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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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gewesen. Bei diesem Gedanken verspürte Angel einen Moment lang unglaubliches Heimweh. Es wurde wirklich Zeit aufzubrechen. Sie kehrte mit Dog auf die Lichtung zurück und rief die anderen zur Versammlung.
    Der Weg zum Kloster war nicht schwer zu finden, aber die einspurige Bergstraße hatte schon lange vor dem globalen Zusammenbruch keine Wartung mehr erfahren. Gletscherschmelzen und Gerölllawinen stellten den kleinen Konvoi vor Gefahren, denen sie noch nie im Leben begegnet waren. Angel brummte Cole ein Geschwindigkeitslimit von maximal fünfzig Kilometern pro Stunde auf, was Sharon überaus freute. Aufgrund der zusammengebrochenen Funkverbindung sollte er außerdem permanent in Sichtweite bleiben, um nicht nach einem Unfall vergessen zu werden, woraufhin Dog auf einmal Partei für ihn und seine waghalsigen Fahrmanöver ergriff.
    Die hochstehende Sonne sorgte während des Tages für Unmut bei den Fahrern, da sie auf den Serpentinen im Minutentakt von vorn nach hinten und wieder zurück wanderte. Nachdem Angel ihrer Schülerin die gefährlichen Manöver zunächst nicht zumuten wollte, ließ sie sich aufgrund ihrer immer stärker werdenden Höhenangst doch dazu erweichen, Cassidy das Steuer zu übergeben.
    Nur selten passierten sie verlassene Berghütten, kleine Wegschreine und gelegentlich ein unbekanntes Dorf, die ein unheimliches, ausgestorbenes Bild der ansonsten atemberaubend schönen Landschaft malten. Die Gegend lag weit von den großen Touristenzentren entfernt, besaß weder Skilifte noch Hotels und schien aufgrund ihrer Abgeschiedenheit bereits vor dem Weltuntergang kaum Verkehr gesehen zu haben. Auf den Straßen standen auch keine Elektroautos, die man von den Hauptverkehrsadern in den Ebenen der Wastelands gewohnt war. Die angeblich saubere Mobilitätsrevolution hatte im schwer zugänglichen Gebirge abseits der gut ausgebauten Autobahnpässe nur wenig Anklang gefunden.
    Kniehohe, halbtrockene Gräser und verholzte Sträucher dominierten den hellbraunen Farbmix der Täler, an denen sich hin und wieder recht reproduktionsfreudige Schafsherden labten. Auf den strahlenden Felshängen sonnten sich graue Bergwölfe, die angesichts des Nahrungsüberschusses aus verwilderten Nutztieren ihren ehemaligen Lebensraum zurückerobert hatten. Auf den höher gelegenen Klippen sprang eine kleine Gruppe Bergziegen umher und lieferte sich lautstarke Zweikämpfe, deren zusammenstoßende Geweihe über das ganze Tal hinweg hörbar waren.
    Sprachlos starrten die Reisenden auf die unberührte Natur und verfluchten die jahrelangen Konflikte, die im Angesicht einer solchen Pracht auf einmal furchtbar unbedeutend schienen. Allerdings hatte General Peterson Silver Valley bewusst in einer der trockensten Gegenden errichtet, die er finden konnte. In einem derartigen Paradies wären sie nur in absoluter Isolation vor den Gangs sicher gewesen und das kam für ihn nicht in Frage. Die engen Serpentinen und die unbegrenzte Anzahl von Aussichtspunkten boten zwar einen gewissen Schutz, hätten aber zu allem entschlossene Banden wie die Vultures oder Fanatiker wie die Snakes nicht von ihren Angriffen abgehalten. Dasselbe galt nun für die Sicarii, weshalb Angel bereits nach geeigneten Plätzen für Spähposten Ausschau hielt.
    Cole und Sharon hatten ihre Sturzhelme abgenommen, um die saubere Bergluft bei der gemütlichen Fahrt in vollen Zügen genießen zu können. Cassidy bat Caiden ans Steuer und stellte sich in den Geschützturm des Humvees. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab, breitete die Arme aus und ließ ihre langen, blonden Haare mit geschlossenen Augen im Fahrtwind wehen. Das unbeschreibliche Gefühl glich ihrer Vorstellung vom Schweben der Adler, die im Segelflug über den Tälern kreisten. Sogar Faith schien zum ersten Mal wieder so etwas wie Lebensmut zu verspüren und steckte ihren Kopf genau wie Caiden weit aus dem Fenster.
    Doch plötzlich endete die surreale Fahrt durch das trockene Paradies, als Caiden den Fuß vom Gas nahm und den Humvee stoppte. Cole hatte umgedreht und kam direkt neben ihm zum Halten, was auch die Neugier der Vultures im Buggy hinter ihnen weckte.
    »Was ist?«, fragte Dog, als er Angel mit ihrem Gewehr in der Hand aussteigen sah. Wortlos kletterte sie auf die Ladefläche des schweren Geländewagens, öffnete die Schutzklappen und blickte durch ihre Zieloptik. Die anderen konnten es mit bloßem Auge kaum erkennen, doch ihrem geschulten Scharfschützenblick waren die hellgrauen Klostermauern am Horizont nicht

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