Revolution - Erzählungen
in die USA zu kommen.
Schließlich besitzen wir ein Kilo Gold, und ein Kilo nimmt eigentlich nicht sonderlich viel Platz weg; es ist ungefähr ein halber Standardschwanz in erigiertem Zustand. Ich sage das deshalb, weil Jacques das Gold in zwei Kondome packt und sie mir gibt.
»Steck sie dir mal rein«, fordert er mich auf.
»Du kannst sie selbst tragen. Das war doch deine Idee.«
»Kann ich nicht.«
»Du hast doch ein Arschloch – das weiß ich.«
»Versuch jetzt nicht, komisch zu sein.«
Von dem Dorf aus fahren wir über die Ebene, vorbei am Nyiragongo, der einen Monat zuvor ausgebrochen ist. Überall liegt erstarrte Lava. Sie haben bereits Bulldozer hergebracht und Schneisen angelegt. Einige Lavaströme sind während des Ausbruchs auch an den Abhängen ausgetreten, die wollen wir uns ansehen. Wir laufen acht Stunden durch den Dschungel, dabei schifft es unablässig in Strömen. Alles ist total durchweicht. Und dann kommen wir endlich an eine Stelle, an der glühende Lava und Steine aus einem Loch in der Erde sprudeln. Die erstarrte vulkanische Steinwüste ist durchzogen von Rissen, aus denen blubbernde Lava fließt. Wir hängen unsere Sachen zum Trocknen an ein paar Büsche und setzen uns an einen der Risse, um Brot und Würstchen zu rösten. Unsere Sachen sind innerhalb einer halben Stunde trocken.
Wir müssen zurück nach Kenia, der nächste Flughafen mit einem Linienflug ist Kigali in Ruanda. Die Landschaft ist total schön. Wir haben unser Gold, aber das weiß niemand. Wir sind bloß Touristen. Das Flughafengebäude ist glücklicherweise völlig primitiv ausgestattet, es gibt weder Metalldetektoren noch Röntgenapparaturen, unser Gepäck wird per Hand durchsucht. Mir steht dennoch der kalte Schweiß auf der Stirn, als ich durch die Zollkontrolle über das Rollfeld und die Treppe hinauf zum Flugzeug gehe. Das Gold ist schwer, und ich muss die Muskeln meiner Möse so fest zusammenziehen, wie ich kann. Das Gold bleibt, wo es ist. Im Flugzeug nicke ich ein, doch als wir in Nairobi landen, geht es nicht mehr. Jacques zerrt unsere Taschen aus den Gepäckfächern.
»Ich kann es nicht halten«, flüstere ich ihm zu, als ich aufgestanden und auf den Mittelgang getreten bin.
»Spann die Möse an!«
»Es rutscht heraus«, sage ich und setze mich wieder.
»Du kannst doch sonst zudrücken damit.«
»Ja, aber leider habe ich normalerweise auch nicht ein ganzes Kilo da drin!«
Er sieht mich an. »Reiß ein Loch in deine Hosentasche und halt es fest«, sagt er und geht auf den Ausgang zu.
Dieses Schwein. Ich ziehe meine Hosentasche heraus, reiße sie kaputt und stopfe meine Hand hinein – glücklicherweise sind es weite Khaki-Hosen, in die ich meine Hand tief stecken und den goldenen Schwanz festhalten kann, ohne dass es aussieht, als würde ich mich beim Laufen im Schritt kratzen.
Am Abend steht Jacques splitternackt und mit einer Erektion in unserem Hotelzimmer und will mir l’or vivant geben – das lebende Gold.
»Du bist so blöd«, sage ich. »Mir tut die Scheide weh.«
»Ach, komm schon.«
Ich drehe mich zur Wand und ziehe mir die Decke über den Kopf.
Wir finden ein Guesthouse zehn, fünfzehn Kilometer nördlich von Mombasa, das Pole-pole-House – das bedeutet »immer mit der Ruhe« auf Swahili. Es liegt auf der Kuppe eines Abhangs, direkt an der Küste. Zwei Eisenbahnbohlen mit Stufen führen hinunter zum Strand. Ursprünglich müssen es mal fünfundzwanzig Stufen gewesen sein, jetzt sind noch neun da. Man kann hinunterklettern, und ein Stück weit draußen im Meer gibt es ein Riff und eine Lagune mit einer Unmenge von Fischen und Korallen. Wir schnorcheln den ganzen Tag, das Wasser ist fünfundzwanzig bis siebenundzwanzig Grad warm. Ich laufe jeden Morgen zehn Kilometer am Strand und ziehe ein volles Gymnastik- und Yoga-Programm durch, außerdem rauche ich verdammt viel Pot. Ich bin im Nirwana – ich spüre meinen Körper überhaupt nicht mehr.
Und Jacques zerbricht sich den Kopf. Wir haben das Gold noch, er hat es in Nairobi nicht verkauft. Jacques will es nach Indien mitnehmen. Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Er hat auch nicht den Fetzen eines Nachweises, dass er der rechtmäßige Besitzer ist. Die internationalen Flughäfen haben Metalldetektoren und Röntgenscanner. Ein goldener Schwanz in einer Honigdose – das funktioniert nicht auf Dauer. Aber ich sage nichts. Und ich habe aufgehört, ihn irgendetwas zu fragen.
Jacques will noch mehr Gold. Aber es widerstrebt ihm, Geld zu
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