Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt
entwickelter Infizierter
wusste, ließ ihn darauf schließen, dass sie sich für kurze
Zeit gefahrenfrei in dieser Umwelt bewegen konnten, aber bei längeren Aufenthalten
erkranken würden. Daher war dieses Gebiet, trotz der eklatanten Raumnot
auf der Kasernenwelt auch abgesperrt worden.
»Dr. Cortez, Sie bleiben an Bord«, entschied Sentenza. »Sonja,
Thorpa, wir ziehen leichte Umweltanzüge an, mit Atemmasken. Standardausrüstung.
Wir nehmen auch Waffen mit. Einen Kampfroboter aktivieren.«
Die Ikarus hatte seit geraumer Zeit solche Einheiten an Bord, auch, wenn
Anande der Ansicht war, sie würden seinen Medeinheiten nur den Platz wegnehmen.
Aber die Erfahrung war, dass man nicht genug Sicherheit haben konnte, vor allem
dann nicht, wenn man in der ganzen Galaxis so seltsame Dinge anstellte, wie
es die Crew der Ikarus gemeinhin tat.
Dann tauchten Wärmesignaturen auf.
Lebewesen, zwei Stück, die sich langsam, nahezu vorsichtig, der Ikarus näherten. Eine der farbig auf der Anzeige dargestellten Figuren hob grüßend
die Hand, dann blieben beide in respektvollem Abstand stehen.
»Das dürfte unser Empfangkomitee sein«, murmelte Sonja, die bereits
damit beschäftigt war, den Anzug überzustreifen.
Sie machten sich bereit für den Ausstieg.
»Eine großartige Sache! Ich bin so aufgeregt!«
Hetty tanzte von einem Bein auf das andere, wie man es von einer jungen Frau
erwartete – zumindest hätte man das von der 'ursprünglichen'
Hetty erwartet, der verwöhnten Tochter reicher Eltern. Diese Hetty hier
hatte mit jener jungen Frau nichts mehr gemein: Sie war massiv gebaut, mit deutlich
sichtbaren Muskelsträngen unter ihrem etwas eng sitzenden Overall, und
sie bewegte sich mit einer gewissen Geschmeidigkeit. Ihr Körper war in
den vergangenen Wochen vom Wanderlust-Virus – wie er trotz der Analyse
Dr. Anandes immer noch genannt wurde – umgestaltet worden, so dass er für
den Kampf, den Krieg der Sammler gestählt war. Ein Krieg, der, soweit es
die Besatzung der Ikarus betraf, entweder schon lange vorbei war oder
so weit entfernt stattfand, dass Hetty sich niemals an ihm würde beteiligen
können.
Das hinderte die frisch rekrutierte und mental völlig neu programmierte
Frau aber nicht daran, sich trotzdem wahnsinnig darauf zu freuen, auf einer
verpesteten, überbevölkerten und trostlosen Kasernenwelt den Rest
ihres Lebens zu verbringen.
An'ta, Anande und Trooid starrten Hetty nur an, wie diese fröhlich grinsend
in der gigantischen Schleusenkammer stand. Sie hatte sich hier als eine der
Ersten angestellt, um dann, wenn sich die Tore nach der Landung öffneten,
als eine der Ersten die Rampe herunterlaufen zu können, um den 'gesegneten'
Boden der Kasernenwelt betreten zu dürfen. Und Hetty war nicht die Einzige.
Es schien, als seien viele der 'Rekruten', die keine Aufgabe mehr im Schiff
zu erfüllen hatten, hierher gekommen, und die Kammer füllte sich mit
jeder Minute mehr. Erst hatten sich An'ta und ihre Gefährten gefragt, ob
es seltsam auffallen würde, wenn sie versuchten, mit der ersten Gruppe
den Transporter zu verlassen. Jetzt stellte sich aber heraus, dass sie mit diesem
Ansinnen nur wenige unter vielen waren, die mindestens genauso darauf brannten,
den Transporter zu verlassen.
Wenngleich nicht, wie An'ta, weil sie meinten, sehr, sehr dringend duschen zu
müssen.
Es wurde eng. Der Transporter schüttelte sich etwas, als er in die Atmosphäre
eintrat. Trooid stand in regelmäßigem Kontakt zu den Datenfeeds in
der Zentrale des Schiffes und flüsterte hin und wieder einige Informationen.
So erfuhren sie vom sehr, sehr langsamen Sinkflug des für den Atmosphärenflug
eigentlich viel zu massiven Transportraumers. Und obgleich der Pilot jede Vorsicht
walten ließ, knirschte und ächzte das eilig zusammengebastelte Mammutschiff
in seinen Fugen, so dass Anande befürchtete, die große Konstruktion
würde jeden Augenblick auseinander brechen.
Die Infizierten schienen die Geräusche entweder nicht bewusst wahrzunehmen
oder sich für diese Art von Ängsten nicht zu interessieren. Anande
war sich nicht einmal sicher, ob diese Leute überhaupt in der Lage waren,
Angst zu empfinden. Sie waren ohne Zweifel darauf ausgerichtet, perfekte Soldaten
zu sein: gehorsam, motiviert, körperlich geeignet, und – ja, ohne
Furcht? Anande war sich da nicht sicher. Furcht war ein sinnvoller psychologischer
Faktor, der das
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