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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Höcker
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Schwester mich begleiten. Die Sonne bringt den morgendlichen Nebel zum Glitzern und sicherlich wartet vorzügliches Wild in den Wäldern darauf, gejagt zu werden ...“

Viertes Kapitel: Rhavîn Khervas
     
    Irgendwann, kurz vor Sonnenaufgang, hatte Auriel beschlossen, dass sie und Kentaro genügend Meilen zwischen sich und die Priester gebracht hatten, sodass sie sich an einer geschützten Stelle zum Schlafen niederlegten.
    Zusammengerollt lag die junge Frau dicht an den Anderdachter gedrängt unter einer Eiche, deren bunt gefärbtes Herbstlaub im silbernen Licht der Sterne glänzte. Seit einer gefühlten Ewigkeit versuchte sie, Schlaf zu finden.
    Doch sobald Auriel die Augen schloss, entstanden vor ihrem inneren Auge furchtbare Schreckensbilder, welche die Erlebnisse des Abends wie kreischende Masken des Entsetzens und qualvoll verendende Zeugen eines grauenvollen Blutbads durch ihren Kopf jagten.
    In ihren Ohren hörte sie die längst verklungenen Schreie der Menschen, die auf grausame Weise ihren Tod in den Flammen hatten finden müssen. Wieder und wieder gellten die zum Ende verdammten Zauberer in Auriels Kopf Schmerzen und Todesangst zum nachtschwarzen Himmel hinauf.
    Die junge Frau schlug abermals mit klopfendem Herzen die Augen auf.
    „Ich finde einfach keinen Schlaf, Kentaro. Meine Gedanken können die Mark verzehrenden Bilder nicht loslassen. Sie quälen und verfolgen mich. Ich sehe meine gefallenen Brüder und Schwestern vor mir, als würden sie genau hier an meiner Seite sterben“, flüsterte sie bitter. „Es muss mir gelingen, mich abzulenken und mich zu beruhigen.“ Die Hexerin spürte ihre Waffen dicht bei sich, fühlte, wie das Pferd neben ihr ruhig atmete. Über sich sah sie die sacht im Wind wehenden Blätter und Zweige der Eiche und darüber das unermesslich große Sternenzelt.
    „Wie groß der Himmel wohl sein mag?“, fragte sich die Zauberin. Schaudernd zog sie den Umhang fester um ihre Schultern. „Ich kann allein an diesem Punkt zwischen den Wipfeln der Bäume schon einen riesigen Teil des Himmels ausmachen – wie groß mag er erst erscheinen, wenn man ihn in seiner ganzen Größe sehen kann?“
    Auriel drehte sich auf die Seite und blickte in Kentaros funkelnde, schwarze Augen. Der Anderdachter mustere sie mit väterlichem Blick. Das gentile Tier schenkte seiner jugendlichen Begleiterin gerne seine ganze Aufmerksamkeit. Er wollte, dass es Auriel gut ging, denn er mochte sie sehr. Und so hörte er aufmerksam zu, als sie mit leiser Stimme weitersprach: „Irgendwann werden wir beide einen Berg finden, der so hoch ist, dass wir den gesamten Himmel sehen können.“ Behutsam strich die junge Frau über die Stirn des Pferdes, fuhr mit ihren schmalen Fingern durch sein samtig weiches Fell. „Das große Weltendach in seiner gesamten Schönheit. Wir werden dort stehen, wo nur der Wind hinkommt, dort wo die Sterne am hellsten strahlen – bloß wir beide.“ Nach einer Pause fügte sie seufzend hinzu: „Ich bin sehr froh, dass du bei mir bist.“
    Wenig später sank Auriel in leichten Schlaf, der immer wieder durch ihre schrecklichen Erinnerungen unterbrochen wurde.
    Schon bald allerdings wandelten sich die Bilder, die aus der Tiefe ihres Gedächtnisses stammten. Neue, ihr unbekannte Gedankenfetzen lösten die Erinnerung an den vergangenen Abend, an das Ritual und den Kampf ab.
    Es waren wirre Gedanken, kaum greifbare Zerrbilder und Fetzen, die Auriel verwirrten und mehr verschleierten, als sie offenbarten. Die junge Novizin wälzte sich unruhig hin und her, sie keuchte und ächzte unter der Last, die sich ihr im Traum auferlegte, doch sie erwachte nicht.
    In ihren Träumen sah Auriel sich selbst, blickte aus der Luft auf ihren Körper herab und musste zusehen, was geschah, ohne eingreifen oder handeln zu können.
    So beobachtete sie zwischen den Schatten und Schleiern, die ihren Traum immer wieder verdunkelten, wie sie durch verschiedene Landschaften schritt, vorbei an duftenden Ebenen voller Kräuter und Blumen, durch sattgrüne Wälder und entlang von Hügeln und Bergzügen. Sie konnte mithilfe zweier Traumfetzen erahnen, dass ihr Weg sie in ein Dorf führte, doch was sie dort tat oder bezweckte, blieb in der Dunkelheit verborgen und die Bilder wiederholten sich vor Auriels innerem Auge wieder und wieder.
    Plötzlich verschwanden all diese Gedanken. An ihrer Stelle manifestierte sich ein einzelnes, beispielloses Bild – ein Bild, das sie so sehr beeindruckte, dass die junge Novizin

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