Rettungskreuzer Ikarus Band 039 - Ehrliche Geschäfte
passiert war, sie musste sich auf das Wesentliche konzentrieren. Das Leben ging weiter. Wieder einmal war sie knapp davon gekommen, andere dagegen nicht, und wiederholt fragte sie sich:
Was habe ich falsch gemacht? Was nur?
Und was ist bei uns los?
Die Sorge, dass etwas erschreckend falsch war, ließ sich einfach nicht unterdrücken.
Die Sicherheitsleute hatten eine kurze Befragung vorgenommen, die Taisho reichlich schlampig – um nicht zu sagen: inkompetent fand. Obwohl er außer den Chitoen der einzige Zeuge war, der die Entführung aus der Nähe beobachtet hatte, wurde er nach einem oberflächlichen Gespräch schnell wieder entlassen. Nicht dass er sehr viel mehr hätte erzählen können, doch schon dem Wenigen wurde nur ungeduldig zugehört. Die Männer und Frauen, die weiter weg gestanden hatten, wurden noch eiliger abgefertigt. Einige wussten gar nicht, was geschehen war, da sie – kaum zu glauben! – zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen waren.
Der Offizier und seine Kameraden schienen genauso hyperaktiv wie die Wartenden zu sein, doch statt mit dieser Energie ihren Job zu erledigen, wirkten sie unaufmerksam, sogar desinteressiert, als ob sie notgedrungen ihren Auftrag erledigten, obwohl sie sich viel lieber unter die Reisenden gemischt und mit ihnen Tirlath VII verlassen hätten.
Taisho konnte dieses Verhalten nicht begreifen. Kannte der Sicherheitsdienst die Entführer? Hatte man Angst, sich mit ihnen anzulegen? Waren sie gar der Grund für den Exodus? Oder gab man sich bei der Aufklärung des Falls keine Mühe, weil lediglich eine Fremde verschleppt worden war? Womöglich war die Befragung reine Makulatur, und die Aufzeichnungen würden sogleich unter anderen Akten begraben und vergessen sein.
Es war nicht einmal notwendig gewesen, das Funkgerät und den Strahler zu verstecken, wie Jason geraten hatte. Niemand durchsuchte ihn, obwohl die Kameras sicher ein Bild von seinem Equipment aufgenommen hatten. Selbst die Kontrolle der Frachtpapiere vor ein paar Tagen war gründlicher gewesen. Das durfte es doch einfach nicht geben!
Keiner der Sicherheitsleute erhob Einwände, als Taisho bat, mit Na'ila reden zu dürfen. Die Tänzerin war von anderen Personen abgeschirmt worden, so dass sie nur die Landung des schwarzen Boots bemerkt, dem aber keine Bedeutung beigemessen hatte, schließlich landeten und starteten ständig Schiffe von einem Raumhafen; und lag ein Notfall vor, dann halt schneller als gewöhnlich.
Auf die plötzlichen Reise angesprochen, hatte Na'ila für einen winzigen Moment verdutzt ausgesehen. Doch dann erklärte sie mit einem strahlenden Lächeln, dass sie und Ra'ven sich spontan dazu entschlossen hatten, Tirlath VII zu verlassen, und dass ihr Freund jeden Moment eintreffen müsse.
»So plötzlich?«, fragte Taisho. »Aber was ist mit euren Plänen …«
»Die können wir auch auf einer anderen Welt verwirklichen – auf einer viel schöneren Welt. Findest du nicht, dass Marin ein langweiliger Planet ist, der jungen Menschen nur wenige Möglichkeiten bietet? Anderswo werden wir sicher mehr gebraucht.« Na'ila nannte Tirlath VII wie alle Siedler bei seinem Eigennamen.
»Trotzdem«, bohrte Taisho weiter. »Gestern habt ihr gar nichts davon erzählt. Eine solche Reise ist ein richtiger Neuanfang. Man benötigt Zeit, um zu planen, alle notwendigen Dinge zu besorgen, seine Angelegenheiten zu regeln, sich von Freunden zu verabschieden … Und die anderen Leute, haben die sich etwa auch so spontan dazu entschlossen?«
»Diejenigen, mit denen ich mich unterhalten habe, schon. Lustig, nicht wahr?«
Nein, verdammt merkwürdig! , fand Taisho. »Und wohin soll die Reise gehen?«
Erneut wirkte Na'ila verwirrt, antwortete aber fest: »Erst einmal fort von hier. Wir haben uns noch nicht entschieden, doch der richtige Planet wird sich schon finden.«
Mehr konnte Taisho nicht aus ihr heraus bekommen, da sie sich bereits wieder jemand anderem zuwandte und ihn nicht länger beachtete. Dabei war sie gestern noch so aufmerksam, zuvorkommend und zärtlich gewesen. Es war fast, als hätte er gerade mit einer ganz anderen Frau gesprochen. War ihr der Abend im Nachhinein etwa peinlich, und sie fertigte ihn deshalb so kurz angebunden ab? Taisho konnte es nicht glauben. So einfach war die Lösung bestimmt nicht. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Auf dem Weg zur Celestine entdeckte Taisho Ra'ven unter einer Gruppe neu eingetroffener Reisender. Taisho winkte ihm zu, aber der andere Mann reagierte bloß mit einem
Weitere Kostenlose Bücher