Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)
heute mit mir Mittag essen? Ich muss was mit Ihnen besprechen.«
»Sehr gerne«, sage ich, »ich hätte da auch was. Sportbude?«
»Sportbude«, sagt der Faller.
Die Sportbude ist ein Würstchengrill neben einem Fußballplatz gleich hinterm Präsidium. Unsere inoffizielle Kantine. Ungesund, aber ausgezeichnet.
Der Schulle und der Brückner sitzen an zwei gegenüberliegenden Schreibtischen, sie haben sich ihr Büro mit Scorcese-Filmplakaten und Stadtplänen gemütlich gemacht. Draußen vor dem Fenster ist Alsterdorf, grüne Wiesen, hohe Bäume, Reihenhäuser, Vorstadtszenerie.
Der Faller setzt sich an den Tisch, an dem sonst die Verdächtigen zum Verhör sitzen, ich lehne mich an den Aktenschrank, weil ich den Verhörtisch nicht mag. Ich komme mir da immer vor, als hätte ich was ausgefressen.
»Wie sieht’s aus?«, fragt der Faller.
»Wir haben erste Rückläufe bei den Geländewagenüberprüfungen«, sagt der Schulle. »Der Calabretta koordiniert die Sache und ist mit den Einsatzkommandos unterwegs. Fast alle bisher in Frage kommenden Halter haben Alibis für die Tatzeit des letzten Mordes, bis auf eine junge Frau aus Eppendorf, einen gehbehinderten Herrn aus dem Generalsviertel und einen sehr kleinen Mann aus Othmarschen. Die passen aber weder zu den gefundenen Fußabdrücken noch zu unserem Täterprofil.«
»Was ist mit dem Halter des Wagens, dessen Kennzeichen ich Ihnen heute Morgen durchgegeben habe?«, frage ich.
»Claudius Zandvoort«, sagt der Schulle, »der war bis halb eins in seinem Theater, dem Okzidental. Der ist da Intendant. Und danach war er zu Hause. Sein Sohn hat das bestätigt.«
»Das Okzidental? «, fragt der Faller. »Das ist doch dieses alte Kieztheater, oder? Da wäre der Typ ja zumindest in Tatortnähe gewesen.«
»Ja«, sage ich und starre aus dem Fenster.
»Chef?«, sagt der Faller, »is’ was?«
»Das Alibi ist keinen Pfifferling wert«, sage ich. »Der Sohn arbeitet als kleiner Beleuchter am Theater seines Vaters, ist komplett von ihm abhängig und scheint eher so was wie sein Untergebener zu sein. Der bestätigt alles, was sein Vater sagt.«
Die drei Männer im Raum schweigen und sehen mich irritiert an.
»Kennen Sie diese Leute, Chef?«, fragt der Faller.
Ich nicke.
»Wollten Sie darüber mit mir reden?«, fragt er weiter.
Ich nicke wieder.
»Ich war gestern Abend in der Wohnung des Mannes«, sage ich, »wir haben uns bei Carla kennengelernt. Aber er wurde mir irgendwann unheimlich. Ich hatte das Gefühl, mit dem stimmt was nicht.«
»Wir sollten den Kerl beobachten lassen«, sagt der Faller.
»Ja«, sage ich, »er ist groß, er ist kräftig, er fährt einen Porsche Cayenne, und er verhält sich merkwürdig.«
»Mein Gott, Chastity«, sagt der Faller, »was haben Sie bei so einem in der Wohnung gemacht?«
»Ich weiß es nicht«, sage ich, ich weiß es beim besten Willen nicht.
»Wir lassen den Typen sofort überwachen«, sagt der Faller, »Schulle, kümmern Sie sich darum?«
Der Schulle nickt.
»Und Brückner«, sagt der Faller, »haben Sie Kontakt mit den V-Leuten aufgenommen? Wir brauchen endlich mal eine Richtung, was den Mord am Basso angeht.«
»Der Leiter der V-Abteilung hat mich heute Morgen angerufen«, sagt der Brückner. »Angeblich hatte der Basso versucht, eine Schutzgeldnummer aufzuziehen, konnte aber nirgends landen. Auf dem Kiez haben sie ihn deswegen wohl herzhaft verlacht. Sein Tod könnte durchaus auch damit zu tun haben. Auch, wenn er nichts an Land gezogen hat, ist er ein paar Leuten sicher gehörig auf den Sack gegangen.«
»Und mit wem sollten wir mal reden?«, frage ich. »Hatte der irgendeinen Tipp für uns?«
»Der Basso hatte einen Freund«, sagt der Brückner, »einen kleinen Vogel aus der Boxszene. Der wollte eigentlich Profi werden, aber das klappt wohl nicht so richtig, und einige sagen, er hing in der Schutzgeldsache mit drin. Aber der hat sich verzogen, den will seit dem Mord keiner mehr gesehen haben. Vermutlich hat er Schiss. Entweder vor uns oder vor den Leuten, die den Basso auf dem Gewissen haben. Der Typ heißt Heiner Matzen. Wäre gut, wenn wir den auftreiben könnten.«
»Wollen wir nach dem Mittagessen direkt los nach Sankt Pauli?«, frage ich.
»Jederzeit«, sagt der Brückner.
»Ich bringe uns Kiezverstärkung mit«, sage ich.
»Wenn’s denn sein muss«, sagt der Brückner.
Die Sportbude stinkt heute so dermaßen nach Frittenfett, dass wir draußen auf unsere Bratwürste mit Schaschlik warten. Die
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