Revierkönige (German Edition)
werden, besonders gern vom miesesten Arschloch, das in der Stadt rumläuft. So sieht´s aus, Micha.“
„Das glaub ich nich.“
„Sei doch realistisch, Mann. Vom miesesten Arschloch. Und wenn der zufällig ´n dickes Portmonee hat, umso besser.“
„Was sind denn das für Ausdrücke! Dirk Freese vergisst seine gute Kinderstube“, warf der lesende Frank dazwischen.
„Ich hoffe, du hast nicht recht“, meinte Micha und fuhr sich mit der rechten Hand durchs Haar, wobei er seine Frisur etwas auflockerte. Er machte eine Geste zu Horst hin. „Noch ein Pernod mit Cola.“
Horst blickte vorwurfsvoll und ungehalten zu diesem Typen, den der Freese angeschleppt hatte und der ihm hier nicht passte. Dabei war er vielleicht der einzige, der mehr als zehn Mark für seine Zeche bezahlen musste. Aber man hatte Horst in einem Moment innigen Einsseins mit den kosmischen Kräften gestört. So langsam wie möglich schlurfte er zum Kühlschrank, holte eine Flasche Cola heraus, schlurfte zum Regal, wo der Pernod stand ... usw.
„Ich leg dir nur meine Erfahrung zu Füßen.“
Was quatschte der Freese da? Dem war zuzutrauen, dass er die Erfahrung von anderen als seine eigene verkaufte und tat so als hätte er die Weisheit mit Löffeln gefressen. Olaf selbst war ja ein bereitwilliger und großzügiger Erzähler, eine echte Quelle.
„Man darf den Weibern nicht so viel Bedeutung beimessen, Micha.“
„Du hast vollkommen recht. Ich nehm mir das auch an jedem ersten Januar vor. Aber es iss wie mit dem Rauchen. Man kann nicht aufhören.“
„Du zerbrichst dir den Kopf über Dinge, die dich nichts angehen.“
„Worüber soll ich mir denn den Kopf zerbrechen? Gorleben soll leben? Oder soll ich in den Wald gehen und die Bäume bitten, nicht zu sterben? Das liegt nicht in meinem Interessenbereich, um es mal vornehm auszudrücken.“
„Eine Alternative wäre Tennis. Aber bei dir geht´s nur um Frauen. Immer musst du dich um andere Frauen kümmern. Denk an deine Karriere. Dafür studierst du doch Recht.“
„Ich studier das, womit ich eines Tages richtig Kohle verdienen kann.“
„Klar, mit dem Kundenstamm, den dein Bruder im Jungbrunnen hat, kannste sofort ne Anwaltspraxis eröffnen.“
„Nicht so laut!“, zischte Micha und sah sich um.
Olaf fragte sich, was das eigentlich für´n komischer Typ war, und auch der Freese schien sich etwas zu fragen, denn sein Blick glitt nachdenklich über die Erscheinung seines Gegenübers. Dieser Micha sah nach allem anderen aus als nach einem Juristen, auch nach keinem angehenden, nicht einmal nach einem Studenten der Rechtswissenschaft; er passte eher zu den Klienten, mit denen er schon aus familiären Gründen zu tun haben würde: Unterwelt. Aber ein Handlanger der Unterwelt, dem sie die Zähne einschlagen werden, weil er nicht so ein abgebrühtes Schwein war.
„Auf jeden Fall werde Jurist, Mann! Die haben hier Zukunft.“
Dirk Freese, der Revierprophet, dachte Olaf gerade, als ein neuer Gast hereinkam. War echt was los im Opossum, zwölf Leute waren´s bestimmt, und das an einem Mittwoch. Der Typ legte die Ellenbogen auf den Tresen und ließ seinen Kopf nach unten sinken. Er trug eine verschossene Motorradjacke und alte Jeans. Sein Fünf-Tage-Bart war von grauen Stoppeln durchsetzt, auch zwischen den ungekämmten, fettigen Haaren schimmerten graue Strähnen. Er kam Olaf irgendwie bekannt vor.
„Hat das Altersheim Ausgang?“, fragte der Freese in den Raum.
„Nee, du bist nur der jüngste Gast hier“, sagte Olaf laut und fragte sich, was ihn auf einmal so wütend machte. Der Typ sah zu ihm rüber. Der war noch nicht alt, der sah nur so aus. Woher kannte er ihn?
Micha, der hier stand wie ein Fremdkörper, nahm einen großen Schluck Pernod Cola, verzog das Gesicht, schniefte und sagte mit gesenkter Stimme zum Freese: „Eigentlich wollte ich dir was anderes erzählen, aber ich weiß nicht, ob ich dir trauen kann.“
Der Freese wandte sich nun ganz Micha zu und hob sein spitzes Kinn neugierig in dessen Richtung. „Ich hab doch geahnt, dass da was in deinem Hinterköpfchen lauert. Jetzt zier dich nich so! Du wirst Vater.“
Micha strich sich zum fünfzigsten Mal mit der Hand durchs Haar.
„Soweit ich informiert bin, nicht, hehe. Nee, aber ich glaub, Susanne hat da was laufen.“
Freese riss die Augen weit auf, als wollte er das Gehörte besser sehen. Sein Hals verlängerte sich, sein Kinn stieß fast mit Michas zusammen. „Deine Susanne, die Susi! Mit wem?“
„Hau ab
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