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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Höcker
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war in der Ferne auch mal eine Hüttensiedlung oder eine kleine Festungsanlage zu erkennen. Für Rhavîn waren all dies Hinweise darauf, dass sie Dragelund immer näher kamen. Als schließlich die ersten Knüppeldämme auszumachen waren, Weiden und Felder in das Sichtfeld der beiden kamen, blieb er stehen.
    „Jetzt sind es wirklich nur noch wenige Meilen, Auriel. Bald werden wir Dragelund erreichen. Mein Auftrag wird in Kürze erfüllt sein.“
    Auriel hatte den gesamten Tag über die Veränderung der Landschaft beobachtet. Einerseits war sie fasziniert, andererseits aber auch bestürzt darüber, dass sie all diese Szenen bereits aus ihren Träumen kannte. Inzwischen war sie sich sicher, dass ihre Träume eine Prophezeiung waren, die sich in Bälde erfüllen würde. Dass Rhavîn nun davon sprach, Dragelund schon bald zu erreichen, erfüllte die Hexerin mit Nervosität und Unbehagen. Sie fürchtete sich vor dem, was sie in dem unbekannten Dorf erwarten würde. Sie hatte Angst vor der Ungewissheit, befürchtete, Schlimmes könnte in Dragelund auf sie warten.
    Ohne miteinander zu sprechen, setzten die beiden ihren Weg fort. Kurz darauf beschloss Rhavîn, einem der Knüppeldämme zu folgen. Diese Holzpfade, die verschiedene Dörfer, Bootsanlegestellen und Heiligtümer in den Nordmarken miteinander verbanden, führten in nördlicher Richtung auch nach Dragelund. Rhavîn hatte bereits in seiner Heimat in Erfahrung gebracht, welchen Weg er wählen, welche Richtung er einschlagen musste. Er wusste, dass er auf dem richtigen Weg war, alle Hinweise deuteten darauf hin, dass Dragelund nicht mehr weit entfernt war.
    Dennoch drängte der Dunkelelf drängte nicht zur Eile. Zu sehr schmerzte ihn der Tod Nymions, als dass er sich zu diesem Zeitpunkt auf seinen Auftrag hätte konzentrieren können. Außerdem schwächte ihn die anhaltende Übelkeit, die Trauer zehrte an seinen Kräften.
    Was gäbe ich darum, wenn ich jetzt zu Nymion zurückkehren könnte. Rhavîn seufzte. Ein Stich bohrte sich in sein Herz, Nymion tauchte vor seinem inneren Auge auf. Ich habe ihm nicht einmal gesagt, was er mir bedeutet. Ich habe mich nicht bei ihm bedankt. Er hat mir so oft beigestanden, mir Dutzende Male das Leben gerettet. Rhavîn biss sich in die Unterlippe. Der süßlich bittere Geschmack seines Blutes erfrischte seine Sinne. Ich hätte Nymion um Verzeihung bitten müssen ... er ist meinetwegen in den Tod gegangen. Er hat sich für mich geopfert. Er ist zurückgekehrt, um mich zu retten. Rhavîn wimmerte, sein Magen rebellierte erneut. Der Meuchelmörder sank auf die Knie und übergab sich. Die Luft flimmerte vor seinen Augen, alles drehte sich. Rhavîn krallte die Finger auf den Boden als könnte er ihm helfen, nicht den Halt in dieser Welt zu verlieren. Dass Auriel zu ihm eilte, ihm Mut zusprach, ihn umarmte und hielt, bemerkte er wie durch dichten Nebel. Ich darf nicht versagen. Mein Fürst zählt auf mich. Ich habe ihm Treue geschworen. Ganz gleich, was auch geschieht, ich muss seinen Befehl ausführen. Lhagaîlan daé Yazyðors Befehle hatten höchste Priorität im Leben des Dunkelelfen. Nicht einmal für einen Moment kam ihm in den Sinn, seinen Auftrag zu vernachlässigen.
    Rhavîn ließ sich von Auriel auf die Füße ziehen. Geschwächt ging er weiter. Welche Ironie , dachte er betrübt. Dereinst, als ich noch ein Junge war, wurde mir das Weinen untersagt, jede einzelne Träne als Zeichen meiner Unwürdigkeit mit drakonischen Strafen vergolten. Nymion war der Einzige, der meinen Kummer verstand, mir zu weinen erlaubte, ohne mich zu verraten. Und nun ist schließlich er es, um den ich weine. Bitterlich, wie ein elender, niederer Náiréagh. Die Trauer in meinem Herzen schmerzt mich so sehr, dass ich nicht einmal Groll empfinden kann, erneut versagt zu haben. Doch wenn es jemanden gibt, der meiner Tränen würdig ist, den Tränen eines Sícyr´Glýnħ, der niemals Trauer verspüren sollte, niemals weinen dürfte, dann Nymion. Ach, wie ich ihn vermisse. Der Meuchelmörder taumelte durch den Nebel seiner Gedanken. Nur schwerlich konnte er sich darauf konzentrieren, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Immer wieder berührte der Meuchelmörder vorsichtig das Horn in seinem Gürtel, unzählige Male stieß er ein unglückliches Seufzen aus. Auriel an seiner Seite beachtete er nicht, zu sehr waren seine Gedanken von dem schrecklichen Ereignis der letzten Nacht gefangen genommen. Schreckliche Vorwürfe quälten ihn. Rhavîn war überzeugt davon, dass

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