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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
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durchaus bereit.
     
    Diese Stadt, in der er sich 27 Jahre bewegt hatte, zeigte sich unscheinbar. Eigentlich war alles wie immer, es berührte ihn nicht sonderlich. Es war nicht toll, aber auch nicht negativ. Was er sah, entglitt ihm. Deshalb war es so leicht, an nichts zu denken, nur ein bisschen mit den alten Leuten abhängen, was rauchen.
    Der Motte ging jeden Tag zur Arbeit, kuckte abends ein bisschen Fernsehen und trank am Wochenende seine Bierchen, „aber aunich mehr so wie früher“, sagte er. Martina meinte, es läge wohl daran, dass er sich wieder öfter mit seiner Ex, der Moni, traf. Frank Diepenbrock hatte ein paar Kilo abgenommen, sah aber sonst noch genauso aus mit seinen Jeansklamotten und seinen Attributen. „Ich kann machen was ich will, ich seh immer gleich aus“, hatte er mal zum Spargel gesagt, „im Gegensatz zu dir, du bist son richtiges Chamäleon.“
    Olaf Keune trug die Haare jetzt etwas länger und seine natürliche dunkelblonde Farbe. Man konnte ohne Übertreibung von einem normalen Haarschnitt sprechen. Er hatte sich für einen praktischen Look entschieden, bestimmt nicht bürgerlich, aber etwas, was man mit „nicht auffällig“ umschreiben könnte. Er fand das da, wo er jetzt lebte, einfach angebrachter. Nur durch seine Größe und wenn er mal wieder seine schwarze Lederhose und eines seiner Cowboy-Hemden trug, dann sahen doch einige hin, gewisse Schwule fanden das interessant, ein paar junge Golf-Fahrer lächelten süffisant, einige Studentinnen fühlten sich etwas angezogen. Frank jedenfalls hatte die unauffällige Veränderung bemerkt: sah der Spargel früher aus wie einer, nach dem gefahndet wurde, sah er jetzt aus wie einer, bei dem die Resozialisierung nach ein paar Jahren Knast geglückt war.
    Olaf dagegen bemerkte, dass der Frank nicht so richtig „außem Arsch“ kam, vielleicht war der schon immer so, fiel einem jetzt nur mehr auf. Seit der Freese nicht mehr beim Geier war, hatte er mehr zu tun, machte sogar ganz brauchbare Reportagen, aber sein Aufstieg zum Redakteur riss ihn nicht gerade vom Hocker. „Ohne den Hibbel“, sagte er, „ist es irgendwie langweiliger.“ Außerdem hatte er keinen mehr, mit dem er über Emanzen-Christine lästern konnte und mit Emanzen-Christine konnte er nicht mehr über den Freese lästern. „Also wenne sonst keine Probleme hass, dann freu dich“, sagte Motte, und Frank meinte: „Na ja, der Magen“, aber davon wollte keiner was hören.
    Mit dem Bert telefonierte Olaf nur, hatte keinen Bock, ihn zu besuchen und sich zum Geleiere noch das passende Gesicht anzukucken. Aber melden musste man sich ja.
    Der Horst stand nach wie vor hinter der Theke im Opossum, das nur noch drei, manchmal vier Tage in der Woche seine schwarze Holztür öffnete, und war gar nicht überrascht, als der Spargel plötzlich reinmarschiert kam. Horst konnte man ja auch mit nichts mehr überraschen, weil er, laut eigener Aussage, die Gleichmut erreicht hatte. Frank sagte: „Der war auf so vielen Trips, für den ist die Realität nur noch ne lauwarme Brühe.“
    Aber die Haare hatte er sich abgeschnitten, der Horst hatte sich echt seine Hippie-Matte abgeschnitten und jetzt kurze Haare, also das war schon eine Neuigkeit.
    „Schade, dass Skin-Hansi das nich sehen kann“, meinte er.
    „Wieso, was iss denn mit dem?“, fragte Spargel.
    Horst zuckte mit den Achseln und lächelte geheimnisvoll. „Verschwunden.“
    „Ach ja, habbich dir noch ganich erzählt. Der Hansi iss verschwunden“, meinte Motte jetzt.
    „Wie verschwunden?“
    „Der iss schon seit Monaten weg, unauffindbar. Keiner weiß, wo der iss, nich ma der Migge, Skin-Tom nich, keine Sau weiß, wo der abgeblieben iss. In seiner Wohnung iss keiner, der Migge hat nämlich die Tür eingetreten, wo er zwei Wochen nix von dem gehört hat.“
    „Das gibt´s doch nich!“
    „An dem hat sich endlich mal einer gerächt und hat ihm das gegeben, was er schon längst verdient hat“, meinte Frank und beleckte eine frisch gedrehte Zigarette. „Das alte Nazi-Schwein.“ Keiner sagte was. „Stimmt doch auch. Bevor er verschwunden iss, hat er einen zusammengeschlagen, einen Libanesen, der in der Küche von sonnem chinesischen Restaurant gearbeitet hat und leider nachts zu Fuß unterwegs war. Hat die alte Ratte von Migge noch stolz erzählt. Erst hat er ihn vermöbelt, und dann hat er ihm mit nem Messer ´n Hakenkreuz in den Arm geritzt.“
    „Iiih!“
    „‚Deutschland den Deutschen‘, soll er gebrüllt haben, und:

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