Revolte auf Luna
Andere brauchen unsere Show nicht zu sehen.«
»Ich bin nicht dumm, Mannie«, versicherte er mir. »Ruhe, damit ich mich konzentrieren kann!«
Wir warteten schweigend. Auf dem Bildschirm erschien ein hellgrauer Fleck, verschwand wieder, bildete ein leuchtendes Oval, wurde zu einem geisterhaft verschwommenen Gesicht und nahm allmählich feste Formen an. Plötzlich sahen wir >Adam Selene< ganz deutlich.
Das Bild eines Mannes von etwa vierzig Jahren stand still.Der Hintergrund war dunkel, so daß der Kopf hervortrat.Trotzdem wußte ich sofort, daß ich Adam Selene vor mir hatte.
Dann lächelte er, bewegte die Lippen und zog die Augenbrauen hoch -und ich hatte fast Angst vor ihm.
»Wie sehe ich aus?« fragte er.
»Adam«, sagte Wyo, »deine Haare sind nicht so stark gewellt.
Und sie reichen nicht so weit in die Stirn. Die Leute glauben sonst,daß du eine Perücke trägst.«
Mike korrigierte das Bild. »Besser?«
»Nicht ganz so weit. Hast du keine Grübchen? Wenn ich dein Lachen höre, sehe ich immer Grübchen wie Profs vor mir.«
Mike-Adam lächelte nochmals; diesmal mit Grübchen.
»Wo bist du jetzt?« fragte Wyo.
»Noch im Büro; heute Nacht muß ich durcharbeiten.« Der Hintergrund wurde heller, farbig und scharf. Ein Wandkalender zeigte den 19. Mai 2076; die Uhr daneben zeigte die richtige Zeit an. Neben Adam stand eine Tasse Kaffeeauf dem Schreibtisch.
Wir erkannten eine Fotografie: eine Familie, zwei Männer,eine Frau, vier Kinder. Von draußen herein drangen wirrer Lärm, Schreie und Gesang: Simons Fassung der Marseillaise.
»Genosse?« sagte Ginwallahs Stimme von rechts außerhalb des Bildes.
Adam drehte sich nach ihm um. »Ich habe zu tun, Albert«, erklärte er ihm geduldig. »Ich kann nur Anrufe aus Zelle B entgegennehmen. Du bist für alle anderen zuständig.« Er wandte sich wieder an uns. »Nun, Wyo? Verbesserungsvorschläge? Prof?
Mannie, mein zweifelnder Freund? Zufrieden?«
Ich rieb mir die Augen. »Kannst du kochen?«
»Natürlich. Aber ich brauche es nicht zu tun; ich bin verheiratet.«
»Adam«, fragte Wyo, »wie kommt es, daß du trotz aller Anstrengungen noch so gepflegt aussiehst?«
»Ich lasse mich nicht von Kleinigkeiten aus der Ruhe bringen.«
Er sah zu Prof hinüber. »Professor, wenn das Bild in Ordnung ist, können wir jetzt den Text der Ansprache diskutieren, die ich morgen früh um acht Uhr im Fernsehen halten will.«
Wir diskutierten bis in die frühen Morgenstunden. Ich ließ zweimal frischen Kaffee bringen, und Mike -Adam ließ seine Tasse ebenfalls nachfüllen. Als er Ginwallah bat, ihm einen Sandwich zu bringen, sah ich den Sekretär zum erstenmal im Profil: ein typischer Untergebener, höflich,beflissen und stets darauf bedacht, einen guten Eindruck zu machen. Ich hatte ihn mir ganz ähnlich vorgestellt. Mike aß gleichzeitig mit uns und sprach gelegentlich auch mit vollem Mund.
Als ich nach den Einzelheiten dieser Illusion fragte,erklärte Mike mir, er habe den größten Teil des einmal aufgebauten Bildes automatisch programmiert und konzentriere sich jetzt nur auf Veränderungen des Gesichtsausdrucks. Aber ich vergaß bald, daß das Bild nicht echt war. Mike-Adam wirkte immer überzeugender, je länger wir mit ihm sprachen.
Gegen drei Uhr morgens hatten wir unser weiteres Vorgehen abgesprochen, und Mike konnte die Rede einüben. Prof änderte sie an einigen Stellen ab, und Mike machte selbst Verbesserungsvorschläge; dann wollten wir endlich schlafen, denn auch Mike -Adam gähnte -obwohl Mike in Wirklichkeit ununterbrochen arbeitete. Prof und ich teilten uns das große Bett, Wyo streckte sich auf der Couch aus. Diesmal schliefen wir ohne Gewichte.
Adam Selene hielt seine Rede, während wir am nächsten Morgen beim Frühstück saßen. Sie dauerte fünfzehn Minuten und ließ sich kurz zusammenfassen: Arbeitet weiter, seid geduldig,gebt uns Zeit.
Alles schien nach Wunsch zu laufen, nur die Wissenschaftler gaben uns fast keine Zeit -das hätte ich allerdings vermuten müssen, denn schließlich fiel gerade das in mein Fachgebiet.
Alle Funkverbindungen nach Terra wurden von Mike kontrolliert. Aber die Wissenschaftler besaßen genügend elektronische Bauteile, um ein ganzes Lagerhaus damit auszurüsten; nachdem sie sich dazu entschlossen hatten, brauchten sie nur einige Stunden, um einen behelfsmäßigen Sender und Empfänger zu konstruieren, der eine Verbindung zu Terra herstellte.
Zum Glück war einer von ihnen der Überzeugung, Luna habe es verdient, endlich
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