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Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt

Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Tätigkeiten … Botero nahm viele dieser Informationen gar nicht bewusst
auf. Dann kam er aber zu den aggregierten Kommunikationsaufzeichnungen. Wenn
Tausende und Abertausende von Nanosonden willkürlich Gespräche aufzeichneten
und die Aussagen miteinander korrelierten, dann bekam man ein Interaktionsmuster.
In einer normalen, nicht von einem gleichschaltenden Virus befallenen Gesellschaft
entwickelten sich eine Vielzahl von gesellschaftlichen Clustern, die grafisch
abgebildet werden konnten – Gruppen, Bewegungen, Strömungen, Interessen,
Absichten, Meinungen, alles, was eine frei interagierende und vor allem in sich
Konflikte austragende Gesellschaft ausmachte. Auf der Kasernenwelt war das anders:
Es bildeten sich kaum Cluster, alles war eine lange, langweilige, einheitliche
Linie, Abbild einer auf künstliche Weise völlig stratifizierten Gesellschaft,
in der alle im Prinzip die gleichen Ziele, Werte und Philosophien vertraten
– und bei denen kleine Ausrutscher gigantische Spikes in der Gesamtdarstellung
auslösten.
    Es waren diese Spikes, die Boteros Aufmerksamkeit fesselten. Er hatte zwei gefunden
und die Nanosonden darauf konzentriert. Schnell war ihm deutlich geworden, dass
es Abweichungen vom genügsamen Einerlei der Infizierten gab. Es lebten
dort kleine, aber statistisch signifikante Gruppen von Lebewesen, die offenbar
nicht dem Mainstream entsprachen. Und diese Gruppen waren oft isoliert. Dennoch
konnte Botero zwei distinkte Lager ausmachen.
    Er wusste nicht, dass er soeben die Schlechtgelaunten und die Erleuchteten identifiziert
hatte. Doch als er schließlich merkte, dass eine Gruppe in der Totalität
ihrer Ansichten und einer auf eine einzige Autorität zugeschnittenen Struktur
vom Rest der Mehrheitsgesellschaft gar nicht so deutlich unterschieden werden
konnte, hatte er gefunden, worauf er so sehr gehofft hatte.
    Es war immer gut, Verbündete zu haben, fand Botero. Vor allem, wenn er
sie benutzen konnte.
    Er konzentrierte sich auf diese Gruppe, sammelte weitere Informationen und fand
schließlich, wen er suchte: ein Individuum namens Josfan.
    Botero lächelte. Es schien, als würden diese Individuen, obgleich
gegen den Virus immun, auf eine Art Erlöser warten, einen Gesandten der
Sammler, der Kallia, der sie an ihren rechtmäßigen Platz führen
würde: an die Spitze, die Herrschaft, die Macht. Und dieser Josfan meinte
mit 'sie' in erster Linie sich selbst.
    Boteros Lächeln wurde breiter.
    Eine Seelenverwandtschaft!
    Es war rührend.
     

5.
     
    Josfan wusste, dass er erwählt war. Wie sonst ließ sich seine exaltierte
Position unter den Erleuchteten erklären? Dies konnte ganz sicher nur auf
eine Vorherbestimmung zurückzuführen sein.
    Es gab nur wenige Momente, in denen er ein wenig in Erklärungsnot geriet.
Wenn allzu eifrige und neugierige Mitglieder seiner Sekte zu ihm kamen und viele
Fragen über die Sammler stellten, Fragen, die er doch eigentlich beantworten
können musste, sprachen ihre fernen Herren doch direkt zu ihm, um ihm Weisung
zu geben.
    Zumindest hatte er das hin und wieder behauptet.
    Um ehrlich zu sein, so musste er sich zugestehen, hatten die Sammler noch nie
zu ihm gesprochen. Oh, er hatte es durchaus versucht, mit großer Inbrunst
sogar. Er hatte sie um ein Zeichen gebeten, einen Hinweis, eine Bestätigung
seiner Stellung als Auserkorener. Leider waren die Sammler so entrückt,
wie sie sich auch den Gutgelaunten gegenüber verhielten: jeder wusste ,
dass es sie gab. Jeder war von ihrer Existenz nahezu überzeugt. Josfan
wusste, dass die Gutgelaunten gar nicht anders konnten. Aber einen Beweis gab
es dafür nicht, zumindest nicht direkt. Ihre Existenz hier auf der Kasernenwelt
war für viele Beweis genug, ihr beständiges Warten, der Auftrag. Doch
die Erleuchteten, die eben nicht zu den Gutgelaunten gehörten, brauchten
etwas mehr als das. Und es war die Grundlage von Josfans Herrschaft über
die kleine Gruppe, diese zusätzliche Legitimation zu gewähren.
    Und das fiel ihm manchmal nicht leicht.
    Daher war er auch recht misstrauisch, als die Stimme zu ihm zu sprechen begann.
    Direkt in sein rechtes Ohr.
    Seine erste Reaktion war gewesen, mit dem Zeigefinger in die Ohrmuschel zu greifen
und einen Reinigungsversuch zu starten.
    »Josfan!«, hatte die Stimme gesprochen.
    Leise, aber eindringlich. Nicht unsympathisch, bedrohlich, nein, eher lockend
und fragend. Hatte er sich das

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