Rettungslos
Umweltverschmutzung!«
Kreuger schnaubt abfällig und kehrt ihr den Rücken zu. »Erzähl mir lieber von deinem Mann. Wo ist er jetzt, und warum seid ihr getrennt?«
Es geht ihm eindeutig darum, zu erfahren, ob sie noch Kontakt haben, ob Menno womöglich unvermutet hier auftauchen könnte.
»Menno und ich haben uns wegen seiner übertriebenen Eifersucht getrennt«, sagt Lisa in einem kühldistanzierten Ton, schlieÃlich gehen ihre Privatangelegenheiten diesen Wildfremden nichts an. »Er war krankhaft eifersüchtig, das hat mich wahnsinnig gemacht. Zu Beginn unserer Beziehung hat mich das noch gerührt, es hat mir sogar geschmeichelt. Dann hat er allerdings angefangen, mir nachzuspionieren.«
Zum ersten Mal zeigt Kreugers Gesicht so etwas wie Interesse. »Was hat er genau getan?«
»Mich kontrolliert. X-mal am Tag angerufen, um zu fragen, was ich gerade mache, mit wem ich zusammen bin und wann ich nach Hause komme. Anfangs habe ich mich noch darüber lustig gemacht, aber eines Abends wurde er fuchsteufelswild, weil ich zehn Minuten später als angekündigt nach Hause kam. Er war fest davon überzeugt, ich würde ihn betrügen.«
»Und, war das so?«
»Natürlich nicht! Ich habe meinen Mann geliebt.« Lisa liebt ihn noch heute. Jedenfalls den Mann, der er einmal war.
Kreugers Augen flackern. »Alle Frauen gehen fremd. Huren sind sie!«
»Ich nicht. Ich habe ihn aufrichtig geliebt, ich wollte keinen anderen.«
Sein linker Mundwinkel zuckt, aber es wird kein Lächeln daraus. »Alle Frauen sind Huren«, wiederholt er. »Es ist in ihnen, vielleicht können sie nicht mal was dafür. Es liegt in ihren Genen, das Kokettieren, Herausfordern, Verführen, Lügen, andere Kerle ficken â¦Â«
Nicht reagieren â nicht widersprechen, aber auch nicht beipflichten. Der Mann ist unberechenbar, also schweigt sie besser.
Lisa wirft ihm einen schnellen Blick von der Seite zu. Er sitzt auf der Armlehne des Sessels und pult mit dem Messer das Schwarze unter seinem Daumennagel hervor.
»Alles Huren â¦Â«, murmelt er und sieht sie dann unverwandt an.
Schwer lastet die Stille im Raum. Kreugers Blick hat etwas Provozierendes und zugleich Abschätziges, als wollte er sie dazu bringen weiterzureden. Dabei weià er genau, dass sie sich nicht traut.
»Bist du verheiratet?«, fragt sie wie beiläufig.
Erst hat sie Angst, zu weit gegangen zu sein, aber er pult gelassen weiter an seinem Nagel und zuckt mit den Schultern.
»Da ich nicht geschieden bin, könnte man sagen,
ich bin verheiratet«, antwortet er schlieÃlich. »Meine Frau ist tot.«
Er sieht sie direkt an, und Lisa wird klar, dass sie dem Blick standhalten muss.
»Das tut mir leid«, sagt sie, um einen aufrichtigen Tonfall bemüht.
»Mir nicht«, sagt er gleichgültig. »Sie war eine Hure, ich musste sie umbringen.«
9
Das Erste, das sie bewusst wahrnimmt, ist ein Geruch. Es riecht nach Putzmitteln mit einer Spur Alkohol. Als Nächstes wird ihr klar, dass sie keine Ahnung hat, wo sie sich befindet.
Um sie herum ist es stockfinster. Eine absolute Finsternis ohne jeden Grauton. Sie liegt auf etwas Weichem, Warmem, einem Bett vielleicht. Ja, es muss ein Bett sein. Ihr eigenes?
Sie stellt sich ihr Schlafzimmer vor und sieht einen Raum mit weiÃem Holzboden, apfelgrünen Gardinen und gelber Bettwäsche, so hell und duftig, dass sie sich nun ganz sicher ist, nicht dort zu sein.
Um sich in der Dunkelheit umzusehen, versucht sie, den Kopf zu drehen, aber das fällt schwer. Mehr noch, es geht überhaupt nicht. Und warum sieht sie nichts? So dunkel ist es nicht einmal mitten in der Nacht, selbst dann ist immer noch etwas zu erkennen. Hier nicht, sie sieht kein Möbelstück, keine Tür, nichts.
Langsam wird sie unruhig. Sie bemüht sich, ganz
ruhig durchzuatmen, aber das ungute Gefühl lässt sich kaum unterdrücken. Als sie den Mund aufmacht, um zu rufen, kommt kein Laut aus ihrer Kehle.
Angst überwältigt sie. Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie in das undurchdringliche Dunkel und überlegt fieberhaft, was um Himmels willen passiert sein könnte.
Wie aus weiter Ferne hört sie eine Stimme. Sie klingt nicht vertraut, und es sind keine Worte zu verstehen, aber wenigstens bietet sie Halt in der Finsternis um sie herum. Es ist eine Männerstimme, die leise und beruhigend auf sie einredet. Mit
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