Revanche - Exposure
Statur. Sondern auch wegen der knallharten Miene, die er
aufgesetzt hatte. Und nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sein linker Arm statt in einer Hand in einer Prothese mündete. Seine linke Gesichtshälfte wurde von einer hässlichen, zwei Zentimeter breiten Narbe entstellt, die sich zickzackförmig über die Wange bis zum Rand seiner vollen Unterlippe zog.
Gracie schmiegte sich unversehens an sie. Bettete den Kopf auf ihre Brust und schob den Daumen in den Mund. Emma spähte an sich hinunter und gewahrte, wie ihre Tochter fasziniert den finster dreinblickenden Fremden anstarrte, riesige braune Augen klebten an der ungesund geröteten Narbe. »Aua«, flüsterte sie Daumen lutschend. Emma riss sich aus ihren Gedanken, lächelte matt und drückte Gracie einen Kuss auf die weichen Locken.
»Ich sag Ihnen, was hier los ist«, gab sie selbstbewusst zurück. Sie durchquerte die Werkstatt und baute sich vor dem Hünen auf. Bog den Kopf leicht zurück, so dass sie ihm frontal in die umwerfend blauen Augen schauen konnte. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass mit den Zündkerzen was nicht in Ordnung war«, hob sie an. »Ich kam her, damit das kontrolliert wird. Und was behauptet dieser Idiot?« - Sie deutete mit einer ausladenden Geste auf Bill Gertz. - »Ich hätte’nen Kolbenfresser! Einen Kolbenfresser! Zeigen kann der Komiker mir allerdings nicht, welcher Zylinder den Geist aufgegeben hat. Aber ich soll mir wegen so was ja auch nicht mein hübsches Köpfchen zerbrechen! « Letzteres spuckte sie förmlich aus. »Natürlich nicht. Ist ja auch sonnenklar. Immerhin reden wir ja nur von ein paar hundert Dollar Unterschied auf der verfluchten Rechnung.«
»Woher kennen Sie sich mit Autos so gut aus, Miss?«,
erkundigte sich Elvis interessiert. Bill hatte sich bei der Dame ganz eindeutig verschätzt. Die wusste genau, wovon sie redete.
Sie hielt seinem Blick stand. »Von meinem Bruder, Cher . Big Eddy Robescheaux hatte den schärfsten Laden in ganz New Orleans, vermutlich von ganz Louisiana. Er und ich - na ja, wir haben irgendwelche Karren umfrisiert und verhökert. Ich bin in dem Laden groß geworden. Und den Jungs ein bisschen zur Hand gegangen.«
»Solche Geschäfte sind illegal, Miss Robescheaux.«
»Sands«, korrigierte sie ihn. »Robescheaux war mein Mädchenname.«
Elvis räusperte sich betreten. Was war auf einmal mit ihm los? War er etwa eifersüchtig? Er gab sich mental einen Ruck. Ganz logisch, dass ein hässlicher Vogel wie er bei einer solchen Superbraut keine Chance hatte.
»Ich weiß, dass so was illegal ist, Cher «, fuhr sie leise fort. In ihre Augen trat ein melancholischer Glanz. »Big Eddy wurde eingelocht, und er starb im Gefängnis, kurz vor seiner Freilassung.« Sie nagte an ihrer vollen Unterlippe, zog sie unbewusst in den Mund. Eddys Festnahme und sein Tod waren exakt in die Zeit gefallen, als sie sich mit Grant Woodard eingelassen hatte … aber das war eine andere Geschichte, die sie diesem Sheriff nicht auf die Nase binden musste.
»Tut mir aufrichtig leid, Mrs. Sands.«
»Oh, nennen Sie mich ruhig Emma, Cher . Und Sie sind …?«
»Sheriff Donnelly.«
»He, seid ihr zwei noch ganz bei Trost?«, mischte sich Bill ärgerlich ein. »Machen wir hier einen auf Verbrüderung
oder was? Lass dich doch von ihren hübschen Titten nicht einlullen, Elvis.«
»Elvis?« , erkundigte sich Emma perplex. Gracie gähnte mit dem Daumen im Mund und begann erneut, mit ihrer freien Hand über die Brüste ihrer Mutter zu krabbeln. »Eine kleine Spinne klettert …«
Unangenehm ertappt, hob Elvis die breiten Schultern. »Meine Mutter ist halt ein großer Fan von Elvis Presley«, erklärte er und wandte sich Bill zu. Seine Miene duldete keinen Widerspruch. »Ich sag dir eins, Bill, lass die Anatomie der Dame aus dem Spiel und dreh ihr neue Kerzen rein, aber dalli.«
»Verdammt noch mal! Sie hat einen Kolbenfresser, wenn ich’s doch sage!«
»Das kann dir doch egal sein, oder? Wenn sie Recht hat mit ihren Zündkerzen, kann sie dich anzeigen wegen Betrugs. Sollte deine Diagnose aber stimmen, wird sie sich sicher in aller Form bei dir entschuldigen.«
»O ja, auf Knien, Cher «, versicherte Emma dem wütenden Mechaniker.
»Echt? Also, wenn Sie erst mal da unten hocken, können Sie mir auch gleich meinen kleinen Freund lut …«
Emma hatte noch niemanden erlebt, der sich mit einer solch blitzartigen Geschmeidigkeit bewegte. Bevor der Mechaniker seinen schlüpfrigen Vorschlag herausposaunt hatte, war
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