Revolution - Erzählungen
die in der Landschaft stehen und Gras fressen. Wow! Wir essen lecker und lassen es uns gutgehen, während die Einheimischen geschlachtet werden.
Von der Lodge aus fahren wir mit einem matatu – den kleinen lokalen Bussen – weiter die westliche Grenze entlang nach Nord-Kivu. Ein Teil von Zaire ist Hochland – schön wie Tarzans Wald. Lake Kivu, Goma, Mountains of the Moon, Staircase of Venus – hier haben die Leute nach den Minen der Königin von Saba und der Quelle des Nil gesucht. Zaire ist eine alte Kolonie, ehemaliges Belgisch-Kongo. Und so vollkommen unzivilisiert, wie es überhaupt nur möglich ist. Als wir ankommen, herrscht Regenzeit, und da es wirklich sehr hoch liegt, ist es hier auch richtig kalt. Es gibt so gut wie keine Hotels, nur heruntergekommene Guesthouses. Man bekommt nichts zu essen, nur ein paar merkwürdige, fettig gesottene Klöße. Wir essen frittierten Teig. In Zaire gibt es nicht so viele matatu , daher nehmen wir den Lastwagen, sitzen zusammen mit den Eingeborenen auf der Laderampe – und haben eine exzellente Aussicht, als wir den Rand des Kongo-Beckens entlangfahren. Wir können ewig weit über Baumwipfel und mehrere Berge gucken. Die Atmosphäre ist vollkommen anders als in Ostafrika. Alles wirkt noch ärmlicher. Die Häuser sehen europäisch aus; winzig kleine, hässliche Backsteinhäuser, ein einziger Raum mit einem Fenster, einer Tür und einem Blechdach. Oberhalb der Türen und Fenster ist alles pechschwarz, weil in dem einen Raum in Kohlebecken gekocht wird. Und die Menschen scheinen irgendwie bedrückt zu sein, aber das kann auch am Regen liegen.
Jedes Mal, wenn wir in einem Dorf halten, unterhält Jacques sich mit den Leuten, weil er herausfinden will, wo wir Gold bekommen können. Wir fahren fünf Tage auf dieser Route entlang der Grenze zu Uganda und Ruanda. Wir gelangen bis zum letzten Dorf in den Bergen, direkt an einem steilen Abhang zu dem großen Savannenplateau des Nyiragongo – einem riesigen Vulkan, beinahe dreieinhalb Kilometer hoch. In diesem Dorf findet Jacques endlich einen kleinen pygmäischen Burschen, der auf die Frage nach Gold zustimmend nickt. Er kommt in unser Zimmer im Guesthouse und packt aus. Die Steine sind in die Fetzen einer Plastiktüte verpackt. Jacques packt aus, und die gelben Metallklumpen geben ein merkwürdig klirrendes Geräusch von sich. Jacques und ich sehen uns an, so klingt Gold sicher nicht. Er sitzt auf der Bettkante, wirft einen Klumpen von einer Hand in die andere und schlägt die Stücke zusammen. Kling, klang , tönt es. Er holt die Waage heraus, wiegt und misst und sieht den Pygmäen an.
»Das ist kein Gold«, erklärt Jacques, und der Pygmäe zieht ein erschrockenes Gesicht, rafft hastig seine Sachen zusammen und verschwindet. Jacques flucht, denn es war der erste Kontakt, den er in all der Zeit bekommen hat. »Ach, Mist, wahrscheinlich ist das alles gar nicht wahr. Vielleicht hat man uns auf eine völlig falsche Fährte gesetzt«, sagt er.
Doch bereits am nächsten Tag findet Jacques einen anderen Burschen, der ihm etwas anbietet. Auch er trägt es in einer Plastiktüte mit sich herum, nur hat er einen richtig gewaltigen Klumpen von der Größe eines großen Eis, mit Steinen darin. Es sieht ganz anders aus, und es macht nicht klink , sondern donk . Ich beiße hinein, es fühlt sich ein bisschen weich an – nicht so weich, dass sich meine Zähne darauf abzeichnen, aber dieses Gefühl, als würde es ein wenig nachgeben. Jacques wiegt und misst, es hat das richtige Raumgewicht. Sie fangen an zu handeln, und es stellt sich heraus, dass der Bursche den aktuellen Weltmarktpreis kennt.
»Woher weiß der das?«, fragt Jacques mich enttäuscht. »Der kommt doch aus dem Dschungel, oder?«
Natürlich gibt es in den Dörfern Funk und Kurzwellenradios, die auf BBC World Service eingestellt sind. Sie leben nicht mehr im dunklen Afrika. Der Bursche verlangt einen happigen Preis. Jacques hatte sich vorgestellt, auf der Reise einen Haufen Geld zu verdienen, nun bleibt vermutlich nicht allzu viel übrig. Aber er kauft das Gold trotzdem, weil er sich bei den Indern in Nairobi umgehört hat und weiß, dass es sich rasch absetzen lässt. Die Inder interessiert Gold, weil sie damit ein gewisses Startkapital haben, wenn sie Afrika verlassen müssen. Idi Amin hat bereits alle Inder aus Uganda herausgeschmissen, und die Inder im übrigen Ostafrika fürchten, dass sie das gleiche Schicksal erleiden werden. Sie versuchen, nach England, Kanada oder
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