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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Höcker
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begraben. Auriel sah einen schwarzhaarigen Mann, der zunächst Größe und Macht ausstrahlte, aber mit einem Mal krank und schwach über einem Bett zusammenbrach. Hilflos beobachtete sie, wie zahlreiche Menschen schreiend und mit Waffen ausgerüstet durch das Dorf jagten. Als ein dunkler Schatten über sie hinwegjagte, warfen sie sich alle auf den Boden und schlugen zitternd die Hände vor die Augen.
    Auriel konnte nicht reagieren. Wie von einem heftigen Sturm wurde sie hin und her getrieben und plötzlich zu Boden gestoßen. Mit klopfendem Herzen richtete sie sich auf. Unvermittelt war alles um sie herum blutgetränkt. Ihre Hände waren rot, ihre Kleider bespritzt, selbst ihr Gesicht troff vor Blut. Die Hexerin spürte, dass sie etwas mit dem Blutvergießen zu tun hatte. Sie versuchte angestrengt, sich zu erinnern, doch es gelang ihr nicht. Auriel wusste, dass es nicht ihr Blut war, das ihre Hände benetzte. Angst keimte in ihrem Herzen, fraß sich wie ein Wurm durch ihre Brust. Fieberhaft überlegte sie, wessen Blut sie vergossen haben könnte. Voller Panik versuchte die junge Frau, ihre Hände zu reinigen. Es gelang ihr nicht, das Blut klebte wie ein Mahnmal an ihren Fingern. Schreiend rannte Auriel umher, Tränen rannen über ihre Wangen, sie war wie blind. Mit einem Mal schlug ihre Angst in unendliche Trauer um, die sich schmerzhaft durch ihre Organe fraß.
    Von nun an bestand der Traum nicht mehr aus Bildern, sondern lediglich aus verschwommenen Fetzen von Gedanken und Gefühlen, die Auriel schließlich völlig verwirrt und erschöpft zurückließen.
     
    Als die Hexerin erwachte, fühlte sie sich geschunden vor Trauer ohne den Grund dafür erkennen. Sie wusste, dass die unerklärlichen Bilder und Geschehnisse ihres Traumes dafür verantwortlich waren, doch konnte sie sich kaum eines der Ereignisse erklären. Noch immer verstand die junge Frau nicht den Sinn ihres Traumes, doch wusste sie, dass er unmittelbar mit ihrer Reise zu tun hatte und entscheidend für ihre Zukunft war.
    Auriel setzte sich auf und rieb sich das Gesicht. Ihre Haut war bleich, sie sah krank aus. Noch immer zitterten ihre Finger, ihr Körper bebte aufgrund der ausgestandenen Angst. Die Hexerin vergewisserte sich immer wieder, dass nicht auch in der Wirklichkeit Blut an ihren Händen haftete. Zu wirklich hämmerten die Eindrücke dieser Nacht in ihrem Kopf.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, auch an diesem dreizehnten Tag des Rabenmondes trübte kaum eine Wolke den blauen Himmel.
    „Es sieht so friedlich aus hier“, murmelte Auriel, stand auf und streckte sich. Weder Rhavîn noch Nymion weilten in ihrer Nähe, aber da Kentaro friedlich neben ihr weidete, machte sie sich keine Gedanken darüber. „In meinem Traum war alles so merkwürdig trügerisch, wie die Ruhe vor einem schrecklichen Sturm.“ Die junge Frau blickte sich um. Sie atmete tief durch, blinzelte in die Sonne. Plötzlich erschien ihr der Traum wie ein Schatten, kaum wirklich und verblassend.
    Sie fühlte sich unwohl und allein gelassen, wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als sich in Rhavîns Umarmung zu schmiegen. Verstört zog sie sich an und kämmte ihr Haar. Allmählich verging ihre Anspannung, die Bilder in ihrem Kopf verblichen. Das Unwohlsein und die Fragen aber blieben.
    „Was mag dieser Schatten bedeuten? Und das Blut? Das viele Blut ...“
    Ich frage mich, weshalb mich diese Szenen so unglücklich gemacht haben. Ich fühlte mich, als hätte ich etwas verloren, einen Gegenstand von hohem Wert oder eine liebe Person , rätselte Auriel gedankenverloren. Und was mag es bedeuten, dass sich Rhavîn mir zu Beginn des Traums entzogen hat, mir regelrecht entrissen wurde? Ich hoffe bloß, dass diese Vision keine Prophezeiung ist, die sich in vollem Umfang ereignen wird, denn dann wird Dragelund ein Ziel sein, dem ich mit Furcht und Sorge entgegenblicke. Noch kann ich hoffen, dass meine eigene Fantasie die wahren Ereignisse der Vision getrogen und verändert hat und alles nicht so schlimm wird, wie es zu sein scheint ...
    „Ihr Götter, steht uns bei!“, bat sie seufzend, setzte sich zurück auf den weichen Boden und wartete auf die Rückkehr ihrer Freunde.
    Die Zeit wurde ihr nicht zu lang, denn bereits wenig später sah sie, wie Rhavîn aus dem Wald heraus nahte, dicht gefolgt von Nymion.
    „Endlich!“ Auriel seufzte. Sie sprang auf, winkte den beiden zu. Als Rhavîn ihre Geste mit einem warmherzigen Lächeln erwiderte, lösten sich die bitteren Bilder

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