Revelations
verbreitete sich die Kunde, dass Angel keinen ihrer Familienangehörigen und Freunde zu retten vermocht hatte.
Nachdem sie weder Kim noch Butch in der Menge entdecken konnte, erklärte ihr Paul, dass die beiden eine Höhle nördlich des Klosters erkundeten, die Jesse mit ein paar anderen Kindern entdeckt hatte. Bei einer kurzen Erfrischung ließ Angel sich den Weg erklären und folgte anschließend ihren Kameraden, begleitet von Dog.
Der Pfad führte den Kopfsteinpflasterweg hinunter ins Tal und einen knappen Kilometer nördlich wieder hinauf. Anhand von abgebrochenen Zweigen und umgetretenem Gestrüpp konnte Angel mit Leichtigkeit erkennen, wo Butch mit seinen Bärentatzen entlang gestiefelt war. Es dauerte nur ein paar Minuten, bis sie den überwucherten Eingang entdeckten und den Abstieg begannen.
Die Höhle war auf natürlichem Weg entstanden und wies keinerlei Nutzung als Touristenattraktion auf. Glitzernde Felsen reflektierten das kegelförmige Licht der Taschenlampen und führten sie über spiegelglatte Natursteine in die Tiefe. Nach ein paar Metern hatte Angel das Gefühl, an den Wänden nasse Hände zu bekommen, und die steigende Luftfeuchtigkeit bestätigte kurz darauf ihre Annahme, dass sie sich einer Wasserquelle näherten. Aus der Ferne drangen bereits Echos von bekannten Stimmen durch den engen Tunnel, in dem Dog ständig den Kopf einziehen musste.
»... Frage ist nur, wie lange das Wasser reichen wird«, brummte ein vertraut pessimistischer Tonfall.
»Länger als unsere Vorräte!«, erwiderte Angel ächzend, die sich gerade an einem gigantischen Felsbrocken vorbeizwängte. Sofort richteten sich zwei Taschenlampen auf sie, begleitet von einem bekannt klingenden Revolverklicken.
»Tolle Begrüßung!«, hallte Dogs Bassstimme durch die Höhle. »Dafür hab ich mich nun geopfert!«
Amüsiert half ihm Angel über den riesigen Stein und musterte anschließend interessiert die Felsgrotte. Die ovalen Ausmaße betrugen gut zwanzig Meter in der Länge und noch einmal fünf in der Breite, ohne dabei geringfügige Unregelmäßigkeiten mitzurechnen. Bis auf einen kleinen Gang entlang der Wände, auf dem man sich höchstens kriechend bewegen konnte, und eine spitze Insel im Zentrum war sie komplett mit Wasser gefüllt. Die leichte Oberflächenbewegung ließ die Lichter der Taschenlampen an der hellgrauen Gesteinsdecke in einem unheimlichen Ballett entlangwabern.
Kim und Butch kamen ihnen geduckt auf dem schmalen Grat entgegen, begrüßten Angel mit einer herzhaften Umarmung und Dog mit einem kräftigen Händedruck. Da die beiden Männer wahrscheinlich nicht mal im kalten Wasser aufrecht stehen konnten, setzten sie sich kurzerhand an den Rand.
Kim lagen unzählige Fragen auf der Zunge, aber die erste vermochte Angel ohne Nachzudenken zu erraten. Dogs Anwesenheit machte deutlich, dass sie Gefangene befreit hatten, doch nun musste sie ihr beichten, dass ihr Freund nicht darunter war.
»Jade? Diese Verrückte hat jetzt meinen Johnny?«, erwiderte Kim mit einer Mischung aus Entsetzen und Unglauben. »Wieso lässt die ihn über die Berge schleppen und dich wieder laufen?«
»Ich glaube nicht, dass es dabei um den Dicken geht«, versuchte Angel ausweichend zu erklären, was sie selbst nicht ganz verstand. »Angeblich wollten ihn die Truppenkommandeure als Rache für Monroes Feuerwerk und seine mangelnde Sklaventauglichkeit hinrichten lassen, doch sie ließ ihn stattdessen versorgen und abtransportieren. Ich denke, sie wird ihn als Druckmittel gegen mich einsetzen wollen.«
»Ein Druckmittel? Warum gegen dich?«
»Die Schlampe ist völlig durchgedreht!«, warf Dog grollend ein, was von der Höhle mit einem wütenden Echo gewürdigt wurde. Er war längst nicht über seine schmachvolle Rolle in Jades kleinem Spiel hinweg, aber damit Kim und Butch die Geschichte verstehen konnten, mussten sie beim Anfang beginnen.
Eine Stunde lang berichteten die beiden von ihren unterschiedlichen Erlebnissen der letzten Tage. Angefangen von der Zerstörung des Wüstenschlachtschiffs, dem verlorenen Duell in Brackwood bis zu den ausgebrannten Konvoiwracks. Kim bestätigte die Vermutung, den Tanklaster selbst gesprengt zu haben. Am Tag vor der Schlacht hatte die Nachhut der Ranger die herannahende Armee gemeldet, die genau zu wissen schien, wo sich der Konvoi befand. Das untermauerte Angels Befürchtungen von Spionen in den eigenen Reihen. Daraufhin hatte Kim die Eskorte geteilt und war mit einer Gruppe Freiwilliger
Weitere Kostenlose Bücher