Rettungskreuzer Ikarus Band 038 - Urlaub auf Shahazan
Unregelmäßigkeiten, die verschweißten und angeflanschten Teile
und Nähte wurden zwar beim Näher kommen deutlich sichtbar, verminderten
aber nicht den Eindruck einer unwirklichen Leichtigkeit, beinahe Zerbrechlichkeit
dieses Raumers. Allein was dieses Schiff gekostet haben mochte, überstieg
mein Vorstellungsvermögen gewaltig. Aber was kümmerte mich das! Bald
stünde ich dem Professor persönlich gegenüber, erforschten wir,
sozusagen Hand in Hand, ferne Planeten, fremde und uralte Kulturen. Wie schon
gesagt: total naiv. Bis ich den Professor das erste Mal in Persona traf, vergingen
Monate. Monate, die wir sechs, gemeinsam mit drei älteren Doktoren, in
den perfekt ausgestatteten Laborräumen mit den modernsten Gerätschaften,
die damals erhältlich waren, verbrachten und versuchten, uns auf das Bevorstehende
vorzubereiten.
Was es war, das uns bevorstand? Das wusste keiner. Tress, Balnar und Clero,
die drei Alten wussten so wenig wie wir Neuen , und obwohl wir
ein grundsätzlich gutes Verhältnis untereinander hatten, blieben die
drei meist unter sich. Einzig die Missbilligung der Informationspolitik des
Professors war etwas, was uns wirklich gemeinsam war. Tress meinte einmal, dass
das schon immer so war und sich wohl auch nie bessern würde. Wäre
da nicht die Aussicht auf weitere großartige Forschungsfelder, es hätte
kaum jemanden länger als unbedingt notwendig unter Uelands Führung
ausgehalten. Vielleicht sollte diese Nichtinformation, diese extreme Abgrenzung
auch in der Gruppe und zwischen den einzelnen Mitgliedern den Ehrgeiz wecken,
etwas zu entdecken, was wiederum so interessant gewesen wäre, dass der
Professor selbst sich eingeschaltet hätte.
Das hätte sicher auch funktioniert, wenn es denn etwas zu erforschen gegeben
hätte. So blieb uns nichts, als die diversen Systeme anhand der bekannten
Kartenmaterialien zu untersuchen. Umlaufbahnen, Solarstände und Trabanten
... - eben alles, woraus man eventuell hätte schließen können,
eine Biosphäre vorzufinden.
Nach welchen Kriterien die Ueland sich zwischen den Sternen bewegte,
erschloss sich uns nicht. Kontakt zur Mannschaft bestand ebenfalls kaum. Im
Gegensatz zu den ausschließlich humanoiden Forschern und der Köchin
war die Crew, inklusive der leitenden Positionen, mit Chitoen besetzt. Und ihr
könnt euch vorstellen, dass von beiden Seiten nicht wirklich Beziehungen
gesucht wurden. Ich hab schon viele außergewöhnliche Lebensformen
erlebt und mit den unterschiedlichsten Lebewesen zusammen gearbeitet, aber zwei
Meter große Insekten? Ich weiß nicht, wie wir ihnen erscheinen,
aber mich erschrecken diese dreieckigen Köpfe mit den schwarzen Facettenaugen,
den flachen Atemlöchern und den immer schleimig glänzenden Saugrüsseln
jedes Mal aufs Neue, und ich war froh, ihnen nicht häufiger begegnen zu
müssen. Was soll man auch von jemandem halten, der den allgegenwärtigen
Nährbrei unwiderstehlich findet? Ueland wird seine Gründe für
eine derartige Mannschaft haben, und sie sind ja gerade in den Elektronikbereichen
tatsächlich Meister im Entdecken von Fehlern oder Störungen. Daraus
resultierten dann auch die wenigen unvermeidlichen Treffen: Wenn eines unserer
hochsensiblen Geräte nicht funktionierte und selbst Balnar, der sich intensiv
mit den Gerätschaften beschäftigt hatte, nicht mehr weiterkam, tauchte
unvermittelt ein Chitoe auf und begann, mit seinen dürren Gliedmaßen
zwischen und an den Leitungen und Kontakten in einer solchen Geschwindigkeit
zu arbeiten, dass einem schwindelig werden konnte. Dass er dazu auch noch den
Oberkörper abknickte und außerhalb der Schaltschränke nur noch
der Unterleib mit den vier Laufgliedern zu sehen war, trug auch nicht unbedingt
zum Wohlbefinden während derartiger Wartungsarbeiten bei. Aber irgendjemand
musste immer dabei sein, um im Anschluss sofort entsprechende Funktionsprüfungen
vorzunehmen, und wir waren recht bald dazu übergegangen, Lose zu ziehen.
Natürlich gab es nie Probleme mit der Arbeit der Chitoe; jedes von ihnen
gewartete Gerät war, nachdem sie sich damit beschäftigt hatten, wieder
voll funktionsfähig und in tadellosem Zustand.
Recht bald stellte sich im täglichen Ablauf eine gewisse Routine ein. Die
freie Zeiteinteilung erlaubte allen, sich einen, den persönlichen Bedürfnissen
angepassten, Rhythmus anzugewöhnen. Aufstehen, die umfangreichen Sport-
und
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