Rettungskreuzer Ikarus Band 044 - Zusammenbruch
inzwischen war sie sich sicher, dass die Angelegenheit komplizierter war. Shilla schien nicht die Sorte Frau zu sein, die Männern falsche Hoffnungen machte und sie gegeneinander ausspielte. Wie Taisho hielt sie sich aus den offenkundigen Testosteron-Problemen heraus, vermutlich das Klügste, was sie tun konnte, bis die beiden sich endlich geprügelt, zusammen betrunken und verbrüdert hatten.
Im Nachhinein, dachte Skyta, wäre alles etwas einfacher gewesen, hätte sie Siroj, die ihr vertraute, die Injektion im Beisein der anderen und nicht vorab gegeben. Aber geschehen war geschehen und letztlich hatten sich die Söldner doch noch überzeugen lassen. Während der Debatte hatte Siroj etwas eingeschüchtert hinter Skyta gestanden und sich nicht gemuckst. Vermutlich war ihr endgültig klar geworden, dass diese Mission kein glorreiches Abenteuer mit Märchenprinzen und Happy-End-Garantie war. Ob sie es jetzt bereute, mitgekommen zu sein?
Wenn ja, dann schienen die vizianischen Pheromone wie ein Trostpflaster zu wirken. Kaum hatten sich die Söldner in ihre Quartiere zurückgezogen, hatte sie sich wieder entspannt. Obwohl die junge Frau eigentlich nur ihren Offizier im Kopf hätte haben sollen, wanderten ihre Augen immer wieder zu Pakcheon, der vor dem Panoramaschirm stand und so tat, als würde er es nicht bemerken. Seine abweisende Haltung bewirkte, dass sich Siroj auf einige hoffnungslose Seufzer beschränkte. Gucken war ja erlaubt …, solange es nicht die Arbeit beeinträchtigte.
Skyta klopfte energisch mit dem Knöchel ihres Zeigefingers auf den Rand der Konsole, vor der Siroj saß und träumte. Sie schreckte auf, grinste verlegen und begann pflichtbewusst, die die Systeme zu überprüfen.
Die Demetra verließ das System, in dem die Schiffe von Knight und Pakcheon in einer Umlaufbahn um einen kleinen Mond parkten, bis ihre Eigentümer zurückkehrten.
Sofern sie zurückkehrten.
Kapitel 32
»Das ist es also.«
Genauso wie die anderen, die sich gerade in der Zentrale aufhielten, betrachtete Jason das Bild, das der Panoramaschirm der Demetra lieferte. Obwohl sie alle die holografische Darstellung gesehen und den inneren Aufbau der Station Holy Spirit Medics Alpha studiert hatten, um sich in den Gängen leichter orientieren zu können, war ihr Anblick auf dem großflächigen Monitor weit beeindruckender als die des dreidimensionalen Miniaturbildes.
Aber etwas war irritierend: Das Bild stimmte nicht ganz mit den ihnen bekannten Bauplänen überein. Entfernt erinnerte das fliegende Labor von der Grundform her an eine kleinere Ausgabe von Vortex Outpost . Darüber hinaus waren nachträglich unterschiedlich große Segmente angeflanscht worden, die zusätzlichen Raum schufen, und ein gigantisches Triebwerk sorgte für eine größere Mobilität.
Regelmäßig wechselte HSMA dank ihres leistungsfähigen Antriebs den Standort, was es für Nicht-Eingeweihte schwer machte, ihre aktuelle Position zu bestimmen. Allein der Vorstand wurde stets über den neuen Kurs informiert. Ein Agent des Raumcorps hatte es geschafft, diese geheimen Daten in Erfahrung zu bringen, dennoch war es ein Glücksfall, dass HSMA seither noch keine neuerlichen Änderungen der Route vorgenommen hatte.
Die Station trieb die meiste Zeit im All, um ihre Ressourcen zu schonen, und unternahm notwenige Kurskorrekturen, sobald sie Gefahr lief, in das Schwerefeld eines anderen Körpers zu geraten, oder um die routinemäßigen Richtungswechsel durchzuführen.
In geregelten Abständen lieferten Versorgungsboote notwendige Lebensmittel, Energieträger und angefordertes Equipment, um nach dem Löschen der Fracht beladen mit den neuesten Produkten, die in die Massenproduktion gehen sollten, wieder abzureisen. Zwar verfügte auch HSMA über eine Fertigung, konnte jedoch nur in kleinen Stückzahlen, in erster Linie Muster, produzieren.
Die Angestellten verpflichteten sich für einen Zeitraum von wenigstens fünf Jahren ohne einen Anspruch auf Urlaubstage außerhalb der Station – die Entwicklungslaboratorien galten als top secret –, und obwohl diese und verschiedene andere Arbeitsbedingungen recht hart waren, verlängerten die meisten Forscher und Verwaltungsbeamten ihren Vertrag.
Gerüchten zufolge lag das jedoch nicht an der extrem guten Bezahlung allein. Es wurde gemunkelt, dass mancher einen Grund hatte, sich an diesem schwer zugänglichen Ort aufzuhalten, oder dass Drogen im Spiel waren. Eine unauffindbare Station schien vielen geradezu ideal, um
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