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Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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besorgt sind. Wegen dieser Inbrunst
der Fedayin unter der Leitung von Prior Asiano. Es würde viele Herzen erleichtern,
wenn Ihr mit einem weisen Wort bei ihm Gehör fändet.«
    »Ich werde mit ihm reden, Bruder. Du kannst nun gehen.«
    Bruder Alfar hörte schwere Schritte, dann ging Tobias an seinem Tisch vorbei
und verließ des Scriptorium. Langsamer, nicht mehr so voller Zorn, aber
die breiten Schultern angespannt und den Rücken allzu gerade.
    In der Kammer neben Alfars Platz herrschte danach lange Zeit nichts als Stille.

    Kentnoks Verstand, den er irgendwo in der Fabrikhalle 1 zurückgelassen
hatte, schloss erst wieder zu ihm auf, als er in seiner kleinen Wohnküche
am Tisch saß. Die späte Abendsonne des langen Tages fiel durch das
Fenster bis hin zu dem großen Esstisch. In dem goldenen Strahl lag, gebettet
auf eine dicke Serviette, die Kugel. Kentnok saß da, die Hände in
seinem Schoß gefaltet, den Rücken gebeugt und starrte sie reglos
an. Er war schlichtweg gelähmt vor Angst. Was hatte er bloß getan?
Für dieses sonderbare Objekt, das in der einfachen Umgebung seiner Küche
nicht wichtiger aussah als ein Extra aus einer Frühstückstörtchenpackung,
hatte er alles riskiert, was er hatte. Seine Stellung, sein Einkommen, den guten
Willen seiner Familie, ja vermutlich sogar seine Freiheit. Denn wenn sein Diebstahl
aufgedeckt wurde, würde er mit Sicherheit keinen Fürsprecher finden.
Er hatte die Situation lebhaft vor Augen:
    »Erklären Sie dem Gericht doch noch einmal, warum Sie eines der
bedeutenden und für unseren Wohlstand so wichtigen Artefakte gestohlen
haben. Aus verletztem Stolz, aus Frustration über Ihre eigene Unfähigkeit
und Faulheit und weil Ihr Vorgesetzter Ihre Ikarus-Sammelkarte zerbrochen hat?«
    Oh ja, damit würde ganz sicher einen Freispruch erzielen.
    Kentnok schluckt schwer, griff nach einem Keks und steckt ihn sich in den Mund,
ohne seine Augen von der Kugel zu nehmen. Und wofür hatte er das getan?
Für einen Briefbeschwerer. Die Kugel tat gar nichts, weniger noch als die
Maschinenmonstren in Fabrikhalle 1, die zumindest blinkten und Praahl produzierten. Dieses Artefakt mochte viele verborgene Fertigkeiten haben, aber
es zeigt natürlich keine davon. Es hatte auch keinen Knopf, keinen Regler,
keinen Schalter, um es zu aktivieren. Konnte es sein, dass die Maschine einen Fehler gemacht hatte? Das sie aus irgendwelchen Resten, die in ihrem Inneren
geklebt hatten, in einer vierwöchigen Selbstreinigung einen kugelrunden
klumpen Altmetall gebastelt hatte, wie den traditionellen Restestew bei Schluttnick-Großfamilien?
Alles, was das Ding anscheinend konnte, war schwer auf der Serviette zu liegen
und für Kentnok wie eine Unglücksbotschaft auszusehen.
    Und wenn er versuchte, es unauffällig wieder zurück zu bringen? Er
hatte ja selber gedacht, dass es mit ein wenig mehr Schwung leicht unter der
Werkbank hätte verschwinden können. Wenn er es dort platzierte, ungesehen
und unauffällig, dann mochte er sogar noch eine Belohnung dafür bekommen,
dass er es bei seinem nächsten Besuch zufällig entdeckte. Eine kleine
Belobigung, etwas, was Tandruks Abneigung gegen ihn milderte (wobei man vom
Schicksal nicht zu viel erwarten durfte) oder ihm einige persönliche Dankesworte
vom Direktor einbrachte. Natürlich würde er warten müssen, bis
er wieder etwas in Fabrikhalle 1 zu tun hatte, aber das konnte nicht allzu lange
dauern.
    Kentnok begann Hoffnung zu schöpfen und sich an dem Gedanken zu erwärmen
(die verblüfften Gesichter der Arbeiter, wenn er die Kugel unter der Werkbank
hervor holte, Tandruks wunderbares Schweigen, ein Blick auf die berüchtigte
Suppe des Direktors), als ihm plötzlich einfiel, warum das so nicht funktionieren
konnte.
    Es wurde vielleicht gar kein Artefakt vermisst.
    Zumindest konnte er das nicht wissen. Hatten die Techniker irgendwie bemerkt,
dass die Maschine aufgehört hatte, etwas zu produzieren und das Ergebnis
gesucht? Wussten sie, dass Kentnok als Letzter im Raum gewesen war? Würden
sie es schaffen, Eins und Eins zusammen zu zählen? Oder waren sie blindlings
durch ihren Plan gestürmt und froh darüber, dass niemand sie beobachtet
hatte?
    Diese Fragen brachten Kentnok in eine schwierige Situation. Wenn der Diebstahl
schon aufgedeckt war und er die Kugel nicht rechtzeitig zurück brachte,
dann war er dran. Wenn er sie aber unter die Werkbank legte und dabei

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