Rettungslos verliebt
Ehrlich gesagt, mir hat sogar ..." Unvermittelt unterbrach sie sich.
"Red doch weiter", bat er sie.
"Ach, vergiss es, sonst wirst du noch ganz überheblich. Wollen wir essen?"
Er rührte sich jedoch nicht und ließ sie auch nicht los. Es nützt mir offenbar wenig, so geheimnisvoll zu tun, dachte sie und seufzte gespielt frustriert. Was würde er denken, wenn er wüsste, wie begeistert ich von seinem Haus in Baimain bin? fragte sie sich.
"Lydia?"
Sie schreckte aus den Gedanken auf und fuhr zusammen. "Ja, Joe?
Wir sollten das Essen nicht kalt werden lassen, auch wenn es kein Gourmetgericht ist."
"Dann mache ich dir einen Vorschlag. Wir essen jetzt, wenn du mir versprichst, mir beim Kaffee zu verraten, was du sagen wolltest."
"Das ist Erpressung", protestierte sie.
"Ich habe noch ein Eisen im Feuer, obwohl ich nur ungern darauf zurückgreife", erklärte er.
"Das wäre?" fragte sie gefährlich ruhig.
"Erst musst du es mir versprechen."
"Das ist kindisch."
"Wahrscheinlich bin ich sogar ein großes Kind. Überleg doch, wie sehr ich Chips liebe."
Lydia sah ihm in die Augen, in denen es belustigt aufblitzte. Atemlos gestand sie sich ein, wie sehr er sie immer wieder faszinierte. "Okay", erwiderte sie unsicher, "ich verspreche ... darüber nachzudenken."
"Das ist nicht..."
"Joe!"
"Ja, Lydia! Ich lasse dich ja schon los."
"Jetzt komme ich mir vor wie eine Lehrerin."
Er stellte sie auf die Füße und stand auf. Dann küsste er sie und zog sie zum Teewagen.
"Als Lehrerin bist du geradezu sensationell, sogar dann, wenn du mir durchs Haar fährst und mein Hemd zuknöpfst. Ich bin am Verhungern.
Danke für das Festessen." Er zog zwei Stühle hervor und stellte die Gerichte vom Teewagen auf den kleinen Tisch.
Plötzlich musste Lydia hellauf lachen. "Ich habe das Gefühl, du könntest mit deinem Charme einen Eisberg zum Schmelzen bringen."
Nachdem er das Ketchup über die Chips verteilt hatte, blickte er Lydia irgendwie wehmütig an. "Hoffentlich hältst du es mir nicht eines Tages vor."
Und dann brauchte Lydia ihm gar nichts mehr zu verraten, und sie kam auch nicht dazu, Joes Artikel zu lesen. Denn ehe sie den Kaffee trinken konnten, kam ein Anruf von dem Leiter des Teams, das die Aussonderung der Rinder vornehmen sollte. Die Rinder, die Joe mit dem Hubschrauber zusammen getrieben hatte, sollten am nächsten Tag getrennt und verladen werden. Aber einer der Mitarbeiter, der Nachtwache hatte, war vom Pferd gefallen, als es vor einer Schlange zurückgewichen war. Er hatte sich dabei das Bein gebrochen. Es war offenbar ein schlimmer und schwieriger Bruch, und man musste den Flying Doctor Service alarmieren.
Vor Lydias Augen vollzog sich eine verblüffende Verwandlung: Von einer Sekunde auf die andere war Joe nicht mehr der entspannte, scherzende Mann, mit dem sie sich gerade noch unterhalten hatte, sondern wirkte kühl und beherrscht und gab knappe Anweisungen.
Glücklicherweise konnten die Leute auf der Weide den Verletzten in einem der Versorgungsfahrzeuge zum Farmhaus transportieren. Jetzt musste nur noch für ausreichende Beleuchtung auf der Graslandebahn gesorgt werden, damit der Arzt landen konnte.
"Ich kann helfen", bot Lydia sogleich an. "Ich weiß, ich bin Tierärztin, aber ..."
"Wunderbar", unterbrach Joe sie. "Danke." Dann sah er sie nachdenklich an und fügte sanft hinzu: "Es tut mir Leid. Du bist doch schon so erschöpft..."
"Das ist jetzt egal. Ich bin okay. Komm, lass uns gehen."
Bei Sonnenaufgang am nächsten Morgen flog der Arzt nach Darwin zurück. Lydia ließ sich ins Bett sinken und schlief sechs Stunden tief und fest. Sie hatte in der Nacht nicht nur geholfen, Feuer und Laternen um die Graslandebahn herum anzuzünden und aufzustellen, sondern sie hatte auch den Verletzten untersucht und Funkkontakt mit dem Arzt gehabt. So hatte sie den Zustand des Mannes bis zum Eintreffen des Arztes stabilisieren können.
Joe war anschließend hinausgefahren zur Herde, und Lydia hatte angeboten, ihn zu begleiten. Er hatte sie jedoch sanft, aber bestimmt aufgefordert, sich hinzulegen.
Als sie aufwachte, war es schon Zeit für den Lunch. Während sie sich reckte und streckte, fiel ihr Blick auf Brads Foto, das auf dem Nachttisch stand. Die letzten zwei Tage hatte sie überhaupt nicht an ihn gedacht, wie sie sich schmerzerfüllt eingestand. Sie hatte sich einem anderen Mann hingegeben, der sie so sehr fesselte und faszinierte, dass sie Brad vergessen hatte.
Stimmt das? fragte sie sich. Sie richtete
Weitere Kostenlose Bücher