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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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mal überrascht war. Ich meine, wenn bei mir die Polizei anrufen würde, um mir zu sagen, dass mein Sohn …«
    »Adoptivsohn«, sage ich.
    »Macht das denn einen Unterschied?«, fragt der Faller.
    »Für Zandvoort anscheinend schon«, sage ich. »Der hat doch nichts als Kälte für den Jungen übrig.«
    »Auf jeden Fall«, sagt er, »kam mir der Typ erschreckend unbeteiligt vor.«
    »Sage ich doch. Wenn Sie mich fragen, hat der Vater noch mehr einen an der Ratsche als der Sohn.«
    Der Faller sagt nichts und wischt sich wieder mal mit den Händen übers Gesicht.
    Ich gehe um seinen Schreibtisch herum und lasse mich auf seinen Stuhl fallen.
    »Wie geht’s Ihnen eigentlich?«, frage ich.
    »Geht so«, sagt der Faller. »Irgendwie tut sich unter meinen Füßen ein Loch auf. Und ich weiß nicht, was da lauert. Ich war gestern so erleichtert, Dienstagnacht nicht dabei gewesen zu sein. Das gibt mir zu denken.«
    Da ist es: das Alter.
    »Wollen Sie sich pensionieren lassen?«
    Der Faller zieht an seiner Zigarette und schaut mich an. Er sieht kaputt aus. Richtig erledigt. Je länger er nichts sagt, desto unwohler wird mir. Ich kann mir das hier alles nicht vorstellen ohne ihn. Aber mir ist auch klar, wie dicht er am Rand ist, wie dringend er Ruhe und Frieden braucht. Ich muss schlucken.
    »Vielleicht«, sagt er, »können die Kollegen vom Einbruchdezernat ja einen alten Hasen gebrauchen.«
    »So ein Quatsch«, sage ich, »da können Sie auch gleich Socken stopfen gehen.«
    Er grinst mich an, und dann klingelt das Telefon auf seinem Schreibtisch. Er geht ran und sagt: »Ja?«
    Er zieht ein letztes Mal an seiner Zigarette und macht sie aus. »In Ordnung«, sagt er, »danke.«
    »Ist er da?«, frage ich.
    »Gerade unten durch die Schranke«, sagt er. »Wir können.« Er geht zur Tür.
    »Ich komme in fünf Minuten nach«, sage ich, warte auf Herrn Borger und versuche, nicht darüber nachzudenken, was wird, wenn der Tag kommt, an dem der Faller nicht mehr da ist.

    Zandvoorts Attraktivität ist wie weggeblasen. Von dieser komischen Anziehungskraft, die er noch vor ein paar Tagen auf mich ausgeübt hat, ist nichts mehr da. Ich finde nicht mal mehr, dass er gut aussieht. Ich weiß nicht, ob das an seinem bizarren Gehabe vom Montag liegt oder an der Tatsache, dass ich inzwischen glaube, er hat es gewusst. Ich sehe ihn an, und ich spüre: Er hat gewusst, was sein Sohn tut, und er hat ihn nicht aufgehalten, vielleicht weil es ihm einfach egal war. Und irgendwie hat all das auch was mit dem Basso zu tun. Ich weiß es.
    Zandvoort sitzt auf der einen Seite des Tischs im Verhörraum, auf der anderen Seite sitzt der Calabretta, in der Mitte des Tischs steht ein Aufnahmegerät. Der Faller lehnt an der Wand links von Zandvoort, der einen dunkelgrauen Anzug trägt, ein graues Hemd und um den Mund einen harten Zug. Er sieht aus wie aus Blech. Es ist nichts Lebendiges an ihm.
    »Dieser Mann hat ja ein Granitgesicht«, sagt Herr Borger. Wir stehen hinter der schalldichten, zum Verhörraum verspiegelten Scheibe.
    »Ja«, sage ich, »der kann einem richtig Angst einjagen, nicht wahr?« Ich drücke auf den Knopf vor mir, damit wir hören können, was in dem Raum gesprochen wird.
    »Und Ihnen ist nie aufgefallen«, sagt der Calabretta, »dass Ihr Sohn eventuell ein, sagen wir mal, etwas merkwürdiges Verhältnis zu Frauen hatte?«
    »Er hat nicht viel erzählt«, sagt Zandvoort und lehnt sich entspannt zurück.
    »Hatte er eine Freundin?«, fragt der Calabretta.
    »Nein«, sagt Zandvoort, »er war ein Idiot, ein Spätzünder, in jeder Beziehung.«
    Er unterzieht seine Fingernägel einer überheblichen Inspektion und sagt: »John hatte nichts drauf.«
    »Es scheint Sie nicht besonders zu treffen, dass er drei Frauen umgebracht hat«, sagt der Calabretta. »Und es scheint Sie auch nicht zu treffen, dass er jetzt tot ist. Uns kommt das ziemlich komisch vor.«
    »Wir hatten kein gutes Verhältnis«, sagt Zandvoort. »Ich habe mich nach dem Tod seiner Mutter verpflichtet gefühlt, ihn zu mir zu nehmen. Ich wusste schnell, dass das ein Fehler war. Ich bin, ehrlich gesagt, nicht wirklich betrübt darüber, ihn los zu sein.«
    Der Faller schüttelt den Kopf und fixiert ihn von der Seite.
    »Und Sie bleiben dabei, dass Sie, was die Morde an den Mädchen angeht, nichts gehört und gesehen haben?«, fragt der Calabretta.
    »Ich bin sehr müde, wenn ich nachts aus dem Theater komme«, sagt Zandvoort. »Ich pflege dann sofort ins Bett zu gehen und tief zu

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