen und Opfer wert. Jetzt musste er nur noch das Fluchtschiff erreichen,
Borsai verlassen, und dann würden sie ganz bestimmt ein Mittel finden,
den Einfluss der Exekutoren zu neutralisieren.
Schwerfällig erhob er sich und rang nach Atem. Am liebsten hätte er
sich in eine Ecke verkrochen und geschlafen, aber jetzt durfte er unter keinen
Umständen schlappmachen. Noch befanden sie sich im Palast, im Erhabenen
Kannya und wenn sie die Sukina nicht erreichten, war alles vergebens
gewesen.
Er betrachtete die Vizianerin, die scheinbar in der Bewegung eingefroren vor
ihm stand, die Augen nicht länger mordlustig funkelnd sondern blicklos,
die Lippen leicht geöffnet, als hätte sie erstaunt »Oh!«
hauchen wollen.
Sie war noch so schön, wie er sie in Erinnerung hatte.
Keine Zeit, ermahnte er sich streng, packte sie um die Mitte und warf sie sich
wie einen Kartoffelsack über die Schulter. Es war ein komisches Gefühl,
sie so zu berühren, denn das Stasisfeld hüllte ihren Körper gänzlich
ein. Es war, als greife man in Watte. Zum Glück war sie leicht und trotz
des Schirms transportabel.
Jason rief den Lift herbei und ließ sich nach unten tragen.
Der H'ltrp hatte begonnen, sich zu verflüssigen. Er war nur noch ein trauriger
Klumpen in einer rotbraunen Pfütze, die merkwürdig roch. Kurz fragte
sich Jason, ob die Diener das formlose Etwas korrekt interpretieren würden,
aber das war letztlich belanglos, schließlich standen sie einem Herrlichen
Lakaien gegenüber. Die Sicherheit der Erhabenen hatte angesichts des sich
ausbreitenden Chaos zweifellos Vorrang und niemand würde das Wort eines
Herrn anzweifeln.
Unten angekommen wies Jason die Diener an, für die ohnmächtige Erhabene
eine Schwebetrage zu besorgen. Sie waren so eifrig, dass niemand auch nur einen
Blick in den Lift warf, sehr zu Jasons Erleichterung. Er erklärte, er selber
würde sich darum kümmern, dass die Erhabene an Bord ihres Schiffes
gebracht wurde und Borsai verließ. Der andere Herrliche Lakai würde
die Erhabene nicht begleiten, denn er war einem Herzinfarkt erlegen. Es gab
jetzt einen neuen Herrlichen Lakai, er selbst war von nun an der Beauftragte
dieser Erhabenen.
Daraufhin wurde er darüber informiert, dass ein Wagen in einer unterirdischen
Rohrbahn, die zum Raumhafen führte, bereit stand. Dankbar nahm Jason diese
Gelegenheit wahr, den Palast zu verlassen, ohne sich und Shilla den Kämpfen
an der Oberfläche aussetzen zu müssen. Ab und zu hörte er ein
fernes Grollen, einmal wurde der Wagen sogar leicht erschüttert, aber offenbar
befand sich das Transportmittel tief genug unter der Erde, um kleinere Explosionen
unbeschadet überstehen zu können.
Ob sie es rechtzeitig schafften? Jason hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
Seine Uhr war schon vor einer Weile stehen geblieben. Vermutlich war sie während
des Kampfes mit dem H'ltrp kaputt gegangen. Hoffentlich hatte Asahi Drel überhaupt
landen können und das alte Schiff ließ sie alle nicht im Stich.
Am Ziel angelangt, bugsierte Jason Shillas Trage aus dem Gefährt und orientierte
sich. Er befand sich in einem kleinen Schuppen auf dem Landeplatz. Von allen
Seiten schwirrten Salven um das flache Gebäude herum. Ein Volltreffer,
und nichts bliebe von ihm und Shilla übrig.
Die Sukina entdeckte er gut zweihundert Meter von seinem Standort entfernt.
Zweihundert lebensgefährliche Meter.
Jason musste sich den Rebellen zu erkennen geben und hoffen, dass sie ihm Feuerschutz
gaben und ihn nicht gar einen Schritt vor der rettenden Schleuse versehentlich
erschossen.
»Wir können nicht
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