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Rettungslos

Titel: Rettungslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: van der Vlugt Simone
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so verzweifelt zurückkehren will. Sie bietet all ihre Willenskraft auf, um weiter nach oben zu gelangen, aber eine kalte Unterströmung zieht sie wieder hinab. Mit Mühe und Not gelingt es ihr, im blauen Bereich zu bleiben, nicht in die finstere Tiefe abzugleiten. Das blaue Wasser bedeutet Hoffnung, das spürt sie intuitiv. Je öfter sie nach ganz unten driftet und je länger sie dort bleibt, desto geringer ist ihre Chance, jemals wieder die Oberfläche zu erreichen.
    Plötzlich überkommt sie ein Gefühl des Verlusts, und sie empfindet tiefe Einsamkeit.
    Â»Freek …«, flüstert sie, aber unter Wasser verliert sich der Klang ihrer Stimme. Freek?
    Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich weiter treiben zu lassen und zu warten, dass jemand kommt. An ihrem Bett haben Menschen gesessen, deren Stimmen ihr bekannt vorkamen, aber es war nicht möglich, Kontakt zu ihnen herzustellen. Ehe sie sich versah, taumelte sie wieder zurück in die schwarze Tiefe, und als sie erneut nach oben kam, war sie allein.
    Regungslos liegt sie auf dem Rücken und wartet.
Lange Zeit tut sich nichts. Vielleicht sollte sie sich doch lieber wieder in die Dunkelheit fallen lassen, um nicht so einsam dazuliegen, gefangen in einem Körper, der ihr nicht mehr gehorcht? Schnell schiebt sie den Gedanken beiseite. Sie muss ihren Geist wach halten, aktiv bleiben – nur dann kann sie wirklich auftauchen.
    Plötzlich erscheint ein Gesicht vor ihrem inneren Auge. Ein gut aussehender, gebräunter Mann mit dunklen Locken. Er lächelt sie an, und sie fühlt sich unwillkürlich zu ihm hingezogen. Sie liebt diesen Mann, aber außerdem empfindet sie einen intensiven Schmerz. Ihr ist nach Weinen zumute, aber nicht einmal dazu ist sie imstande, also verdrängt sie den Kummer und sucht stattdessen in ihrem Gedächtnis nach weiteren Anhaltspunkten.
    Als gerade eine Erinnerung an Schärfe gewinnt, sinkt sie wieder in die Tiefe.
    Â 
    Als Nächstes hört sie ein Geräusch, ein Quietschen wie von Rädern, die dringend geölt werden müssen. Sie spürt Bewegung, offenbar wird sie in ihrem Bett aus dem Zimmer geschoben. Eine junge Frauenstimme sagt ihr, es werde eine MRT-Aufnahme gemacht.
    Â»Sie können uns hören, stimmt’s? Ich bin sicher, Sie hören uns«, sagt die Frau. »Es hat sich etwas verändert, das merke ich genau. Da, jetzt flattern Ihre Lider wieder! Wollen Sie mir etwas sagen? Versuchen Sie es noch mal!«
    Sie bewegt die Lider, blinzelt, macht die Augen weit auf, zwinkert mehrmals … Über ihr ein enttäuschtes Seufzen. »Na ja, das ist wohl noch zu viel verlangt.
Jetzt sehen wir uns erst einmal Ihr Gehirn an. Das wird schon wieder …«
    Das Bett bewegt sich nicht mehr. Sie spürt, dass mehrere Hände sie hochheben und auf eine kühle Unterlage legen. Die Stimmen verstummen, stattdessen umgibt sie ein durchdringendes Summen.
    Langsam sinkt sie hinab.
    Â 
    Als sie sich ihrer Umgebung wieder bewusst wird, ist sie anscheinend in ihrem Zimmer.
    Sie hat Besuch. Neben ihrem Bett wird ein Stuhl gerückt.
    Â»Wo war sie?« Eine vertraute Männerstimme, aber sie kann ihr weder ein Gesicht noch einen Namen zuordnen.
    Â»Wir haben einen kleinen Ausflug gemacht«, sagt die Krankenschwester. »In den MRT-Raum.«
    Â»Wurden nicht schon Aufnahmen gemacht?«
    Â»Doch, aber wir vermuten, dass sie bald wieder zu sich kommt, deshalb wollte der Arzt überprüfen lassen, ob die Hirnaktivität zugenommen hat.«
    Â»Und?«
    Â»Das Ergebnis liegt noch nicht vor.«
    Resolute Schritte, die Schwester entfernt sich. Wieder wird neben ihr ein Stuhl gerückt.
    Warme Lippen berühren sanft ihre Stirn. »Hallo, Liebling …«
    Es muss jemand sein, den sie sehr gut kennt. Vielleicht ihr Freund oder Ehemann. Ist sie verheiratet? Jedenfalls ist da ein Mensch, der sich um sie sorgt, allein schon das ist eine beruhigende Vorstellung.

    Der Mann setzt sich rechts neben ihr Bett, und auf einmal kommt von links eine weitere Stimme. Eine helle Jungenstimme, danach die eines Mädchens. Sie reden miteinander, und zwischendurch sagen sie auch etwas zu ihr, aber sie ist zu erschöpft, um die Worte aufzunehmen. Jemand steckt ihr kleine Kopfhörer in die Ohren, und eine ihr bekannte Musik erklingt. Sie nehmen ihre Hände, das Mädchen links, der Junge rechts, und sie hört das Wort »drücken«. Die Bedeutung ist klar, aber

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