Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

mit einer Frau, in einer Familie. Ich hätte nichts dagegen. Ich hab’s satt, abends alleine mit meiner schlechten Laune im Bett zu liegen und gelangweilt an mir rumzuspielen, ist doch immer das Gleiche. Und dann ruft sie immer an und sagt, dass ich sie ins Krankenhaus fahren soll.
    Ich sollte vielleicht mal wieder ausgehen. Ich werde diese sexy Ärztin fragen, ob sie mit mir ausgeht.

Herr Borger
    Er sitzt in seiner Zelle und sieht die Wand an. Er weint und weint und weint. Wenigstens hat er inzwischen die Augen aufgemacht. Als ich heute Morgen hier reinkam, hat er nicht mal die Wand angeschaut. Er spricht kaum mit mir. Aber ich würde ihm doch zuhören. Zuhören ist das, wofür ich hier bin. Es gibt nur winzige Augenblicke, in denen ich ihn kurz zu fassen kriege. Aber kein Wort von den Morden, die er begangen hat, auch wenn ich versuche, ihn da vorsichtig hinzuführen. Ich habe keine Chance. Wenn es um die Morde geht, macht er sofort dicht. Nagelt sein Gesicht zu, und dann geht nichts mehr. Mein Gefühl sagt: Der weiß von nichts. Der hat keine Ahnung, was er getan hat. Der ist nur ein armer Junge, wie er da vor mir sitzt, zart, dünn, schüchtern.
    Und wenn er redet, dann nur von seiner Mutter. Er sagt, sie sei so schön gewesen, und so jung, und sie sei so weit weg. Er sagt, sie soll kommen, er will, dass sie neben ihm sitzt, dass sie wieder da ist.
    Wie fühlt sich deine Seele an, frage ich ihn. Tut weh, sagt er. Meine Seele tut weh.
    Das kann ich sehen.

Brückner
    Fragen, immer nur Fragen. Du sitzt da und stellst in einer Tour Fragen, und die Fragen kommen dir so blöd vor, weil es immer die gleichen Fragen sind, und die hören sich an wie Fragen aus dem Fernsehen, und wenn du sie mal anders stellst, die Fragen, kommen sie dir noch blöder vor. Frag du doch mal was, denke ich oft. Und dann: Wer stellt hier die Fragen? Ich hab’s satt. Ich würde gerne mal was erzählen, aber das will ja keiner hören.
    Ich wäre ein Erzähltalent, echt jetzt.

Schulle
    Wenn sie gestehen, brechen sie in sich zusammen. Sie fallen um wie ein Kartenhaus, sie flattern einfach zu Boden. Verletzlicher können die Leute nicht sein als in dem Moment, in dem sie ihr Geständnis ablegen. Der Moment ist zäh, er tropft als klebrige, böse Masse über den Tisch, vermischt sich mit Tränen. Am Ende heulen sie immer. Und ich schreibe das alles mit und schiebe es ihnen rüber, und dann unterschreiben sie und hören auf zu existieren. Oder fangen genau dann wieder damit an, je nachdem.

Lechner und Pliquett
    Wir sind die Kamera. Unsere Einstellung ist superfein. Wir sehen die Details, wir beachten das, was im Trubel untergeht. Wir sehen das Haar in der Suppe. Wir suchen die Täter, aber wir heften uns den Opfern an die Fersen. Wir bemerken, wer in Gefahr ist. Wir kennen die Brille, durch die der Täter schaut. Wenn wir einen Handtaschenräuber suchen, achten wir auf Frauen mit Handtaschen. Die Frau weiß vielleicht gar nicht, dass sie eine Handtasche spazieren führt, aber wir, wir wissen es. Wir erkennen es an ihrem Gang, an ihrem Gesicht, an ihrem Blick. Wir bleiben an der Frau dran, und früher oder später taucht der Mann auf, der ihr die Tasche klauen will oder das Leben. Wir wissen immer, wer fällig ist. So funktioniert das.

Betty Kirschtein
    Blut ist etwas ganz Besonderes. Blut spricht. Es berichtet, was geschehen ist. Die Leute vergessen das oft. Sie wissen das Blut nicht zu schätzen. Sie wollen es nicht sehen. Sie gehen weg, wenn das Blut kommt. Ich mag es, wenn das Blut fließt. Solange es fließt, lebt der Mensch.
    Meine Patienten sind alle tot. Das Blut in ihren Adern fließt nicht mehr. Aber es ist da. Und es kann kein Geheimnis für sich behalten.

Hollerieth
    Arschlöcher. Alles Arschlöcher.

Carla
    Hurra, ich habe einen Schotten. Er ist lustig, er ist herzhaft, er ist lebendig. Er bringt mich zum Lachen. Es geht mir gut mit ihm, wirklich, es geht mir gut.
    Fernando hat mich zum Weinen gebracht.
    Lachen kann ich auch, wenn ich alleine bin.
    Verdammt.
    Er fehlt mir.

Scott
    Wichtig ist, dass du hinten sicher stehst. Du musst erst mal deinen Kasten sauber halten, das ist das A und O. Wenn du zu null spielst, nimmst du immer einen Punkt mit nach Hause. Mit einer guten Innenverteidigung kannst du jede Gefahr abgrätschen. Deine Innenverteidigung muss unangenehm aussehen, und sie muss treten können. Im Mittelfeld musst du schlau sein und dir immer was einfallen lassen. Du musst gewitzt sein und schnell, technisch beschlagen