Revanche - Exposure
fuhr die scharfe Braut wenigstens wieder ab und er sah sie nie wieder. In einer Woche krähte vermutlich kein Hahn mehr danach, dass er mit linken Tricks arbeitete. Außer vielleicht Elvis Donnelly.
Und mit dem wurde er doch locker fertig, oder?
Emma war heilfroh, als sie sich wieder hinters Steuer setzen und den Wagen auf den kleinen Parkplatz hinter Rubys Pension fahren konnte. Nach einem letzten mordlustigen Blick auf den Mechaniker und einem knappen Nicken von diesem verkniffenen Sheriff, als sie sich für seine Hilfe bedankt hatte, hätte sie am liebsten aufs Gas gedrückt und diesen dämlichen Ort verlassen. Aber das war leider nicht möglich.
Vor ihrer überstürzten Abreise aus St. Louis hatte sie ihr Sparbuch geplündert - stolze Ausbeute: eintausendvierhundertsechsunddreißig
Dollar und siebzehn Cents. Und die Visa- und Mastercard, die Grant ihr spendiert hatte, mit je viertausend Dollar Cash belastet. Das machte zusammen neuntausendvierhundertsechsunddreißig Dollar und siebzehn Cents. Ein Haufen Geld für jemanden, der seine Rechnungen seit Jahren nicht mehr selbst bezahlt hatte. Aber wenn man überlegte, dass das alles war, was sie und Gracie noch von der Gosse trennte, und dass es, als Jahreseinkommen betrachtet, knapp über der Armutsgrenze lag, dann sah ihre finanzielle Situation alles andere als rosig aus. Sie hatte bereits fünfhundertsiebenundneunzig Dollar ausgegeben und konnte es sich wirklich nicht leisten, eine Woche Kost und Logis mal eben locker in den Wind zu schreiben.
Ob sie wollte oder nicht, sie saß die nächsten sieben Tage in diesem unsäglichen Port Flannery fest.
2
Vielleicht war es aber auch gar nicht so schlimm, wie sie zunächst angenommen hatte. Am Abend kam Ruby persönlich an ihren Tisch und brachte Emma und Gracie das Essen. Sie schob der Kleinen einen hübsch mit Früchten garnierten Teller Makkaroni mit Käse hin und blickte über den Tisch zu Emma. »Ich hab von Ihrem Zusammenstoß mit Bill gehört«, begann sie. Emma musterte sie unschlüssig. Miene und Tonfall der Frau sagten nichts über ihre Meinung darüber aus.
»So was spricht sich vermutlich rum«, erwiderte sie unverbindlich.
»Das können Sie laut sagen. Jedenfalls hier in dem kleinen Hafenstädtchen, wo ohnehin nicht viel passiert.« Ruby stellte eine Terrine Eintopf und eine Schüssel Salat vor Emma auf den Tisch. Dann trat sie zurück und beobachtete ihren Gast. »Ich hab selbst schon häufiger vermutet, dass er mich übers Ohr haut. Da ich aber nichts von Autos verstehe, hatte ich nie den Nerv, ihn darauf festzunageln.« Sie strich das rosafarbene Jäckchen ihrer Uniform glatt und lächelte Emma aufmunternd zu. »Schätzchen, das ging mir echt runter wie Öl, wie Sie es dem gegeben haben.« Sie schob sich mit dem Bleistiftende eine vorwitzige, hennagetönte Haarsträhne hinters Ohr und überlegte. »Verstehen Sie wirklich so viel von Autos, wie die Leute hier munkeln?«, wollte sie schließlich wissen.
»Ein bisschen was, ja«, räumte Emma achselzuckend ein. »Vermutlich, weil ich als Kind der wildeste Feger in ganz New Orleans war. Ich sagte mir immer: Was ein Junge kann, kann ich besser.« Sie bedachte Ruby mit einem entschuldigenden Lächeln und hob wegwerfend die Schultern. »Ich hab jahrelang mit meinem großen Bruder zusammengelebt, und, Cher , bis ich fünfzehn wurde, war ich jede freie Stunde in seinem Laden. Er frisierte nämlich irgendwelche heißen Karren.«
»Hätten Sie nicht vielleicht Lust, sich mein Auto mal anzusehen?«
Emma öffnete den Mund und schloss ihn hastig wieder. »Bitte«, murmelte sie und deutete auf den freien Stuhl an ihrem Tisch, »wollen Sie sich nicht kurz zu uns setzen? Ich bekomm sonst Genickstarre, weil ich pausenlos zu Ihnen hochstarren muss.«
Grinsend rückte Ruby sich den Stuhl zurecht. Sie setzte
sich und sagte mit Nachdruck: »Essen Sie Ihre Suppe, bevor sie kalt wird.« Als Emma brav loslöffelte, lehnte die Wirtin sich entspannt zurück. »Bonnie!«, rief sie in Richtung Tresen. »Bring mir doch mal’ne Tasse Kaffee rüber, ja, Schätzchen?«
»Na klar, Ruby«, rief die Kellnerin zurück. Ruby setzte sich auf und widmete ihre Aufmerksamkeit dem kleinen Mädchen, damit ihre Mutter in Ruhe essen konnte. »Und du bist die kleine Gracie, richtig?«
Gracie sah auf. Ihr Mund käseverschmiert, schenkte sie der rothaarigen Frau ein strahlendes Lächeln. »Richtig! Ich bin schon drei.« Sie ließ die Gabel auf den Teller fallen und hielt der Frau drei
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