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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Höcker
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sein Gesicht.
    „Nein, mein Freund Kentaro begleitet mich. Er ist ein Anderdachter.“ Auriel packte indes ihre Sachen zusammen, den Waldläufer aus den Augenwinkeln weiterhin beobachtend.
    Rhavîn reagierte nicht auf die Worte der jungen Frau. Gelassen und mit einem Ausdruck, als würde er mit seinen Gedanken in einer anderen, weit entfernten Welt wandeln, schritt er über die Lichtung. Seine gesamte Haltung strahlte wahnwitzige Überlegenheit aus, seine unbewegliche Miene sprühte vor Stolz und Selbstsicherheit.
    Die herbstlichen Bäume wogen sich sacht im Wind und die Sonne warf ihre hellen Strahlen in glitzernden Lichtpunkten auf den weichen Waldboden.
    Dort, wo Auriel und Kentaro die Nacht verbracht hatten, war der Wald sehr hügelig und bot in vielen kleinen Tälern gut geschützte Möglichkeiten, ein Lager aufzuschlagen. Überall ragten steile Felsen aus dem Boden auf. Mit Moos und Flechten bewachsene Steilwände fanden sich zahlreich zwischen den moosbewachsenen Bäumen.
    Das Unterholz wurde von grünem Farn dominiert, doch auch viele verschiedene Arten von Pilzen gediehen in dem feuchten Klima prächtig und wuchsen sowohl auf dem Boden als auch auf den Stämmen der Bäume.
    Zwischen den hier vorherrschenden Laubbäumen fanden sich vornehmlich in Gruppen wachsende Nadelbäume, aber auch kleine Seen und Teiche und hin und wieder ein plätschernder Bach. Lianengewächse und Ranken verliehen dem Wald ein mystisches Bild. Doch Auriel war in dieser Gegend daheim und so empfand sie diesen Anblick nicht als unheimlich, sondern als beruhigend und wohltuend.
    In den Morgenstunden, oder wenn der Abend dämmerte, wurde der Wald von silbrigen Nebelschwaden durchzogen und einige magische Pflanzen verliehen ihm, besonders im Licht des Vollmonds, durch ihr grünes oder blaues Glimmen einen magischen Hauch.
    Als sich Auriel wieder ihrer Ausrüstung zuwandte, sah sie Kentaro durch den Wald herannahen, der sie und Rhavîn nur wenige Augenblicke später bereits erreicht hatte.
    Die Zauberin erklärte dem Anderdachter, dass sie den Elfen begleiten und ihm bei der Erfüllung seines Auftrags zur Seite stehen wollte, und stellte die beiden gegenseitig vor.
    „Seid Ihr denn nun bereit?“, wollte Rhavîn anschließend wissen. Da Auriel zustimmte, gebot er: „Nun, dann folgt mir, Auriel! Ich kenne den Weg.“ Während Auriel ihre Ausrüstung in Kentaros Satteltaschen verstaute, erzählte Rhavîn weiter: „Doch auch ich reise nicht ohne Begleitung.“
    „Ihr habt auch ein Pferd bei Euch?“ Ein froher Schimmer huschte über Auriels Gesicht. „Man kann zwar in diesem Wald nicht überall reiten, doch ist man mit einem Pferd weitaus schneller unterwegs, als zu Fuß!“
    Rhavîn wies Auriel mit einer Handbewegung an, zu schweigen.
    „Haltet ein, Auriel. Nicht ein Pferd ist mein Begleiter, sondern mein bester Freund Nymion.“
    „Aber ...“, rief die Hexerin empört aus. „Ihr sagtet mir, Ihr würdet allein reisen. Ihr habt mich angelogen!“
    „Na, na, na, nicht so voreilig.“ Rhavîn schien unbeeindruckt.
    Er vermochte es allein durch seine entspannte Ausstrahlung, Auriel zu beruhigen. „Mein Freund ist kein Elf oder ein Mensch – er geht nicht auf zwei Füßen und dennoch ist er kein Pferd.“
    „Mhm? Ich kann Euch nicht folgen.“ Auriel stützte die Hände in die Seiten und runzelte die Stirn. „Wenn Ihr weiter in Rätseln zu mir sprecht, werde ich mir die ganze Angelegenheit vielleicht noch einmal überlegen und mich anders entscheiden!“
    „Nicht doch.“ Rhavîn schenkte Auriel ein unwiderstehliches Lächeln. Er verneigte sich leicht und wies mit der rechten Hand dorthin, wohin ihr Weg führen sollte. „Geht voran, Auriel. Wir werden ein Stück des Weges gehen. Nymion wird zu uns stoßen, wann immer ihm danach ist.“
    „Gut, Rhavîn.“ Die junge Frau nickte zwar zustimmend und schritt an Rhavîn vorbei, um seiner Geste Folge zu leisten, aber insgeheim ärgerte sie sich über die Geheimnistuerei des Waldläufers. Außerdem spürte sie, dass Kentaro innerlich bewegt und unruhig war. Offenkundig konnte sich der Anderdachter nicht mit der Situation arrangieren.
    Kentaro spürt etwas, das ihm nicht geheuer ist. Ich muss wachsam sein, auch wenn Rhavîn noch so freundlich ist. Wer kann schon erahnen, was er wirklich im Schilde führt? Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wer dieser Nymion ist und wann er den Drang spürt, sich uns anzuschließen. Bei den Göttern, an wen bin ich da bloß geraten?

Fünftes Kapitel:

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