Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen
Rundgang durch den Säulengang,
begleitet wie immer von zweien seiner eigenen Wache.«
»Unserer Wache, Bruder Tobias«, warf der Erzprior mit leicht tadelndem
Ton ein. »Die Fedayin sind ein Teil dieser Kirche so wie wir alle.«
»Mit zweien der Fedayin, die Prior Asiano mitgebracht hatte«, verbesserte
Tobias sich hartnäckig. »Eine Gruppe meiner Schüler stand im
Hof beisammen und diskutierte angeregt ein Thema von großer dogmatischer
Wichtigkeit. Sie waren so sehr darin gefangen, dass sie es versäumten,
Prior Asiano einen Gruß zu entbieten.«
Bruder Alfar hatte längst vergessen, dass er nicht lauschen wollte. Er
hob eine Augenbraue und stellte sich die Situation vor, die Tobias beschrieben
hatte. Eine kleine Unhöflichkeit von Seiten der Schüler, aber durchaus
verständlich. Er selber war immer froh, wenn er die jungen Leute in angeregtem
Gespräch über Themen der Kirche sah. Es gab ihm, allen größeren
Entwicklungen zum Trotz, ein gutes Gefühl für die Zukunft.
»Hat Prior Asiano sich beschwert?«, fragte nun Decorian nach, dessen
Gedanken wohl in die gleiche Richtung gingen.
»Nein, er nicht. Er setzte seinen Rundgang fort und verlor kein Wort darüber.
Aber zwei Stunden später, kurz vor der Mittagsmesse, wurden meine Schüler
auf dem Weg von der Bibliothek von vier seiner Fedayin aufgehalten. Sie fingen
sie in einem Gang ab und drängten sie dort zusammen.« Anscheinend
kam Prior Tobias einem weiteren Einwand zuvor, denn er sprach schnell weiter
und hob dabei die Stimme. »Ich weiß, dass das ein hartes Wort ist,
aber genauso haben meine Schüler es empfunden und mir berichtet. Und ich
glaube ihnen. Dann drohten die Fedayin meinen Schülern.« Er ließ
die Worte einen Moment im Raum hängen und sie lasteten schwer in der Stille.
»Sie sagten, wenn sie noch einmal den gebührenden Respekt für
Asiano vermissen lassen würden, dann würde es nötig werden, dass
man ihnen eine Lektion in Demut erteilen müsse. Eine nachhaltige Lektion,
die sie nicht vergessen würden. Ihre Blicke und ihr Tonfall ließen
dabei wohl keinen Zweifel offen, was für eine Art von Belehrung sie sich
vorstellten.«
»Und du bist dir sicher, Bruder, dass deine Schüler nicht in jugendlichem
Eifer einen gut gemeinten Rat als mehr interpretiert haben, als er wirklich
war?« Die Stimme des Erzpriors war ruhig und väterlich. »Auch
in unseren Eleven fließt das Blut der Jugend schnell und wild. Sie mögen
eine Bedrohung sehen, die das weisere Auge des Alters als das erkennt, was sie
wirklich ist: eine hilfreiche Belehrung, vielleicht vorgebracht mit mehr Inbrunst,
als nötig gewesen wäre.«
» Inbrunst , ja«, nahm Prior Tobias das Wort auf. Er klang nicht
beruhigt. »Vier Fedayin, die drei Schüler inbrünstig zu
mehr Respekt auffordern. Und nicht nur das – ein paar meiner älteren
Schüler werden immer wieder bedrängt, ihren Weg innerhalb der Kirche
noch einmal zu überdenken und sich lieber den Fedayin anzuschließen.
Auch hier zeigen die Leute von Prior Asiano – wohlgemerkt nur die neuen,
nicht jene, die noch unter Hargin Flech Dienst taten – einige Inbrunst bei der Beratung.«
Der Erzprior schien die Worte von Prior Tobias nun ernster zu nehmen.
»Ich werde mit Prior Asiano sprechen, Bruder. Bitte beunruhige dich nicht.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es eine Erklärung für diese fraglichen
Vorfälle gibt und sicherlich wird Prior Asiano uns beide beruhigen können.
Vielleicht nehmen einige seiner Fedayin ihre Aufgabe etwas zu ernst in diesen
schweren und bewegten Zeiten. Wir sind alle angespannt wegen der Geschehnisse
und haben viel erlitten. Ich werde Prior Asiano bitten, die Fedayin zu etwas
Mäßigung aufzurufen.«
»Dafür wäre ich Euch sehr dankbar, Ehrwürden.« Tobias
erhob sich, dann schien er zu zögern. Er sprach jetzt deutlich leiser und
Bruder Alfar merkte nicht einmal selber, dass er sich anstrengte, ihn zu verstehen.
»Ehrwürden, ich bin mir bewusst, dass Ihr in diesen Tagen sehr viele
wichtige und bedeutende Aufgaben habt, denen Ihr Eure Aufmerksamkeit schenken
müsst. Fragen und Entscheidungen von großer Tragweite. Die kleineren
Dinge des Alltages hier in unserer Gemeinschaft wirken dagegen zwangsläufig
unbedeutend und jeder hat dafür Verständnis. Doch erlaubt mir ...
nun ... jemand sollte Euch vielleicht darüber in Kenntnis setzen, dass
viele unserer Brüder und Schwestern sehr
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