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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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einen Schluck von meinem Bier.
    »Es war schrecklich«, sage ich. »Wie sie da saß, mit dieser Perücke, und aufs Wasser schaute. Sie hätte im Sommer ihr Abitur machen sollen.«
    Klatsche zündet sich auch eine Zigarette an, und ich asche ins Treppenhaus.
    »Was erzählt man sich denn so auf dem Kiez?«, frage ich.
    »Dass ein Irrer frei rumläuft und Tänzerinnen verstümmelt«, sagt er. »Die haben alle Angst. Im Acapulco stehen ab jetzt ganz schwere Jungs vor der Tür, und keines der Mädchen will noch alleine irgendwo hingehen. Manche wollen nicht mal mehr arbeiten. Und einer von den Portiers im Casino sagt, er hätte einen merkwürdigen Mann gesehen, zwei Meter groß und mit einer Perücke aus Frauenhaar auf dem Kopf. Halte ich aber für Legendenbildung. Du weißt ja, wie schnell das hier geht.«
    »Hast du noch mal was vom Basso gehört?«, frage ich.
    »Was das angeht«, sagt er, »halten sie alle das Maul. Wenn ein Lude draufgeht, ist es immer besser, nichts dazu zu sagen. Das ist die deutliche Botschaft so einer Angelegenheit. Nur deshalb hat der arme Kerl doch sterben müssen.«
    »Du mochtest ihn, hm?«
    »Na ja«, sagt er, »ich kannte ihn kaum. Aber die Kleinen sollen doch zusammenhalten, oder? Hast du Carla inzwischen erreicht?«
    Ich schüttele den Kopf. »Ich will auch lieber nicht wissen, wo die sich rumtreibt.«
    »Im Zweifelsfall«, sagt er, »ist sie gerade dabei, Fernando umzulegen.«
    »Hör bloß auf«, sage ich.
    Wie aus Versehen landet seine linke Hand auf meinem Knie. Ich schiebe sie nicht weg und mache die Augen zu.
    »Klatsche«, sage ich.
    »Mhm«, brummt er.
    »Hast du meine Tür abgeschlossen, als du gegangen bist?«
    »Klar«, sagt er, »gut, oder?«
    »Die Tür war auf«, sage ich.
    »Nein«, sagt er.
    »Doch«, sage ich und mache die Augen wieder auf.
    Klatsche sieht müde aus. »War jemand in deiner Wohnung?«, fragt er.
    »Es roch nach Kiez«, sage ich, »nach billigem Rasierwasser.«
    Er nimmt einen Schluck Bier. »Und? Was wollte dein Besuch?«
    »Ich schätze, er wollte meine Knarre«, sage ich. »Die ist nämlich weg.«
    »Wusste gar nicht, dass du eine hast«, sagt er.
    »Ich darf auch eigentlich keine haben«, sage ich und nehme noch einen Schluck zur Beruhigung.
    »Was will ein Kieztyp ausgerechnet mit deiner Wumme?«, fragt er.
    »Mir Angst machen?«
    »Wer will dir denn Angst machen?«, fragt er.
    Ich zucke mit den Schultern. Ich habe keine Ahnung.
    Klatsche streicht mir ein bisschen übers Knie, und dann sagen wir gar nichts mehr, trinken mehr schlecht als recht unser Bier aus, rauchen jeder noch eine zweite Zigarette und gehen am Ende in zwei verschiedene Betten.

Samstag:
Schanghait
    I ch mache mir vor, dass es nur ein Spaziergang ist, einer meiner üblichen Spaziergänge zu Carlas Café. Aber es ist kein Spaziergang.
    Ich habe Angst und ein ziemlich bizarres Tempo drauf. Als hätte ich die Hoffnung, dass mit jedem zurückgelegten Meter die Angst ein bisschen kleiner wird. So läuft es aber leider nicht. Die Angst wird nicht kleiner. Die Angst wird größer, je näher ich meinem Ziel komme. Ich laufe am ehemaligen Hafenkrankenhaus vorbei, durch das kleine Waldstück mit knorrigen Bäumen, und habe Angst. Ich laufe den Venusberg runter und habe Angst. Ich sprinte die Treppen zum Portugiesenviertel hinab und habe Angst.
    In der kleinen Straße, die zu Carlas Café führt, wird die Angst so groß, dass sie beginnt, mich zu lähmen, es ist wie in einem bösen Traum, in einer dieser Welten, in denen man nicht vom Fleck kommt, egal wie sehr man sich anstrengt, und mir ist, als würden die Klamotten- und Souvenirläden links und rechts von mir mich auslachen, weil sie es zum Brüllen finden, wie ich auf dem Asphalt festklebe. Und als ich an der Tür vom Café rüttele und feststelle, dass sie zu ist, wird die Angst zu Panik.
    Carla ist nicht da. Das Café ist geschlossen. Das hat sie noch nie gemacht. Sie macht ihr Café immer auf, egal was ist. Ich versuche, meine Atmung zu beruhigen und meinem Blutdruck klarzumachen, dass Umfallen jetzt niemandem hilft. Ich wähle wieder Carlas Nummer, wie ich es schon so oft getan habe heute Morgen. Ihr Telefon ist inzwischen aus. Das Einzige, was ich höre, sind eine Computerstimme in der Leitung und eine Schiffshupe in der Ferne.
    Was, wenn Carla irgendwo liegt? Was, wenn sie Donnerstagnacht bei Klatsche aufgewacht ist, und niemand war da, und dann ist sie rausgerannt und hat mich gesucht? Oder sie hat sich auf dem Kiez rumgetrieben

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