Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt
ignorieren Sie uns bitte einfach.«
Shmer hielt inne. Sein Monolog wurde unterbrochen durch eine visuelle Darstellung
der Kasernenwelt, wahrscheinlich Alltagsaufzeichnungen. Sentenza schüttelte
den Kopf. Die Lebensverhältnisse auf jener Welt mussten, soweit man dies
den wenigen Bildern entnehmen konnte, am Rande dessen sein, was man als katastrophal
zu bezeichnen hatte. Die Aufnahmen der Fernortung, die die dichte Smogdecke
kaum zu durchdringen vermochte, von der die ganze Atmosphäre geschwängert
war, bestätigten die gesendeten Aufnahmen immer mehr. Die Kasernenwelt
war ein Planet am Rande des Zusammenbruchs, des vollständigen ökonomischen
und ökologischen Kollaps. Und wenn ihre neuen Freunde, diese 'Schlechtgelaunten',
ihnen einen Landeplatz in einer besonders verseuchten Ecke dieses Chaos anwiesen,
dann würde Sentenza diese Welt nur im geschlossenen Schutzanzug betreten,
ob die Atmosphäre nun offiziell atembar war oder nicht.
»Antworten wir?«»Senden Sie eine kurze Nachricht. In Rekrutensprache.
'Wir kommen'. Das muss genügen. Dadurch wissen sie, dass wir ihre Sprache
beherrschen und dass sie uns erwarten können. Wir warten, bis die bezeichneten
Koordinaten auf der Nachtseite des Planeten liegen – und dann werden wir
landen.«
Thorpa bestätigte. »Antwort ist raus.«»Wenn es eine weitere
Reaktion ihrer Seite geben sollte, dann sofort melden«, befahl Sentenza
und schaute nachdenklich auf das nun stille Gesicht des Fremden. Es war ein
klassischer Fehler interkultureller Verhaltensweise, die eigene Gestik und Mimik
auf fremde Völker übertragen zu wollen. Oft führte dies zu Fehlschlüssen,
manchmal mit gravierenden Folgen. Auf diese Art und Weise konnte man Kriege
auslösen.
Und dennoch. Trotz der ruhigen und gemessenen Art und Weise, in der der Fremde,
Shmer war sein Name, die Nachricht vorgetragen hatte, spürte Sentenza die
angespannte Verzweiflung in diesem Mann und das Verlangen nach Freiheit, für
die man alles zu riskieren bereit war. Vielleicht war all dies etwas zu viel
der Empathie, aber Sentenza hatte gelernt, dass seine Intuition öfter richtig
lag als falsch.
Er beschloss, dass Shmer es ernst meinte und dass eine Kontaktaufnahme das Mindeste
war, was man tun konnte. Und die Tatsache, dass es ganz offensichtlich Wesen
gab, die mitten auf der Kasernenwelt zumindest teilimmun gegen den Virus zu
sein schienen – das war etwas, was Dr. Anande sicher sehr interessieren
würde. Es gab also viele Gründe, um den Kontakt mit den Schlechtgelaunten
zu suchen.
Sentenza nickte sich zu.
»Shmer, wir kommen«, murmelte er leise.
Roban Kolt schaute Kozz für einen Moment schweigend an. Er versuchte verzweifelt,
sich seine Irritation, ja, Ratlosigkeit nicht anmerken zu lassen. Dass der Offizier
ihn mit unbeweglicher Miene musterte und mit keinem Anzeichen deutlich wurde,
ob ihn das alles auch bewegte oder ob es nur eine unwichtige Kleinigkeit war,
machte Kolt noch unsicherer. War das alles jetzt ein Problem? Natürlich
war es ein Problem. War es zu lösen? Was bedeutete es überhaupt? Wie
hing alles zusammen?
»Wir kommen«, wiederholte er gedehnt, um Kozz die Gelegenheit zu geben,
doch noch irgendwie zu reagieren.
Doch der Militär nickte nur gemessen und schien darauf zu warten, dass
ihm die höchste Autorität dieser Welt sagte, was jetzt zu tun war.
Dabei hatte Kolt nicht die geringste Ahnung. Er räusperte sich.
»Es ist nicht bekannt, wer der Empfänger dieser Meldung ist?«,
vergewisserte er sich unnötigerweise. Kozz hätte es ihm mitgeteilt,
wenn es auch nur die leiseste Vermutung gegeben hätte.
»Es muss … Spione des Feindes auf unserer Welt geben«, begann
Kolt mit den Mutmaßungen und sah dabei den Offizier immer wieder auffordernd
an. »Es handelt sich um eine Verschwörung!«, sagte er dann mit
größerer Gewissheit.
Es passte gut in sein Weltbild. Es gab die Kasernenwelt mit den Soldaten, die
auf den Kriegseinsatz warteten und es gab den Feind. Niemand wusste, wie er
aussah, aber die Zerstörung des Raumbootes und der wenigen noch funktionierenden
Satelliten sprach eine eindeutige Sprache. Sowas tat nur ein Feind. Also galt
der Funkspruch jemandem, der dem Gegner ein Verbündeter war. Also Spione.
Folglich eine Verschwörung. Kolt war sehr zufrieden mit seiner Schlussfolgerung.
Leider fehlten im Habitus von Kozz alle Anzeichen von Begeisterung.
Dabei hatte der Offizier
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