Rheines Gold
alleine bewirtschaften lassen. Dass er das Dreikinderrecht erworben hatte, mochte ebenfalls in diese Richtung zielen, denn es ermöglichte ihr, die Geschäfte auch ohne seine Vormundschaft zu führen. Maurus selbst hatte auch täglich einige Zeit mit Burrus, dem alten, narbigen Gladiator im Gymnasium verbracht. Für Rufina hatte er eine Germanin gesucht, die ihr die Grundzüge des Kämpfens beibringen sollte. Es hieß, die Frauen der Einheimischen beteiligten sich an den Kriegen ihrer Stämme und konnten mit den Waffen genauso gut umgehen wie die Männer. So fand sie dann eines Morgens Maurus, der sich in enger Umarmung mit einer blonden Walküre auf dem Boden des Gymnasiums wälzte. Es sah eigentlich nicht besonders nach einem Kampf aus. Doch als Maurus sie bemerkte, drehte er der Frau mit einer geschickten Bewegung den Arm auf den Rücken und befreite sich aus der Umklammerung.
»Verzeih, Oda, aber ich glaube, du bist nicht die richtige Lehrerin für meine Frau.«
»Nein, für sie wahrscheinlich nicht. Aber du, Maurus, könntest durchaus noch etwas von mir lernen.«
Er hatte sie herzlich angelächelt und genickt.
»Möglich. Aber ich ziehe Burrus vor, sein Stil gefällt mir besser.«
»Ach, so einer bist du? Dein armes Weib!«
Mit hocherhobenem Kopf war Oda aus dem Gymnasium gerauscht. Ihre silberblonde Mähne warf sie dabei herausfordernd in den Nacken.
»Tut mir Leid, Füchschen, so hatte ich mir die Proberunde nicht vorgestellt.«
»Nein? Sie ist aber sehr schön, diese Barbarin.«
Rufina war ein wenig verschnupft. Immerhin hatte er sich aus der Umarmung erst befreit, als sie den Raum betreten hatte. Doch sie bemühte sich, es Maurus nicht zu zeigen.
»Ja, ein prächtiges Weib, stark und schnell. Aber als Lehrerin scheint mir eine, die sich nicht so sehr ihrer Reize bewusst ist, wesentlich geeigneter.«
Zwei Tage später hatte er sie mit der stämmigen Eghild bekannt gemacht. Diese war einige Jahre älter als Rufina, hatte ein von Falten durchzogenes, sonnengebräuntes Gesicht und einen langen grauen Zopf, den sie mit Lederbändern durchflochten trug. Sie war wortkarg, beherrschte die römische Sprache nicht besonders gut, aber sie war geduldig und schien es sich wirklich zur Aufgabe zu machen, ihrer Schülerin ein paar brauchbare Methoden beizubringen, wie sie sich gegen Rüpel zu wehren hatte.
Sie übte sich gerade darin, Stockschläge abzuwehren, als Paula aufgeregt in das Gymnasium gelaufen kam.
»Patrona, wir haben hohen Besuch. Ich glaube, du solltest sie selbst begrüßen.«
»So, wen denn? Wenn es diese Camilla Donatia ist, habe ich keine große Lust, Kniefälle vor ihr zu machen, nur weil sie uns wieder beehrt.«
»Die Schnepfe ist es nicht. Es ist die Sabina Gallina, die Frau des Statthalters. Mit ihren Freundinnen.«
»Aha, keine Schnepfe, dafür ein Huhn.« Rufina kicherte. Gallina war ein gängiges Kosewort, offensichtlich der Sabina von ihrem Gatten verliehen. Immerhin war es wirklich ein hoher Besuch. »Gut, ich komme sofort, Paula.«
»Ja, aber nicht, bevor du dich nicht schicklich angezogen und zurechtgemacht hast. So viel Zeit muss noch sein.«
»Es ist nett von dir, dich so mütterlich um mich zu kümmern, Paula! Ohne dich würde ich mich vermutlich ständig blamieren.«
Rufina legte der Kassiererin lächelnd die Hand auf den Arm und huschte dann an ihr vorbei in ihre Wohnung. Sie brauchte nicht lange, um sich zu waschen und zu kämmen, auf das Schminken verzichtete sie und warf sich nur eine frische, lange Tunika und eine grüne Stola über, die sie mit schlichten, beinernen Fibeln schloss. Was mochte die Gemahlin des Maenius Claudus dazu gebracht haben, eine öffentliche Pachttherme aufzusuchen? Sie hatte gehört, das Haus des Statthalters besäße eine exquisite Badeanlage. Hoffentlich würde der Besuch nicht zu neuerlichem Ärger führen. Es gab wenig, was sie über Sabina Gallina wusste. Man sagte lediglich, die Dame sei zurückhaltend und ihrem Mann sehr ergeben.
Die Besucherinnen befanden sich bereits im Tepidarium. Es war eine Gruppe von sechs Frauen, von denen sich zwei an den mit lauwarmem Wasser gefüllten Becken aufhielten, drei andere saßen plaudernd in ihren dünnen Tuniken in den Sesseln, und die sechste kniete auf dem Boden und gab begeisterte, gurrende Laute von sich. Als Rufina eintrat, wandte sie lediglich kurz den Kopf, ließ aber nicht von ihrer Tätigkeit ab. Sie war eine mollige, nicht mehr ganz junge Frau mit sehr dunklen Augen und glänzendem
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