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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
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Nacken.
    „Verdammt noch mal, musst du die Tür auflassen!“
    Er stieg aus dem heißen, wohligen Wasser und stieß demonstrativ laut die Tür zu. Wieder in der Wanne, wurde ihm schwindlig. Er hatte sich zu abrupt bewegt, das machte der Kreislauf nicht mit. Er tat sich selber leid, vielleicht das erste oder zweite Mal in seinem Leben, es ging ihm aber auch dreckig. Was hatte der Spargel kürzlich gesagt? Eine Erkältung ist meistens ein Symptom von irgendwas, psychosomanisch oder wie das hieß. Wenn man zum Beispiel Stress hatte oder gefrustet war, würde man anfälliger werden, meinte er. Als hätte man im Körper alle Fenster offen und alles mögliche Virenzeug konnte da reinspazieren. Motte vermutete ja, dass es an Borussia lag. War aber auch ärgerlich! Seit Wochen freute man sich auf das Spiel. Dann kommt der ersehnte Tag, aber es muss natürlich wie aus Eimern schütten und saukalt sein, und dann verlieren die auch noch 0:3 gegen Kaiserslautern. Im Heimspiel! Danach hatte er sich besoffen, aber richtig besoffen. Vielleicht war da die Erkältung ausgebrochen. Dann hatte er noch mit seinem feuchten Parker stundenlang in der Kneipe gesessen. Aber das spielte ja jetzt keine Rolle mehr, was die Ursache war. Er überlegte noch, was heute Abend im Fernsehen kam, dann verschwommen seine Gedanken.
    Nach einer halben Stunde bewegte er sich. Die Bierflasche lag mit Badewasser gefüllt zwischen seinen Beinen. Er fror schon wieder. Er zog den Gummistöpsel heraus, drehte den Heißwasserhahn auf und duschte so lange, bis ihm warm wurde. Nachdem er sich abgetrocknet und angezogen hatte, brach ihm der Schweiß aus. Er fühlte sich, als hätte er die Autos, die er normalerweise reparierte, eigenhändig durch die Stadt getragen. Der Föhn wog schwer in der Hand und im beschlagenen Spiegel sah er seinen Kopf nur schemenhaft. Vielleicht träumte er das ja alles? Aber die Haare musste er trocknen, auch wenn´s ein Traum war. Jetzt bloß nicht nachlässig werden, dachte Motte. Schließlich begab er sich ins Wohnzimmer. Hier war es total überheizt. Er setzte sich in den Schaukelstuhl, wo ihm noch schwindliger wurde, aber er kam jetzt nicht mehr hoch, und weil der verdammte Kater das wusste, sprang er ihm auf den Schoß und stampfte sich schnurrend einen Platz. Der Faule war ein rot getigerter Riesenbrocken, der sich hier vor zwei Jahren eingenistet hatte. Monika hatte gerade Schluss gemacht und einen Tag später saß das Vieh auf dem Balkon und ging nicht mehr weg. Manchmal passieren komische Sachen. Und jetzt lebte man ganz zufrieden, zwei Junggesellen unter sich. Man gewöhnte sich dran, an den einsamen Trott, an die Ruhe, an der nur die eigenen Gedanken hafteten. Aber nee, auf einmal tauchen sie wieder auf und weinen sich bei einem aus. Und plötzlich sitzt man da mit einem Haufen Problemen, die man vorher nicht hatte und musste etwas tun.
    Das metallische Kreischen der Straßenbahn drang von draußen an seine Ohren, so laut, als würde er neben den Schienen liegen. Er verzog schmerzhaft das Gesicht. Jedes Mal, wenn die Straßenbahn um die Kurve fuhr, machte sie diese schreckliche Geräusch. Die Haltestelle war genau vor dem Wohnzimmerfenster. Früher fuhr hier die 5, die hatte noch Holzbänke, rappelte und rumste, dass die Scheiben vibrierten. Eines Tages hieß die Bahn 150, hatte Sitze aus weichen Lederimitaten und machte huuuiiii iiiuu beim Anfahren. Das ging einem unangenehm durch und durch, das bohrte sich bis in die alten Plomben im Gebiss und zerrte an den Nervensträngen. Danach musste man noch das metallische Kreischen und Quietschen ertragen, das sowohl im Wohnzimmer als auch im Schlafzimmer zu hören war. Dann war Ruhe. Ruhe, sogar Stille.
    Er meinte ein Klingeln zu hören, aber das war im Traum. Wenn das so weiter geht, nehm ich mir Montag ´n Krankenschein, dachte Motte. Wurde auch mal Zeit. Er fehlte nie. Der Alte, sein Chef, war ja in Ordnung, nannte ihn immer „mein Junge“. Die Werkstatt war eigentlich auch ganz okay. Und man war beschäftigt. Sonst würde man ja nur noch rumhängen und sich bekiffen und besaufen, denn – mal realistisch gesehen – viele Alternativen gab es hier nicht. Es rannten ja nur noch Typen rum, die vom Arbeitsamt ihr Geld geschenkt kriegten. Ist doch logisch, dass der Staat da bei Pleite geht. Und auf wem sein Rücken wird das ausgetragen?, dachte Holger Motzikat wieder mal, auf meinem! –
    Ein Klingeln fuhr in seinen Kopf. Kurze Zeit später, konnte auch eine halbe Stunde oder

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