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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
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Dirk Freese, der mit einem Typen mit Föhnfrisur und rot-weißen Cowboystiefeln redete. Das Panorama widersprach den Wünschen Olaf Keunes. Ganz bescheidene Wünsche, wie: dass Horst ein paar gute Platten auflegte und der Laden bis auf ein paar Gäste, die zum Inventar gehörten, leer wäre. Aber nein, das Plappermaul und sein Assistent bestimmten das Bild, und Horst quatschte ohne aufzusehen mit einer Frau, wahrscheinlich ganz auf seine und ihre Vibrationen konzentriert. Frank saß vor einem Glas Bier und las in einem Kultmagazin. Er blickte nur kurz auf und nickte Olaf zu. Der Freese strich mit unruhigen Fingern über eine braune Ledermappe, in der er wichtige Unterlagen aufbewahrte, so tat er jedenfalls, aber man wusste ja, dass es sich um die Korrekturfahnen des popeligen Stadtmagazins Der Geier handelte. Daneben, angeberisch: ein Gin Tonic. Der Freese kam sofort in Bewegung.
    „Halloo! Ich hab dich den ganzen Nachmittag versucht zu erreichen. Wo treibst du dich eigentlich rum? Oder haste dein Telefonkabel wieder aus der Wand gezogen? Das ist übrigens Micha. Wir kennen uns von der Uni Bochum. Du weißt ja, ich hab mal ein ganzes Semester studiert. Micha, das ist Olaf, wird aber nur Spargel genannt.“
    Den Spargel hätte er sich sparen können. Normalerweise störte ihn das nicht, aber es störte ihn jetzt, dass der Freese ihn erwähnte. Als hätte er ein Anrecht darauf. Der Name war schon viel früher da und es gab Momente, da gehörte der Freese einfach nicht zu den Leuten, die ihn so nennen durften, vor Unbekannten erst recht nicht. Der Freese nahm sich ein bisschen zu viel raus in letzter Zeit.
    „Wir reden gerade über eine tolle Frau, Kommilitonin von Micha.“
    „Dann unterhaltet euch ma schön, ich hau sowieso gleich wieder ab“, sagte er gelangweilt und rückte demonstrativ einen Meter weg. Er versuchte Blickkontakt mit Horst zu kriegen, aber es dauerte eine Weile. Und dann dauerte es noch, bis die Botschaft, bzw. die Bestellung, verstanden wurde. Horst konnte man auch vergessen. Der lebte nur in seiner eigenen Welt und seinen Platten, und alles, was mit seinen Mitmenschen zu tun hatte, ging ihm am Arsch vorbei. Er stellte ihm ein Bier hin und ging wieder zu der Frau, sicher eine von Horsts Ex oder Ex-Ex, eine Hippie-Tante, die sich von der Farbe Lila ebenso wenig trennen konnte wie von ihren langen Henna-Haaren. Und wenn sie nicht gestorben sind, so wuseln sie noch heute in solchen Läden rum und tragen mystischen Feminismus zur Schau. Horst streichelte ihr über die Wange und versenkte seine Augen in ihre. Spargel wollte lachen, aber kein Bier. Er hatte nämlich Wasser bestellt.
    „... Jedenfalls, der Kerl, von dem ich dir gerade erzählt habe, der kokst und säuft nur und sieht nicht mal gut aus. Ich weiß nich, was sonne Superfrau wie die an dem findet“, sagte Micha.
    Spargel drehte sich genervt um. Redete der absichtlich so laut? Rot-weiße Cowboystiefel! Wie konnte man mit solchen geschmacklosen Dingern an den Füßen rumlaufen, fragte er sich und sah selbstzufrieden auf seine stilvollen, dezenten schwarzen Stiefel, von denen er sagte, dass er sie sein ganzes Leben tragen würde, dass er sich nie, nie wieder andere kaufen würde. Er hatte dabei einen ganz bestimmten Typ im Auge und der sah ungefähr so aus: ein Paar Stiefel fürs ganze Leben, eine 501, deren Beine sich locker um die Schäfte legten, ein paar gute Hemden, und immer die richtige Antwort parat. „So sindse eben, was willste machen?“
    Das Gequatsche über Frauen ertrug er heute nicht. Er kannte es selber zu gut. Er spürte sogar ein bisschen Grimm in der Kehle, während er mit einem Ohr und überheblichem Grinsen zuhörte. Denn heute war etwas Besonderes passiert. Was war das eigentlich? Es ließ sich nicht recht erklären. Noch war es nicht mehr als ein kaum wahrnehmbarer neuer Geruch, der sich zwischen die alltäglichen Ausdünstungen mischte. Die 600 Kilometer, die zwischen Veras und seinem Leben lagen, das 600 Kilometer lange Nicht-Wissen, dieses ebenso lange, wenn nicht noch viel längere und schwerwiegende Argument, welches er nicht mal richtig formulieren konnte, wurden auf einmal kraftlos, verloren ihre Bedeutung.
    „Versteh ich eigentlich nich. Intelligente Frau, sieht super aus, vielleicht sogar besser als meine Susi. Warum die überhaupt studiert? Die könnte sich doch schon längst einen mit Kohle geangelt haben.“
    „Das wollen sie aber nicht. Wenn du es dir richtig überlegst, wollen sie einfach gern gefickt

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