Rheines Gold
Aurelia Rufina. Habe ich es eigentlich richtig verstanden, du führst die Therme ganz alleine?«
»Notgedrungen, ja.«
»Warum notgedrungen?«
»Du hast vielleicht auch gehört, dass mein Mann, Fulcinius Maurus, im Februar umgekommen ist.«
»Ach, meine Liebe! Ach, wie entsetzlich! Ach, mein armes Herzchen!« Rufina sah sich plötzlich von warmem Mitgefühl überwältigt. »Wie musst du leiden, liebste Rufina. Gütige Juno, wenn ich denke, ich würde meinen Gatten verlieren!«
»Es ist schwer, Sabina Gallina. Aber was soll ich machen, ich habe zwei Kinder und muss weiterleben.«
»Ja, aber hilft dir denn deine Familie nicht?«
»Ein wenig, ich könnte vielleicht sogar zurückgehen nach Rom, aber weißt du, die Arbeit lenkt mich von meinem Schmerz ab.«
»Du bist so tapfer! Ich glaube, ich müsste mich in einem solchen Fall in ein dunkles Zimmer verkriechen. Sag, wie ist es geschehen? War es ein Unfall, der dir deinen Gatten raubte?«
Rufina, die gewöhnlich nicht über das sprechen mochte, was in jenen bitteren Tagen geschehen war, fühlte plötzlich das unbezähmbare Bedürfnis, sich dieser geistig vielleicht schlichten, aber aufrichtig liebevollen Frau anzuvertrauen.
»Du erinnerst dich, der Winter war entsetzlich kalt. Bevor es so heftig zu schneien begann, Mitte Februar, wollte mein Mann mit den Holzschlägern und den Köhlern verhandeln. Sie betreiben ihr Geschäft vor den Toren der Stadt. Wir benötigen viel Brennstoff, um die angenehme Temperatur des Wassers und der Räume aufrechtzuerhalten. Maurus verließ die Therme in den Nachmittagsstunden. Als es dunkel wurde, war er noch nicht zurück, und ich begann mir Sorgen zu machen. Nicht viele, denn es war seine Art, sich häufig mit Freunden zu treffen und manchmal auch die Nacht mit ihnen zu verbringen. Doch morgens kam er gewöhnlich immer wieder zurück, um seiner Arbeit in der Therme nachzukommen.«
»Du nimmst das so gelassen, Rufina. Hast du nie Angst gehabt, dass er die Nacht bei einer anderen Frau verbringen könnte?«
»Vielleicht hat er das. Ich habe ihn nie gefragt.« Rufinas Stimme war tonlos geworden, als sie fortfuhr. »Jedenfalls hatte Maurus an jenem Abend keinen seiner Bekannten aufgesucht, und auch die Holzschläger hatten ihn nicht gesehen. Ich wartete sechs Tage auf seine Rückkehr.«
»Wie schrecklich!«
Sabina Gallina zog Rufina in eine weiche Umarmung, und ihre Stimme war zu einem leisen, zärtlichen Gurren geworden. Rufina seufzte.
»Nach diesen sechs Tagen endlich kam eine Nachricht. Der Baumeister Lucillius Silvianus, der den Bau des Wasserkanals leitet, brachte mir die zerfetzten, blutigen Kleider und eine silberne Fibel, die ich einst Maurus geschenkt hatte. Diese Reste hatte er in der Nähe seiner Baustelle tief im Wald gefunden. Auch er hatte die Fibel erkannt, denn Maurus hat ihn häufig im Kastell aufgesucht, um irgendwelche Dinge wegen des Wassers zu regeln. Er sagte, es seien hungrige Wölfe nahe an die Stadt gekommen.«
Ein Schluchzen hinderte sie am Weitersprechen.
»Herzchen, Liebes!«
Sabina streichelte Rufinas Rücken, und diese Liebkosung brachte endlich die Dämme zum Brechen. Als damals die Todesbotschaft eintraf, war sie wie erstarrt gewesen. Dann hatte sie mit großer Kraft versucht, ihre Trauer zu betäuben. Geweint hatte sie nie, nur müde ausgesehen. Jetzt aber flossen die Tränen heiß und unaufhörlich über ihre Wangen, während die Frau des Statthalters sie sachte in ihren Armen wiegte und Trostworte murmelte.
Doch nach einer Weile fasste Rufina sich wieder und wischte sich mit dem Tunikazipfel über das Gesicht.
»Ich benehme mich ungehörig, Sabina Gallina. Bitte vergib mir. Es ist nicht meine Art, andere Menschen mit meinem Kummer zu belästigen.«
»Ich bin kein anderer Mensch, Aurelia Rufina. Wenn du möchtest, will ich deine Freundin sein. Ich habe wenig genug Kontakt zu den Leuten hier in der Colonia. Ich bin nicht so mutig wie du. Ich könnte nie ein Geschäft führen.«
Mit einem schiefen Lächeln antwortete Rufina: »Ich scheine mich auch nicht besonders gut darauf zu verstehen. Maurus hat es weit besser gemacht als ich.«
»Ich bin Maenius Claudus sehr dankbar, dass er mir geraten hat, zum Bad hierher zu kommen. Wir werden sehen, welchen Einfluss es auf die Damen in der Colonia hat, wenn ich verbreite, wie hübsch diese Anlage ist. Was meinst du?«
»Es könnte den Gerüchten entgegenwirken, ich könne die Pacht nicht mehr bezahlen.«
»Nun, dann lass mich nur machen. Kümmere
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