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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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gerade passiert ist, das scheint allen klar zu sein, das war der Umsatz eines guten Samstagabends, der ist futsch, und alles nur, weil das Material müde geworden ist. So ist das manchmal.
    Einer fängt ganz sachte an, sich zu rühren: Der Typ, der neben Klatsche mit dem Kopf auf der Theke eingeschlafen war, wacht auf.
    »Mann«, sagt er, während alle anderen still sind wie die Mäuschen, »Mann, hier stinkt’s ja wie in der Kneipe.«
    Und dann fängt sich der DJ langsam, legt eine neue Platte auf, die Leute trauen sich wieder was und bewegen sich ein kleines bisschen, reden leise vor sich hin, trinken weiter, und der Barmann lächelt auch fast schon wieder.
    Ich schaue zu Klatsche rüber. Der versucht, sich das Lachen zu verbeißen, und platzt gleich. Ich stehe auf, lege Geld für unsere wirklich amtliche Rechnung auf den Tresen und küsse den Barmann durch die Luft.
    »Los, Baby«, sage ich, »wir gehen.«
    »Nenn mich nicht Baby«, sagt er und grinst.
    Ich nehme seine Hand, ja richtig, ich nehme seine Hand, der Himmel weiß, warum. Passt gerade. Wir gehen raus, die Straße ist nass, es hat schon wieder angefangen zu regnen, egal, was soll’s, wir spazieren Hand in Hand durch unsere Straße in Richtung Heimat, dorthin, wo Carla schläft. Irgendwo hinter den Wolken ziehen die Sterne ihr Ding durch, und ich weiß: Das hier ist mein Ort in der Welt. Dieses schmutzige kleine Stadtviertel mit seinem kaputten Kopfsteinpflaster, seinen dunklen Häusern, seinen funzelnden Lichterketten, seinem Charme, seinem Kummer, seinen nicht wichtigen, aber liebenswerten Geschichten, seinem ewigen Nieselregen, und direkt neben mir ist einer von den Menschen, die ich immer bei mir haben will.
    Ich halte Klatsches Hand, so fest ich kann, denn mit seiner Hand halte ich auch meinen Ort fest. Ich weiß, dass ich nicht versuchen sollte, die Dinge festzuhalten, denn dann ist der Schmerz nur größer, wenn sie verloren gehen. Aber, ach. Scheiß drauf. Ich war noch nie besonders schlau in solchen Dingen. Ich hab das doch nie gelernt, da war ja nie jemand, der es mir hätte beibringen können.

    Zu Hause schließt Klatsche unsere Haustür auf, wir gehen die Stufen hoch, halten uns immer noch an den Händen, die alte Holztreppe knarrt unter unseren Füßen, bis zum dritten Stock halten wir uns fest, vor unseren Wohnungen bleiben wir stehen.
    Meine Wohnung ist links, seine rechts. Ich hätte immer weiter so durch die Straßen laufen können. Ich wusste nicht, wie erwachsen und warm und trocken sich seine Hand anfühlt, wenn man sie einfach nur hält und wenn man vergisst, was alles dranhängt. Es ist stockdunkel im Treppenhaus, das Licht ist ja kaputt. Ich kann sein Gesicht nicht sehen, aber ich kann es fühlen, so nah ist es an meinem. Seine Wangen sind nass vom Regen.
    Ich kann ihn nicht mit zu mir nehmen.
    Ich kann das nicht, das geht nicht.
    Meine betrunkene Freundin besetzt sein Bett, und wenn ich ihn nicht mit zu mir nehme, muss er heute Nacht auf dem Fußboden schlafen. Er hat ja nicht mal eine Couch. Ich sollte ihn mit zu mir nehmen, schon aus Freundschaft. Und so halte ich seine Hand, kann nicht aufhören damit, und wir stehen in diesem Kacktreppenhaus, Gesicht an Gesicht.
    »Klatsche«, flüstere ich.
    »Ja?«
    »Wie heißt du?«
    »Kann mich nicht erinnern«, sagt er, leise, heiser.
    »Bitte«, sage ich, immer noch ganz nah bei ihm. »Ich will endlich wissen, wie du heißt.«
    Wir kennen uns seit Jahren, und ich kenne tatsächlich nur seinen Kampfnamen, ich weiß nicht mal, wie er richtig heißt. Ich muss das jetzt wissen. Ich will es ein für alle Mal festhalten, ich werde es mir aufschreiben, und dann verstecke ich den Zettel in der untersten Schublade und vergesse ihn, und dann ist es, als wäre nichts gewesen, und nur ich weiß: Da war was.
    Sein Gesicht kommt noch näher, sein Mund ist irgendwo zwischen meinem Nacken und meinem Haar, und seine Lippen sind so nah, dass ich es kaum noch aushalte.
    »Henri«, sagt er.
    »Henri«, sage ich.
    »Genau«, sagt er.
    Henri also. Dann wollen wir doch mal sehen, was wir damit heute Nacht noch anfangen.

So jung so jung soll man doch nicht draußen rumlaufen ohne Beschützung ohne Höschen das soll man nicht hab ich ihr nicht gesagt wer bin ich denn aber gesehen hab ich das und sie hat es verstanden ich will besser werden hat sie gesagt ich hab ihr geholfen ich hab das zugemacht und ich glaube sie wollte ans Meer und dann hab ich noch eine Weile bei ihr gesessen und hab ihr erzählt wie das

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