Rettungskreuzer Ikarus Band 028 - Welt der Adlaten
flüsterte Careena, »dachte Krshna wie du? Meinst
du, er hat ...?«
Es dauerte einen Moment, bis Anyada begriff, was ihre Freundin andeutete. Zuerst
wollte sie verneinen, aber dann machte sie bloß eine hilflose Geste. Konnte
es sein, dass es Krshna zu viel geworden war? Was wusste sie schon über
die Gefühle und Gedanken, die sich hinter dem gelassenen Lächeln verborgen
hatten? Sie hatte immer geredet – nicht Krshna. Über ihren eigenen
Kummer hatte sie ganz vergessen, dass er unter derselben Schuld litt, und sie
hatte ihn nie gefragt, ob er darüber sprechen mochte.
»Ich weiß es nicht ... Es sah wie ein Unfall aus. Wenn es keiner
war ..., warum dann auf diese schreckliche Weise?«
»Vielleicht wollte er damit Buße tun. Schmerzen für die Schmerzen,
die die Opfer empfunden hatten.«
Anyada schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich weiß
bald gar nichts mehr.«
Wieder berührte Careena sacht ihre Schulter. »Das ist ganz normal.
Es ist einfach zu viel passiert in letzter Zeit. Du solltest dich ein wenig
hinlegen. Nach deiner Ohnmacht darfst du dir nicht zu viel zumuten. Ich werde
hier weiter machen, und du schläfst dich gründlich aus. Glaube mir,
nach einigen Stunden Schlaf, einer heißen Dusche und einem starken Kaffee
fühlst du dich wieder besser. Vielleicht solltest du, was dich bewegt,
niederschreiben. Das hilft auch. Aber ruh dich erst einmal aus. Denk daran,
wir brauchen dich frisch und munter. Wenn du abgelenkt bist und Fehler begehst,
kannst du niemandem von Nutzen sein.«
»Du hast Recht, Careena. Ich sollte mir etwas Ruhe gönnen. Nach einer
Pause kann ich sicher klarer denken und die Arbeit wieder aufnehmen. Wir müssen
den Lediri helfen und damit der ganzen Galaxis. Zwar werden Nadir und ich wohl
unsere Schuld nie abtragen und uns selbst auch nicht vergeben können, aber
vielleicht vermögen wir diesmal Leben zu retten.« Anyada erhob sich
und zwang sich zu einem dünnen Lächeln. »Danke für deine
Worte – und für den Kaffee.«
Mit schweren Schritten suchte Anyada ihre Unterkunft auf. Ihre Füße
waren bleischwer, und sie fühlte sich unbeschreiblich müde.
Fehler.
Wie viele hatte sie begangen, von denen sie die Auswirkungen gar nicht kannte?
Ymü-Tepe war der schlimmste gewesen, und darüber würde sie nie
hinweg kommen. Wie viele würden ihr noch unterlaufen? Welche Opfer würden
andere ihretwegen bringen müssen?
Nutzlos.
Waren ihre Forschungen wirklich von Nutzen gewesen? Hatte sie sich nicht
oft genug in einer Sackgasse wieder gefunden, von vorn beginnen oder ein Projekt
ganz aufgeben müssen? Nun hatte man ihr eine Chance gegeben zu beweisen,
dass sie mehr konnte, als Unschuldige zu töten. Aber vielleicht unterliefen
ihr wieder Fehler, und wegen ihres Versagens scheiterte die Mission.
Frei sein von Schmerz und Schuld.
Ob Krshna ähnliche Gedanken gehabt hatte, bevor ... es ... passierte?
Eine Maschine überlasten, dass sie explodierte. Wer sich damit auskannte,
konnte so für einen schnellen Tod sorgen, dem selbst ein Unsterblicher
nicht zu entrinnen vermochte. Wäre es nicht das Einfachste, es Krshna gleich
zu tun? Dann wäre sie für niemanden mehr ein Risiko, würde keine
Fehler begehen. Welches Recht hatte sie auf ihr nutzloses Leben, wo so viele
gute Menschen ihretwegen hatten sterben müssen?
Fehler.
Nutzlos.
Frei von Schmerz und Schuld.
Anyada spürte nicht mehr, wie sie in ihr Bett fiel.
6.
»Ich habe geschlafen«, sagte Pakcheon. Sein langes Haar ringelte sich
feucht auf nackten blauen Schultern als Zeichen dafür, dass er tatsächlich
geruht haben musste und von dem Funkspruch aus der Dusche geholt worden war.
»Ich erinnere mich, dass Sie erwähnten, dass Sie auf starke Emotionen
wie Schmerz, Todesangst und Hass reagieren«, erwiderte Sentenza. »Haben
Sie wirklich nichts bemerkt?«
Weenderveen beobachtete die beiden Männer neugierig. Der Vizianer wirkte
überrascht, leicht verlegen – und ehrlich. Sentenza hingegen konnte
nur mühsam verbergen, wie sehr es ihm widerstrebte, Unterstützung
von einem Fremden, dazu einem Telepathen, zu erbitten.
»Das ist richtig, aber nur, wenn ich mich in unmittelbarer Nähe der
Person befinde, von der die Empfindungen ausgehen, oder wenn ich Sie sehr gut
kenne«, erklärte Pakcheon. »Captain Sentenza, wir sind keine
Telepathen in dem Sinn, dass man uns einsetzen könnte als Wächter,
Spione ... oder
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