Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)
weiter.
Sie waren schon ein paar Stunden unterwegs und passierten einen schmalen
Weg, der durch Hecken begrenzt wurde. Die Büsche sahen weich und biegsam aus.
Erik fasste sich kurzentschlossen ein Herz und nahm einen Fuß aus dem Steigbügel.
Er stieß nervös die Luft aus, dann ließ er sich mit einem Aufschrei nach
rechts fallen. Er hatte es geschafft, seinem Jago noch während des Sturzes einen
kräftigen Tritt zu geben. Der stürmte los, streifte Damians Reittier und brachte
auch den fast zu Fall. Damian konnte sein nervöses Tier kaum bändigen. Eriks
Jago galoppierte derweil am Drachenmeister vorbei in die Freiheit.
Erik war, wie erhofft, ziemlich weich gefallen, rappelte sich aber nur mühsam
und unter lautem Stöhnen wieder auf und putze sich die Kleidung ab. Als er hochsah,
stand der Alte vor ihm.
»Entschuldigung! Es hat mich abgeworfen«, klagte er und verzog schmerzgepeinigt
das Gesicht. »Ich hab ja gesagt, dass ich kein guter Reiter bin.«
»Fang das Tier ein!«, befahl der Drachenmeister Damian. Dann wandte er sich
wieder dem Jungen zu. »Und jetzt zu dir. Was willst du? Zeit schinden?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, bestimmt nicht! Ich bin böse gestürzt. So etwas
tu ich doch nicht mit Absicht.«
»Wie dem auch sei! Jedenfalls wirst du es kein zweites Mal tun. Hör jetzt gut
hin! Ein Gruß von deinem großen Freund«, zischte der alte Mann.
Erik bat verzweifelt: »Bitte nicht! Oh, bitte nicht!« Er merkte, wie sein ganzer
Körper sich in Erwartung anspannte. Er atmete schneller, bekam eine Gänsehaut
und hörte das Pochen seines Herzens, sonst nichts! Die Sekunden vergingen.
Die Augen des Drachenmeisters wurden zu schmalen Schlitzen. Wut und
Unglauben spiegelten sich in seinen Zügen.
Damian kam mit den Tieren zurück und sah fragend von einem zum anderen.
Der Alte wandte sich ab. »Es geht weiter. Und ja keine faulen Tricks mehr!«
»Was war denn?«, fragte Damian leise.
»Ich sollte Aeneas gerade hören. Es hat aber nicht funktioniert«, antwortete
Erik im Flüsterton. Sein Mund war völlig trocken und seine Hände zitterten
unkontrolliert.
»Wird seine Macht ja wohl doch nicht so weit reichen«, registrierte Damian
befriedigt. »Er hat sich überschätzt.«
»Meint Ihr?«, fragte er hoffnungsvoll und erntete ein nachdrückliches Nicken.
»Ich hab das gleich für eine Übertreibung gehalten.«
Erik lächelte zum ersten Mal wieder, wenn auch nur halbherzig.
Damian hatte Unrecht. Die Macht hatte so weit gereicht.
Sie waren bereits seit zwei Stunden unterwegs. Ailina führte sie zunächst durch
ein kleines Wäldchen dann über abgeerntete Felder auf einige Berge zu. So
schlecht Karem und Suni laufen konnten, so gut konnten sie reiten. Die Gruppe
kam zügig voran. Adrian war wachsam wie immer, obwohl Ailina ihm gesagt
hatte, dass mit wilden Tieren frühestens in den Bergen zu rechnen war. Dort trieben
auch völlig verwilderte Dragan ihr Unwesen. In der Nähe des Ortes lauerten
indes keinerlei Gefahren.
Sie waren alle schweigsam. Zum einen hingen sie ihren eigenen Gedanken
nach, zum anderen war die schnelle Art der Fortbewegung nicht dazu geeignet,
größere Unterhaltungen zu führen.
Aeneas hatte die ganze Zeit zusammengesunken im Sattel gesessen. Plötzlich
zuckte sein Körper derart heftig zusammen, dass der Jago sich mit lautem Grunzen
aufbäumte. Erma konnte weder ihren Begleiter noch die Zügel halten. In einem
Gewirr aus Armen und Beinen stürzten beide zu Boden. Kaum gelandet hechtete
Adrian zur Überraschung aller dazwischen. Erma hatte nicht einmal Zeit, sich von
ihrem Schrecken zu erholen, als sie auch schon von ihm zur Seite geschubst wurde.
Der Junge warf sich auf den zuckenden Ringlord und hielt ihm mit stoischem
Gesichtsausdruck und kräftiger Hand den Mund zu.
»Was tust du da?«, keuchte Anna entsetzt.
Er nahm sie gar nicht zur Kenntnis. Erma starrte ihn an, griff aber nicht ein. Sie
kannte den Jungen mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er immer einen triftigen
Grund für seine Handlung hatte oder zumindest zu haben glaubte.
Karem und Suni waren schlichtweg fassungslos.
»Das glaube ich jetzt nicht! Was tut er bloß?«, fragte sie entgeistert.
»Das ist barbarisch«, erklärte er angewidert.
Adrian versuchte, nicht hinzuhören, und nahm seine Hand erst weg, als Aeneas
aufhörte, sich zu winden, und endlich ruhig liegenblieb.
Erma kroch zu ihm hin und sah ihn fragend an. »Warum hast du das getan?«
Er
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