Rettungskreuzer Ikarus Band 037 - Nemesis
verwandelte.
Ja, das waren wieder vertraute Gefühle, damit konnte er umgehen.
»Dann sollten wir nicht länger warten.«
Die Situation war kritisch. Gerade hatte Joran seinen letzten lebenden Offizier,
der noch zu ihm gehalten hatte, erschießen müssen. Denn auch dieser
hatte es gewagt, auch nur anzudeuten, dass eine Kapitulation möglicherweise
das Beste für die verbliebenen Meuterer wäre. Was interessierten ihn
diese Männer und Frauen? Sie hatten sich damals dafür entschieden,
mit ihm in den Kampf um die Herrschaft der Galaxis zu ziehen, und jetzt, wo
es nicht ganz so optimal lief, wollten sie den Schwanz einziehen.
Joran hatte nichts üblich für Schwächlinge. Sie gehörten
ausgemerzt, und so lange er dazu noch in der Lage war, würde er für
die mentale Reinheit seiner Gefolgschaft angemessen Sorge tragen. Wie gut, dass
die Outsider solchen psychischen Schwankungen nicht unterlagen. Sie beschwerten
sich nicht einmal darüber, dass sie von ihren Artgenossen allein gelassen
worden waren! Sie verstanden, dass der Einzelne sich dem Großen Ganzen
zu unterwerfen hatte. Die Outsider folgten seinen Befehlen klaglos, und das,
obgleich niemand mehr an Bord war, der ihnen etwas übersetzen konnte. Dies
hatte aber nur zur Konsequenz, dass die Outsider nicht mehr zu ihm sprachen,
verstehen konnten sie jedoch durchaus. Manchmal hatte Joran den Eindruck, dass
die Invasoren Angst hatten und alles taten, um Joran aus der Patsche zu helfen,
damit sie selbst nicht das Opfer dieser unheilvollen Grey wurden, deren Kräfte
in der Lage waren, Outsider schnell und effizient zu töten.
Die Beweggründe der Invasoren waren Joran letztlich natürlich herzlich
egal. Sie taten, was man ihnen sagte, und das genügte ihm.
»Herr, der Feind versucht erneut, mit uns Kontakt aufzunehmen«, meldete
ihm jetzt ein besonders unterwürfiger Mannschaftsangehöriger. Er warf
dabei durchaus furchtsame Blicke auf die Leiche des Offiziers. Joran war das
nur recht; Angst war eine hervorragende Methode, um Disziplin zu erzeugen.
Seitdem die Bastarde unter der Führung dieses Nichts von Sentenza angedockt
hatten, war kein Versuch mehr unternommen worden, ihn zur Kapitulation aufzufordern.
Wahrscheinlich hatte auch ein von generationenlangem Inzest geprägter Abschaum
wie Sentenza verstanden, dass jemand von kaiserlichem Geblüt und mit einer
Mission von epochaler Bedeutung sich durch derlei Rückschläge nicht
aus dem Gleichgewicht bringen ließ.
Tatsächlich könnte es recht amüsant sein, sich das Gewinsel dieses
Drecks eine Weile anzuhören und dann mit ein paar wohl platzierten Beleidigungen
Reaktionen zu provozieren, die hoffentlich einige seiner Feinde in die vorbereiteten
Fallen führen würden. Ja, das hatte was. Der Gedanke gefiel Joran.
Er winkte lässig.
»Dann wollen wir sie nicht warten lassen. Verbindung herstellen!«
Auf der Holografie entwickelte sich ein Bild. Insgeheim hatte Joran eigentlich
Sentenza oder irgendeinen Fuzzi von diesem albernen Raumcorps erwartet. Aber
der Mann, den er jetzt sah, war ihm unbekannt. Nein, Moment: Er war ihm doch
schon einmal begegnet. Ein Admiral des Multimperiums, ohne Zweifel. Die Erinnerung
wurde konkreter: Hatte sein Vater nicht kürzlich die Ernennung eines neuen
Admiralstabschefs bekannt gegeben?
»Ich bin Streng Freiherr von Lerk«, stellte sich der Mann nun vor,
»der Oberkommandierende der Streitkräfte des Galaktischen Multimperiums
und Sonderbeauftragter Seiner Majestät, des Imperators.«
»Aha«, machte Joran. Er war nun doch ein klein wenig aus dem Konzept
gebracht und überlegte eine Sekunde, die Verbindung einfach wieder zu unterbrechen.
Da man ihm dies aber als Schwäche auslegen würde, unterdrückte
er diesen Impuls sofort wieder.
»Will mein Vater sich bei mir für die ungerechte Behandlung entschuldigen,
die mir zuteil wurde?«, fragte er dann herrisch. »Ich bin geneigt,
Milde gegenüber ihm walten zu lassen, wenn er mich in meine Ämter
und Würden wieder einsetzt.«
Streng ließ sich nicht anmerken, was er von dieser absurden Äußerung
hielt. Er blieb kühl und distanziert.
»Ein faszinierender Vorschlag, wenngleich sicher einer zur falschen Zeit.
Euer Vater, der Imperator, hat mir aufgetragen, den Vertretern der Allianz im
Vortex-System mitzuteilen, dass die Erbfolge des Multimperiums neu geregelt
worden ist.«
Joran kniff die Augen zusammen. »Neu geregelt? Da gibt
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