Rettungskreuzer Ikarus Band 050 - Vince
einen Ruck.
Es folgte ein verlegenes Schweigen. Der Besprechungsraum im Komplex des Zentralcomputers war sauber und ordentlich, nichts war zu erkennen von den Verwüstungen des Kampfes. Als vor einigen Tagen die Energieversorgung wieder aktiviert worden war, hatten die ehemals Botero treu ergebenen Rekruten sich leicht neue Anweisungen geben lassen. Alle waren darangegangen, wieder konstruktive Dinge zu tun: aufzubauen, auszubessern, zu produzieren, Verwundete zu versorgen, Frieden zu schließen.
Die vom Virus kontrollierten Wesen dieser Welt stellten nicht viele Fragen. Alle waren glücklich. Glücklich darüber, Befehle ausführen zu können, eine klare Autorität zu haben und, wie sie alle immer noch meinten, trotz des gerade beendeten Bürgerkrieges, den Kallia zu dienen. Damit würden sie noch sehr lange leben müssen, bis auch die seit Ewigkeiten vom Virus infizierten Kasernenwelten des toten Imperiums in den Genuss eines Gegenmittels kamen.
Leot und die Seinen fanden sich nun aber in einer Position wieder, mit der sie nicht gerechnet hatten. Ihre Befreier hatten keinesfalls die Absicht, ein eigenes Regime zu errichten. Sie hatten die Freien damit beauftragt, die neue Regierung dieser Welt zu bilden – damit faktisch auch die Regierung des gesamten Teils des Kallia-Imperiums, der noch über das Funknetz miteinander verbunden war.
Das war Leot dann auch etwas zu viel geworden. Er hatte Sentenza und die Seinen um eine Unterredung gebeten, und der Captain hatte zugesagt. Er hatte ohnehin nichts anderes zu tun, als den Freien zu helfen – ihr Raumschiff, die Ikarus, war mit den Ärzten an Bord abgeflogen, bis zur Ladekapazität mit Sudekas gefüllt. Wenn Leot die Sache richtig verstanden hatte, waren die Klonfrauen, denen die Freien ihre endgültige Freiheit verdankten, dem Tode geweiht. Der Arzt, Jovian Anande, hatte die Sudekas gebeten, so viele von ihnen wie möglich in die Heimat der Befreier mitnehmen zu dürfen, um zumindest sie zu retten, wenn dies nur irgendwie möglich war.
Die Sudekas hatten das Problem äußerst pragmatisch gelöst. Sie hatten Freiwillige aufgerufen, die mögliche Zahl an Passagieren bestimmt , diese abgezählt und dem Rest gesagt, dass er leider Pech hatte, was überall mit Gleichmut hingenommen worden war. Derzeit waren die Freien damit befasst, einige der alten Raumschiffe, die auf Geheiß Boteros ins Zentralsystem gereist waren, so weit herzurichten, dass sie weitere Sudekas aufnehmen konnten. Falls diese die Reise in das ferne Commonwealth zum Freien Raumcorps überleben würden. Aber auch dafür gab es Freiwillige. An Risikobereitschaft mangelte es den Klonfrauen jedenfalls nicht.
Bis zur Rückkehr der Ikarus waren Sentenza sowie einige weitere Besatzungsmitglieder hier sozusagen gestrandet und taten ihr Möglichstes, um Leot und die anderen Freien dabei zu unterstützen, Ordnung in das Chaos zu bringen.
»Es ist sicher zu viel verlangt, jetzt Hilfe zu erbitten«, sagte Leot und schaute etwas betreten zu Boden. »Ich meine … eure Welten haben genug gelitten unter den Wirkungen des Wanderlustvirus. Aber es ist notwendig … wie… Es ist so: Die Meldungen von den Kasernenwelten haben uns vor Augen geführt, wie verzweifelt die Lage dort überall ist. Auf vielen dieser Planeten ist die Versorgungslage ausgesprochen prekär. Manche sind hoffnungslos überbevölkert, die Ressourcen sind sehr knapp. Noch zehn oder zwanzig Jahre, vor allem bei den Planeten, die wirklich am Rande des Kollaps stehen, und wir werden Zeugen eines Massensterbens. Wir müssen Dinge ändern und zwar schnell.«
»Trooid hat dazu einige Pläne ausgearbeitet«, erklärte Darius Weenderveen, der offenbar zu jenem Androiden, der eine Kasernenwelt kontrollierte und beim Kampf gegen den Zentralcomputer unschätzbare Dienste geleistet hatte, ein besonderes Verhältnis hatte. »Trooid ist mit vielen Detailfragen mittlerweile gut vertraut. Als Erstes sollten alle Waffendepots aufgelöst und die damit verbundene Produktion beendet werden. Es wird keinen Krieg mehr geben. Die freien Kapazitäten müssen umgestellt werden: Es gibt einen Bedarf an Werkzeugen und Ersatzteilen. In vielen Bereichen wird man einen technischen Rückschritt akzeptieren müssen, weil die Ressourcen für den Erhalt der Kallia-Technologie nicht vorhanden sind. Man muss sich auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln konzentrieren und dabei zu einer effektiveren Platznutzung kommen. Außerdem sollte man eine Geburtenkontrolle implementieren,
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