Rettungskreuzer Ikarus Band 029 - Tod den Unsterblichen
äußerst nützlicher Quell an Informationen.
Es war gar nicht so schlimm gewesen, sich unter die Primitiven zu mischen.
Eigentlich war es hauptsächlich die Aufregung gewesen, die ihn etwas nervös
hatte sein lassen. Das Unbekannte, die beunruhigende Vorstellung, sich plötzlich
unter so vielen verschiedenen Lebensformen zu befinden, die Sorge, unkorrigierbare
Fehler zu begehen ... Er wusste selbst nicht genau, was ihn anfangs am meisten
zugesetzt hatte. Kaum war der Kontakt hergestellt gewesen, hatten sich all die
Befürchtungen nach und nach verflüchtigt.
Ihm war nichts passiert. Natürlich nicht . Die Primitiven behandelten ihn wie einen der ihren und machten auch kein großes Aufheben
darum, dass er ihre Gedanken lesen konnte. Sicher, es gefiel ihnen nicht –
einige machten keinen Hehl daraus –, aber sie vertrauten darauf, dass er
seine Möglichkeiten nicht missbrauchte. Das sprach für diese Leute,
die vielleicht doch nicht gar so primitiv waren, wie er angenommen hatte.
Zweifellos empfand es auch Shilla als vergnüglich, unter diesen Menschen
zu weilen. Sie war schließlich seine Schwester im Geist ; sie waren
einander ähnlicher als eineiige Zwillinge, und so konnte er auch ahnen,
was sie empfunden hatte, als sie auf Sentenza und die anderen traf.
Pakcheon fand die Primitiven sympathisch und wollte ihnen helfen.
Vor allem Junius Cornelius.
Der Botschafter der Conföderation Anitalle gehörte nicht zur Crew
der Ikarus und auch nicht zum Wissenschaftler-Team. Das machte ihn zu
einem Fremden, fast so wie Pakcheon. Spontan hatte er sich Cornelius verbunden
gefühlt.
Seit Pakcheon Cornelius' Geist berührt hatte, war er wahrlich fasziniert
von den vielen Widersprüchen in dem elegant verschlungenen Muster, den
brillant schillernden Farben, den starken, ehrlichen Emotionen, der Sensibilität,
die es einem Telepathen leicht machte, Kontakt aufzunehmen.
Es waren keine leeren Worte gewesen, als Pakcheon erklärt hatte, Cornelius
wäre sehr empfindsam – auch wenn ihm keiner hatte glauben wollen,
Cornelius am wenigsten. Ihm war nicht einmal bewusst, wie schnell er sich auf
Pakcheon eingestellt hatte und dass sie miteinander fast ausschließlich
mental kommunizierten. Dabei hörte Pakcheon Cornelius' melodischen Tenor
sehr gern.
Zu Pakcheons großer Freude schätzte Cornelius seine Gesellschaft,
auch wenn er mitunter nicht wusste, wie er mit den ungewohnten Emotionen umgehen
sollte, die teils von den Pheromonen ausgelöst wurden, teils einen anderen Ursprung hatten. Es war besonders reizvoll, ihn gelegentlich damit zu necken
und in Konfusion zu stürzen. Stets errötete Cornelius, und sein Gedankenmuster
mäanderte noch viel farbintensiver. Pakcheon war immer wieder aufs Neue
entzückt.
Je besser er Cornelius und die anderen kennen lernte, umso schwerer fiel es
Pakcheon, von den Menschen als Primitive zu denken. Die Vizianer waren
überheblich geworden, obwohl sie nichts über die Außenweltler
dieses Zeitalters wussten, und das war ein Fehler. Ihnen entging so vieles.
Da sie mit sich und ihrer Kultur zufrieden waren, ahnten sie gar nicht, welch
ein bunter Kosmos darauf wartete, von ihnen entdeckt und erforscht zu werden.
Pakcheon wollte alles daran setzen, den Senat davon zu überzeugen, dass
die Vizianer ihre absolute Isolation aufgaben, um nicht den Realitätsbezug
zu verlieren und endlich wieder neue Impulse zu erhalten.
Das musste jedoch noch warten.
Captain Sentenza hatte von Dr. Anande eine Übersicht erhalten, in welche
Schichten die Wissenschaftler eingeteilt worden waren, in welchen Laboratorien
sie ihren Aufgaben nachgingen und wo ihre jeweiligen Quartiere zu finden waren.
»Dr. Wiland hatte vor zwei Stunden Dienstschluss«, las Sentenza auf
dem Memopad. »Sie wird jetzt vermutlich in ihrem Zimmer sein. Probieren
wir es dort zuerst.«
Es dauerte eine Weile, bis das Summen eine Reaktion hervor rief.
Pakcheon betrat nach Sentenza und Cornelius den Raum. Er schnupperte. Wonach
roch es hier?
Süß. Berauschend.
Was war das? Die Parfums der Frauen, das After Shave der Männer und sonstige
Pflegeprodukte hatten eine gänzlich andere Note.
Dr. Wiland lag im Bett, den Signalgeber für das Schott in der Linken, und
blinzelte sie verschlafen an. »Verzeihung«, sagte sie und gähnte,
»ich habe geschlafen.« Mühsam unterdrückte sie ein zweites
Gähnen. »Und nicht mit Besuch gerechnet. Was kann ich für
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