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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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hin, wo er mit ihr alleine ist. Mit zu sich nach Hause? Vielleicht wohnt er ganz in der Nähe, gleich hier auf dem Kiez, da fühlt sie sich sicher. Er bietet ihr was zu trinken an, einen Feierabenddrink, den nimmt sie gern, warum auch nicht? Er mischt Tabletten in den Drink und sieht sie an, während sie langsam wegdämmert. Wenn sie sich nicht mehr bewegt, nicht mehr auf seine Worte reagiert, legt er ihr den Kabelbinder um den Hals und zieht ihn zu. Das tut er nicht gerne, das quält ihn, aber er muss auf Nummer sicher gehen, dass er ihr nicht weh tut. Es geht auch schnell. Vielleicht zuckt sie noch mal, vielleicht bäumt ihr Körper sich noch mal auf, er sieht nicht hin. Wenn es vorbei ist, zieht er sie aus, er will ihre Haut sehen, an ihr riechen, sie ganz nah bei sich haben, vielleicht legt er für einen Moment seinen Kopf auf ihre Brust. Dann holt er das Messer und tut ganz vorsichtig das, was er tun muss, Stück für Stück nimmt er ihr Haar, und weil es schön bleiben muss, lebendig, muss er die Haut auch nehmen. Es wühlt ihn auf, er ahnt, dass es falsch ist, aber er kann nicht anders. Wenn er das Haar hat, setzt er ihr die Perücke auf. Als wäre nichts gewesen. Er hat doch nichts kaputt gemacht, sieht doch gut aus. Und dann bringt er sie weg, an einen schönen Ort, der zu ihr passt, an dem es ihr gut gehen muss. Es ist, als würde er sie begraben, sie verabschieden.
    Ihre Haare hebt er gut auf. Sie sind sein Schatz, sie halten ihn warm, sie füllen für einen Moment die grausame Lücke in seinem Leben, und für ein paar Tage geht es ihm ein bisschen besser. Der Druck ist erst mal raus.

    Ich schließe die Augen. Mein Herz klopft, und in meinem Kopf ist es vollkommen dunkel. Es ist so weit: Ich kann ihn mir vorstellen. Ich glaube, ich weiß, was er fühlt. Es ist schrecklich. Er kommt mir so jung vor, und so hilflos. Er leidet wie ein Hund und weiß überhaupt nicht, was los ist, was mit ihm passiert. Ich könnte heulen.
    Und ich muss sagen: Mein Büro ist ganz schön sauber.

    Carla glüht, sie sieht aus wie eine frisch gevögelte Madonna. Das Café ist vollgestopft mit Menschen, Scott schmiert monströse Schinkenstullen, und die traurige portugiesische Musik, die Carla so gernhat, weicht den Leuten die Birne auf. Scott kommt hinter der Theke hervor, nimmt mich mit gebutterten Händen in den Arm, versaut mir vermutlich meinen Mantel und sagt:
    »Hey, Babe.«
    »Hey«, sage ich und nicke dienstlich.
    Ich kann mich nicht so schnell an neue Männer gewöhnen. Carla kommt angeflattert, nimmt meine Hand und zerrt mich in die Ecke vors Klo.
    »Ist er nicht toll?«
    Sie strahlt.
    »Er arbeitet hier mit, als hätte er nie etwas anderes gemacht, er sagt, er will in Hamburg bleiben, und der Sex ist ein Hammer, ich sag dir …«
    »Carla …«, sage ich.
    »Warum hast du mir eigentlich nicht erzählt, dass inzwischen noch zwei Mädchen ermordet wurden?«
    »Du warst nicht da«, sage ich, »du warst auf Sauftour.«
    »Ich war auf Ficktour!«, sagt sie und macht ein schmutziges Gesicht.
    »Böses Mädchen«, sage ich.
    Sie grinst.
    »Und du? Was ist mit Zandvoort?«
    »Nichts«, sage ich. »Ich hab Donnerstagnacht mit Klatsche geschlafen.«
    »Oh, Liebes!«, sagt sie. »Das ist toll! Ihr seid ein tolles Paar!«
    »Wir sind ein komisches Paar«, sage ich, »wenn wir eines sind.«
    »Das solltest du dir aber langsam überlegen«, sagt sie, »schau dir mal an, wer da kommt.«
    Ich drehe mich um. Zandvoort steht in der Tür. Er trägt einen hellgrauen Wollanzug und einen schwarzen Schal und lächelt mich an. Er sieht gut aus, wie immer.
    »Stimmt«, sage ich, »ich sollte ihm klarmachen, dass bei mir nichts zu holen ist.«
    »Und ich sollte dir einen Kaffee bringen«, sagt sie und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
    Zandvoort setzt sich an einen Tisch am Fenster. Ich gehe zu ihm rüber und sage: »Hallo.«
    Er beäugt mich und sagt keinen Ton. Carla bringt mir meinen Kaffee.
    »Ich nehme auch einen«, sagt Zandvoort.
    Seine Stimme klingt belegt. Er lehnt sich zurück und beäugt mich weiter.
    »Was ist?«, frage ich und setze mich.
    Er holt ein schwarzes Zigarettenetui aus seiner Jackentasche und legt es auf den Tisch.
    »Warum treffen Sie sich mit mir?«, fragt er. »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie hier sind.«
    Ich trinke einen Schluck von meinem Kaffee und sage: »Ich bin immer hier. Aber warum treffen Sie sich mit mir?«
    »Keine Ahnung«, sagt er.
    Carla bringt ihm eine Tasse Kaffee.
    »Sehen Sie«, sage ich,

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