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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Tänzerin, sie bezahlen ihn dafür, dass er Mädchen zum Vortanzen findet. So eine Art Talentscout. Der sagte, du bist gut, du bist was Besonderes, was willst du in diesem Schuppen, du gehörst auf eine ordentliche Bühne. Der konnte so toll lächeln. Das passiert einem doch nie, dass einer kommt und sagt: Mach was aus dir. Ehrlich gesagt, war ich fast ein bisschen verknallt.

Sie hat mich von der Schule abgeholt so wie jeden Tag es war ein schöner Tag es war Sommer wir waren angeschnallt sie fuhr schnell sie fuhr immer schnell sie sah zu mir rüber sie lächelte sie schielte sie schielte oft aber nur ein bisschen sie hat den Lastwagen nicht gesehen sie ist da einfach reingefahren das Ding auf dem Lastwagen hat ihr den Kopf abgeschnitten über den Augen ich hab es gesehen ich musste dann bei ihm bleiben sonst kriegt er das Geld nicht hat er gesagt er musste Tabletten nehmen für die Anfälle ich hab auch manchmal eine von den Tabletten genommen die Tabletten sind gut man wird ganz ruhig ich bin kein guter Sohn hat er immer gesagt aber ich hab gearbeitet in seinem Theater ich war immer anständig ich hab gemacht was er wollte aber die Mädchen die schönen Mädchen in diesem dreckigen Scheißloch die haben da getanzt die gehörten da aber gar nicht hin es war nicht gut für sie keiner hat sie beachtet nur ich hab gesehen wie schön sie sind sie waren bei mir sie sind nicht weggelaufen niemand hat sie weggenommen sie waren perfekt perfekt du hättest sie sehen sollen Mama

Donnerstag:
Achtern raus
    I ch sitze in meinem Büro in der Staatsanwaltschaft und trinke eine Tasse Kaffee. Es ist neun Uhr, der Himmel ist bedeckt, aber über der Stadt liegt ein zarter rosa Schimmer. Vor einer Stunde hat mich jemand aus dem Präsidium angerufen und mir gesagt, dass John sich letzte Nacht in seiner Zelle erhängt hat. Er hat sich sein Bettlaken um den Hals gelegt und sich am Fenstergitter aufgeknüpft.
    Ich weiß überhaupt nicht, wie ich das finden soll. Vielleicht hat er das einzig Richtige getan.
    Wir haben gestern den ganzen Tag versucht, etwas aus ihm rauszukriegen, Herr Borger war rund um die Uhr bei ihm. Nichts. Das Einzige, wovon er immer wieder gesprochen hat, war seine tote Mutter. Kein Wort von den Tänzerinnen. Herr Borger sagt, es sei gut möglich, dass John gar nicht wusste, was er getan hat, und wenn, dann war ihm vermutlich nicht klar, wie grauenvoll es war. Wir haben eben noch mal telefoniert, Herr Borger und ich, und er macht sich Vorwürfe. Er sagt, er hätte ahnen müssen, dass John sich das Leben nehmen könnte. Er sagt, der Junge muss sich unendlich einsam und verloren und ratlos und von allen verlassen gefühlt haben. Er sagt, er würde gerne mit Zandvoort sprechen. Er vermutet, dass er uns ein paar Antworten geben kann. Zandvoort soll angeblich heute ins Präsidium kommen. Als die Kollegen ihn Mittwochmorgen endlich an die Strippe gekriegt haben, um ihm mitzuteilen, dass sein Sohn ein Serienmörder ist, war er gerade in, Achtung: New York. Er war Dienstag geflogen, sagte, er hätte am Broadway zu tun. Er wollte den nächsten Flug zurück nehmen und dann direkt hier aufkreuzen. Ich bin gespannt auf seinen Auftritt.

    »Hello«, sagt der Faller.
    »Hello«, sage ich.
    »I’m Johnny Cash«, sagt er.
    Ich muss lachen. »Lassen Sie den Quatsch«, sage ich. »Ist Zandvoort schon hier?«
    Der Faller lehnt an seinem Schreibtisch und raucht eine Roth-Händle. Vor ihm liegen die Zeitungen von heute. Skalpmörder gefasst, steht da. Sankt Pauli wieder sicher, behaupten sie. Fünf vor zwölf: Die Bestie hatte schon ein viertes Opfer.
    »Er müsste jeden Moment hier aufkreuzen«, sagt der Faller, »er hat irgendwas von elf gesagt.«
    »Und dann?«, frage ich.
    »Dann nehmen der Calabretta und ich den Knaben mal unauffällig in die Mangel«, sagt er. »Und Herr Borger und Sie können sich das ansehen. Vielleicht hat er uns ja noch was zu erzählen, was die Kollegen in Aachen interessieren könnte. Ich hab das ja so im Gefühl, dass wir den wegen Vertuschung einer Straftat drankriegen könnten. Herr Borger kommt auch gleich vorbei. Er wäre gerne dabei.«
    »Ist der Spiegelraum frei?«, frage ich.
    »Schon geblockt«, sagt der Faller.
    »Weiß er schon, dass John sich aufgehängt hat?«, frage ich.
    »Ich hab es ihm vor einer Stunde gesagt, da war er gerade noch am Flughafen«, sagt der Faller.
    »Und?«
    »Scheint ihn nicht besonders gejuckt zu haben, wie überhaupt die ganze Sache. Ich hatte den Eindruck, dass er nicht

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